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Freitag, 12. Oktober 2012

Dienstag, 2. Oktober 2012

Ich hatte einen (Alb)Traum...

Eigentlich sollte hier heute der 5.Teil über die Erlebnisse der alten Linde in meinem Heimatort stehen. Aus aktuellem Anlass wird das jedoch zunächst auf morgen verschoben - wenn denn nichts dazwischenkommt.
Eben gerade bin ich nämlich aus einem Albtraum hochgeschreckt. Dieser spielte sich tatsächlich so ab:

Ich sitze in einem eher spärlich eingerichtetem Raum auf einem Stuhl. Direkt neben mir sitzt, ebenfalls auf einem Stuhl, ein mir bis dato im realen Leben vollkommen unbekannter Mann ungefähr meiner Altersklasse. Uns gegenüber in einem Sessel sitzt mit einem etwas verkniffenen Gesichtsausdruck - Angela Merkel! Ich kann aber nicht sagen, wo ich überhaupt bin und wie ich dort hingekommen bin. Der Traum setzte leider erst an dieser Stelle ein.
Angela Merkel mustert uns beide abwechselnd intensiv, spricht aber kein Wort. Mein Nebenmann raunt mir leise zu "Pass bloß gut auf, was Du jetzt sagst". Plötzlich geht rechts von uns beiden Stuhlsitzern die Tür auf und Rainer Brüderle betritt den Raum. Er geht strahlend und strammen Schrittes auf Angela Merkel zu, bleibt vor ihr stehen und sagt mit stolzgeschwellter Brust: "Wir und mit uns die Märkte haben auf ganzer Linie gesiegt!" Angela Merkels Gesichtszüge entspannen sich nun deutlich. Sie schweigt aber weiterhin. Ich schaue daraufhin sie und Rainer Brüderle fest an und sage zu ihnen: "Ich habe ja grundsätzlich nichts gegen Euch und Eure Märkte. Aber die Märkte und ihre Gestalter müssen, wenn es sie denn schon mal gibt, human sein und ausschließlich dem Wohl aller Menschen dienen und nicht umgekehrt." Ich vernehme nun direkt neben mir ein leises Stöhnen und aus dem rechten Augenwinkel heraus gewahre ich, wie mein Nebenmann entsetzt die Hände vor sein Gesicht schlägt. Weder Angela Merkel noch Rainer Brüderle äußern sich zu meiner Einlassung. Beide glotzen mich nur mit starrem Blick an, Merkel im sitzen und Brüderle schräg neben ihr stehend. Auf einmal fliegt die Tür auf, zwei Uniformierte stürmen herein, fesseln meine Arme mit einer etwas rostigen Eisenkette an meinen Körper, zerren mich vom Stuhl hoch und umgehend auch aus dem Raum - Ende des Traums, weil erschrocken aufgewacht.

Ich kenne mich nun mit Traumdeutung leider absolut nicht aus. Deshalb meine Fragen an Menschen, die sich mit dieser Thematik auszukennen vermeinen: Ist es "normal" oder sogar schädlich, wenn einen derartige Schreckgespenster sowie die Märkte auch noch im Schlaf verfolgen? War das jetzt eine Art Zukunftsvison hinsichtlich eines eventuellen und letztlich gescheiterten Revolutionsversuchs im Michelland? Oder war es eher eine Botschaft auf eine zukünftige staatliche Reaktion, falls vereinzelte Bürger sich der gesetzlich vorgeschriebenen Marktkonformität verweigern sollten? Oder aber steckt schlicht und ergreifend rein gar nichts dahinter und es handelt sich bei diesem Albtraum lediglich um einen kleinen Streich, den mir mein Gehirnkasten gerade eben gespielt hat?

Um erhellende und ggf. beruhigende Antwortvorschläge wird dringend gebeten...


Dienstag, 25. September 2012

Herbstgedanken 2012

Herbst - Zeit des Verblühens, des Verwelkens und des Vergehens. Sich verfärbende Blätter, die hernieder rieseln, um letztlich zu vermodern. Graue Tage mit grauen Himmeln, die graue Gedanken herauf beschwören. Mahnung der Natur, sich stets der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu sein. Der erste nächtliche Frost kündet vom sich unweigerlich nahenden Winter. Es wird kalt und kälter, Woche für Woche.

Herbst des Lebens - der Mensch verblüht und verwelkt ebenso wie die Blätter. Er ist eben doch nicht mehr als auch nur ein Blatt an seinem eigenen Lebensbaum. Und eines Tages fällt auch er von seinem Baum, um vor sich hin zu modern, bis kein Krümelchen mehr von ihm übrig ist.
Die Todesanzeigen in der Lokalzeitung mehren sich wieder deutlich sichtbar im Vergleich zu den Wochen und Monaten zuvor. Die Uhr tickt unaufhaltsam.

Herbst der Menschlichkeit - jeder gegen jeden, jeder nur für sich. Kein Miteinander, nur noch ein verbissenes Gegeneinander. Nach oben buckeln, nach unten treten. Kein Du und kein Wir mehr, nur noch ein einziges Ich, Ich, Ich. Kein Verständnis, keine Achtung, kein Mitgefühl für andere, für ihre Lebensumstände, für ihre Sorgen, Ängste und Nöte. Keine weiteren Werte mehr außer sichtbarem Besitz und so gut wie gar nicht mehr zählbarem Vermögen. Entschuldigung, Verzeihung, Vergebung? Weder wird darum gebeten noch wird sie anderen gewährt. Hass der Schwachen auf die Schwächsten schüren, sie und ihre wenigen Verteidiger verhöhnen und verspotten. Spalten, spalten und noch mal spalten. Erst mal von den Schwächsten nehmen, damit das eigene Konto noch schön weiter wachsen kann. Und wenn es bei den Schwächsten nichts mehr zu holen gibt kommen die Schwachen als nächste an die Reihe. Und danach die, die sich der "Mitte" zugehörig fühlen. Sie alle ahnen davon aber noch nichts, weil sie es einfach nicht ahnen wollen.

Herbst des Anstands, der Moral und der Ethik - friss selbst oder werde gefressen. Heuchelei, Scheinheiligkeit und Doppelmoral allerorten. Wer ganz viel hat muss noch sehr viel mehr bekommen, dann geht es am Ende allen gut. Egal, mit welch fragwürdigen Methoden auch immer Reichtum angehäuft wird - stelle dabei niemals das "Wie" infrage, sondern bewundere den Reichen einzig, allein und uneingeschränkt als den Reichen, der er im Gegensatz zu Dir Versager nun mal ist.
"Was geht mich der Hunger, das Elend anderer Leute an? Kann ich mit Anstand und Moral Geld machen? Nein! Was stört es mich demnach, wenn die Natur in 50 oder 100 Jahren irreparabel kaputt gewirtschaftet wurde? Dann lebe ich selbst doch gar nicht mehr. Das einzige was zählt ist mein stetiger Vermögenszuwachs im Hier und Jetzt. Dann müssen sich meine Nachkommen eben was einfallen lassen, wenn´s eng wird." Nach mir die Sintflut. Brot für die Welt, den Kaviar für mich.

Herbst der Demokratie - weltweit vielleicht ein paar hundert oder tausend Herren, ein paar Millionen willige Diener und Knechte und Milliarden von Sklaven. Feuchte Träume einer neuen Elite. Es reGIERt der entfesselte Markt samt seiner wenigen wahren Profiteure sowie die Utopie vom unendlichen Wachstum. Die Diktatur einer Allianz des großen Geldes allein bestimmt die Regeln für alle. Unbegrenzte Macht dieser Allianz, die sie freiwillig wohl nie mehr gedenken wird zurückzugeben. Entmachtete Regierungen und Parlamente, die ihrer eigenen Entmachtung begeistert zustimmen. Du, Bürger, lebst ab sofort in einer mit dem Begriff "marktkonforme Demokratie" getarnten Finanzwirtschaftsdiktatur. Füge  Dich dieser Tatsache klaglos, mach dabei entweder mit oder geh vor die Hunde.

Herbst 2012 - es verwelkt auch die Hoffnung...

Freitag, 21. September 2012

Gesammeltes zum Thema "Demokratie"

Am faulsten sind die Parlamente, die am stärksten besetzt sind. (Winston Churchill)

Das allgemeine Stimmrecht gab der Masse nicht das Recht zu entscheiden, sondern die Entscheidung der einen oder anderen Elite gutzuheißen. (José Ortega y Gasset)

Das allgemeine Wahlsystem in einem gleichgültigen Land läuft immer darauf hinaus, die Macht in die Hände deklassierter Schwätzer zu legen. (Hippolyte Taine)

Das Volk sollte jenen wählen, der offen zugibt, Fehler gemacht zu haben, und nicht denjenigen, der alle List darauf verwendet, begangene Fehler zu vertuschen. (Benedetto Croce)

Der Politiker, der ehemals lernen musste, wie man Königen schmeichelt, muss jetzt lernen, wie man die Phantasie der Wähler bezaubert, unterhält, bestrickt, beschwindelt, erschreckt oder sonst irgendwie verblüfft. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie ist ein Verfahren das garantiert, dass wir nicht besser regiert werden als wie wir es verdienen. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie setzt die Wahl durch die beschränkte Mehrheit an die Stelle der Ernennung durch die bestechliche Minderheit. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie ist nichts anderes als das Niederprügeln des Volkes durch das Volk für das Volk. (Oscar Wilde)

Die Demokratie ist auch in Gefahr durch schweigende Untätigkeit der Mehrheit. (Wolfgang Thierse)

Die Verantwortlichen der Diktatur sind hartherzig, die der Demokratie harthörig. (Sigmund Graff)

Ein natürlicher Nachteil der Demokratie ist, dass sie jenen die Hände bindet, die es ernst mit ihr meinen. (Václav Havel)

Hundertprozentige Demokratie: Keiner ist so unbedeutend, dass er einem anderen nicht schaden kann. (Gabriel Laub)

Man ist gewöhnlich immer desto weniger republikanisch gesinnt, je höher der Rang ist, den man in der Welt einnimmt. (Georg Christoph Lichtenberg)

Unsere Demokratie verträgt es nicht, wenn immer mehr Menschen arbeitslos werden. (Oskar Lafontaine)

Was könnten die Politiker vor der nächsten Wahl noch versprechen, wenn sie, was sie vor der letzten versprachen, hielten? (N.N.)

Wir sollten wählen, um regiert zu werden. Heute werden wir regiert, um zu wählen. (Theodor Eschenburg)

Demokratie - Herrschaft des Volkes, das den von Minderheiten bestimmten Mehrheitsentscheidungen gehorcht. (Lothar Schmidt)

Demokratie - jene Staatsform, in der man sagt, was man will, und tut, was einem gesagt wird. (Gerald Barry)

Demokratie heißt nicht: Ich bin so gut wie du. Demokratie heißt: Du bist so gut wie ich. (Theodor Parker)

Die Demokratie ist soviel wert wie diejenigen, die in ihrem Namen sprechen. (Robert Schuman)

Die Erziehung zur Demokratie ist die Erziehung zur Würde, und das setzt beides untrennbar voraus: sowohl die Bereitschaft zum Kampf als auch die Freiheit vom Haß. (N.N.)

In der Demokratie geht die Herrschaft vom Volk aus, doch häufig kehrt sie nicht mehr zu ihm zurück. (Hellmut Walters)

Unter Demokratie verstehe ich, dass sie dem Schwächsten die gleichen Chancen einräumt wie dem Stärksten. (Mahatma Gandhi)


Mittwoch, 12. September 2012

Neue Wortschöpfung: Schuldbremse

Vielleicht wäre es sinnvoll, neben einer Schulden- auch eine Schuldbremse zu konstruieren und praktisch umzusetzen. Diese Schuldbremse wird dann - den aktuellen technologischen Möglichkeiten gemäß - entweder in die Verfassung oder direkt in die Köpfe der an den die Geschicke des Landes lenkenden und entscheidenden Stellen agierenden Personen eingebaut.

In die Verfassung könnte z.B. ein "Schuldbrems-Artikel" aufgenommen werden, der in etwa so lauten könnte:

Art. ... (1) "Die politisch Veranwortlichen haben ausschließlich das Wohl und die Interessen aller Bevölkerungsgruppen zu vertreten. Das einfließen lassen von Aspekten hinsichtlich möglicher persönlicher Vorteile als auch das Inbetrachtziehen von Vorteilen für die eigene Partei sowie die Rücksichtnahme auf persönliche Verbindungen, Verflechtungen, Verpflichtungen und Befindlichkeiten während eines politischen Entscheidungsfindungsprozesses ist strikt untersagt.

Art. ... (2) Sollten einzelne oder mehrere politische Entscheidungsträger das Wohl und die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung aus den Augen verlieren, so hat letztere die demokratische Verpflichtung, bei Feststellung dieses Sachverhalts den verantwortlichen Entscheidungsträgern durch das aussenden von eindeutigen Signalen des Missfallens Einhalt zu gebieten. Hierbei schließt Art. 20 (3) auch die Möglichkeit eines politischen Generalstreiks ausdrücklich mit ein.

Art. ... (3) Die Tatsache, ob ein oder mehrere politische Entscheidungsträger bei ihrer Entscheidungsfindung das Wohl und die Interessen der Bevölkerungsmehrheit unberücksichtigt gelassen haben, wird bei ausreichendem Verdacht mittels eines - durch ein mit entsprechenden Befugnissen ausgestattetes und parteilich unabhängiges Bürgergremium zu veranlassenden - Volksentscheids  festgestellt.

Art. ... (3) Sollten politische Entscheidungsträger die nach einem diesbezüglichen Volksentscheid getätigten entsprechenden Signale aus der Bevölkerungsmehrheit ignorieren, so gehen sie automatisch ohne Amtsenthebungsverfahren ihrer gesamten politischen Ämter und Würden sowie den daraus erfolgenden Versorgungsansprüchen verlustig. In besonders schweren Fällen wie Vorsatz können die politischen Entscheidungsträger für die durch Nichtberücksichtigung von Art. ... (1) hervorgerufenen volkswirtschaftlichen Schäden durch persönliche finanzielle Beteiligung an der Wiedergutmachung dieser Schäden als auch durch die Möglichkeit einer entsprechend strafrechtlich legitimierten Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zur Verantwortung gezogen werden."



Eine andere Variante wäre evtl. noch, politischem Führungspersonal bei Amts- bzw. Funktionsantritt für die Dauer der Amtszeit eine Art Chip in das Gehirn zu implantieren, der in der Lage ist, Gedankenspiele hinsichtlich persönlich oder parteipolitisch motivierter einseitiger Interessenvertretung frühzeitig zu erkennen und der nach dem erkennen solcher Gedankenspielereien mehr oder weniger starke elektrische Impulse ausstößt, die zu einer körperlichen und geistigen Totallähmung von bis zu 3 Tagen führen. Vielleicht wäre es aber auch möglich, solch eine Mini-Schuldbremse, eingefügt in ein modisch elegantes Armband, am Handgelenk zu tragen.

Mit dem Vorschlag einer derartigen "Schuldbremse" , gleich ob die aus Variante eins oder jene aus Variante zwei, möchte ich unseren Führungspolitikern wirklich nichts Böses! Ganz im Gegenteil - sie dient einzig und allein nur dem einzigen Zweck, sie vor der Schuld an der Verelendung großer Teile nicht nur unserer hierzulandigen, sondern der gesamten europäischen Bevölkerung sowie vor den daraus entstehenden möglichen unangenehmen Folgen, auch für sie selbst, zu bewahren. Dieses Hirngespinst meinerseits ist wirklich nur gaaaanz lieb gemeint, ehrlich!


Dienstag, 11. September 2012

Warum nur ist es so verdammt schwer zu sagen:

Du bist völlig anders als ich, trotzdem achte und respektiere ich Dich als das, was Du in erster Linie bist - ein Mensch wie ich auch.

Du siehst ganz anders aus als ich, dennoch weiß ich, dass auch Du genau so ein Mensch bist wie ich.

Du glaubst an jemand anderen oder etwas anderes als ich, doch ich akzeptiere Deinen Glauben.

Du denkst komplett entgegengesetzt als ich, doch ich gestehe Dir Deine Gedankenfreiheit uneingeschränkt zu.

Du hast Fehler und Schwächen, die mich nerven, aber auch ich bin schließlich nicht ohne Fehl und Tadel.

Du hast körper- und/oder gesichtsspezifische "Auffälligkeiten", doch dafür kannst Du selbst nichts und deshalb mokiere ich mich auch nicht darüber.

Du bist nicht mehr ganz so jung und da ich weiß, dass es auch mir einmal so gehen wird, rege ich mich über Deine damit einhergehende zunehmende geistige und körperliche Langsamkeit sowie Deine "Schrullen" auch nicht weiter auf.

Du bist noch jung, aber das war ich auch einmal. Von daher hege ich Verständnis für Deinen jugendlichen Ungestüm, Deine Neigung zu etwas lautstärkerem Gebaren und Deine Lebensunerfahrenheit.

Du vertrittst eine andere Meinung als ich, die ich persönlich nicht teile, dennoch wird sie von mir zumindest respektiert.

Du kannst nicht das, was ich kann, dafür kannst Du jedoch andere Dinge, die wiederum ich nicht kann.

Du verhältst Dich völlig anders als die meisten anderen und somit auch als ich, doch ich möchte zumindest versuchen zu verstehen, wieso Du das machst.

Vieles von dem, was Du sagst und was Du tust, verstehe ich einfach nicht. Ich möchte jedoch versuchen, Deine dahinter stehende Motivation und die (Hinter-) Gründe dafür zu erkennen, um sie wenigstens teilweise nachvollziehen zu können.

Du bevorzugst eine vollkommen andere Lebensweise als ich, aber es ist Deine freie Entscheidung, so zu leben und diese Entscheidung wird von mir respektiert.

Du hast andere Neigungen und Vorlieben als ich, doch ich erkenne sie als natürlich gegeben an.

Du hast viel weniger als ich, trotzdem erkenne ich Dich als gleichberechtigt an und möchte Dich an meinem Überfluss teilhaben lassen.

Du hast viel mehr als ich, aber ich gönne Dir dieses "mehr", auch wenn ich die Art und Weise, wie Du zu diesem "mehr" gekommen bist, nicht immer gutheiße und versuche, gegen Deine speziellen Bereicherungsmethoden anzukämpfen.

Du hast weniger Glück gehabt als ich, was Deine Herkunft und Deine Zukunftschancen angeht, dennoch fühle ich mich Dir gegenüber nicht erhaben und überlegen.

Ich hatte weniger Glück mit meiner Herkunft und meinen Zukunftschancen als Du, trotzdem fühle ich mich Dir gegenüber nicht minderwertig und unterlegen.

Ich weiß, dass uns Menschen nur eine relativ begrenzte Lebenszeit gewährt ist. Versuche ich einfach, mir diese Zeit gemeinsam mit all meinen "Lebensgenossen" so harmonisch und friedlich wie nur irgend möglich zu gestalten.



Am Ende bleiben noch zwei weitere Fragen, und zwar die wichtigsten:

Wieso fällt es noch viel schwerer, das alles nicht nur zu sagen, sondern jeden Tag aufs Neue immer wieder auch praktisch (vor) zu leben?

Und wieso fällt es auch mir trotz intensiver Anstrengungen weiterhin so verdammt schwer, das zuvor geschriebene genau so zu sagen und vor allem auch tatsächlich leben zu können?

Vermutlich ist die Antwort darauf eine ganz einfache: Weil auch ich in der Hauptsache nur eines bin - ein Mensch...

Freitag, 7. September 2012

Zustandsbericht

Entgegen der gestrigen Ankündigung melde ich mich doch schon heute zu Wort, das aber nicht allzu lang.
Ähem, statt zu Wort melde ich mich jedoch heute besser zu Schrift, denn mit dem zu Wort melden ist das derzeit wortwörtlich so eine Sache für sich. Das sprechen klingt bei mir nämlich momentan irgendwie stark nach Wolfgang Fierek mit 3,8 Promille, nur mit ohne bayerischen Einschlag.

Mein momentanes weiteres Befinden lässt sich im Grunde genommen in zwei Worten zusammenfassen: Meine Fresse...
Der Eingriff selbst ist ohne Komplikationen verlaufen, außer das der von mir als solcher vermutete Anästhesist sich als Anästhesistin entpuppte. Und weil ich eh gerade komplett "abgeschossen" war, wurde bei der Gelegenheit gleich eine weitere Zyste am gegenüberliegenden Unterkieferknochen mit entfernt sowie zwei zusätzliche Zähne im Backenbereich mit rausgerupft. Sobald ich wieder eine Zahnbürste benutzen darf wird diese somit zukünftig und entgegen der alten Gewohnheit in jenem Bereich folglich ins Leere greifen. Das Wiedererwachen aus dem Tiefschlaf ging dann ratzfatz über die Bühne und erstaunlicherweise fühlte ich mich körperlich überhaupt nicht schlapp oder sonstwie körperkräftemäßig beeinträchtigt; halt nur ein klein wenig duselig im Kopf. Und das ist bis zu diesem Augenblick zum Glück beides auch so geblieben. Tja, echtes Unkraut vergeht wohl wirklich nicht...

Optisch bin ich derzeit allerdings nicht unbedingt der Bringer: 2 Kühlkissen, eins an der linken und eins an der rechten Backe, mit einem Witwe-Bolte-mäßig auf dem Kopf zusammengebunden Tuch fest an die Backen angedrückt. Ohne Witwe-Bolte-Kopfbedeckung sind im Wangen- und Backengebiet sehr schön deutliche Schwellungen zu sehen. Weiter unten ab Oberlippe abwärts ist dagegen aufgrund des gestern während des an mir heurmklempnerns wie eine Wäscheleine nach oben abgestützten und darum derzeit noch "tauben" Unterlippennervs ein stärkerer "Durchhänger" wunderbar zu erkennen. Ohne Witwe-Bolte-Kostümierung sieht mein Gesichtsbereich so ab Nasenrücken abwärts betrachtet nunmehr aus wie eine Kreuzung aus Vera Int-Veen (Wangen) und Angela Merkel (Mundbereich), nur mit Bart. Also ich jetzt, nicht eine der oder beide Damen. Aber ich denke mal, das geht bald wieder vorüber - hoffentlich!

Viel schlimmer als optische und sprachliche Problemchen treffen mich die Verhaltensempfehlungen nach dem Eingriff. Von der Kühlerei und dem Antibiotika und Schmerzmittelchen schlucken mal ganz abgesehen - da gibt es so zwei ganz andere Dinge, die mir übelst aufstoßen: So darf ich die nächsten 6 Wochen lang (!) nur Weichspeisen zu mir nehmen. Und es kommt noch schlimmer: Rauchverbot für heute sowie die 2 Folgetage! Nun schmachte ich in dieser Hinsicht ja seit  bereits nunmehr 26 Stunden bei vollem Bewusstsein - bis auf die mir irgendwie fehlenden 4 Stunden von gestern nachmittag - vor mich hin, aber so langsam aber sicher pressiert´s echt damit.  Ich werde dann gleich mal einen entsprechenden Test durchführen - nur ein kleiner Zug, nur mal so zum probieren und zum ausloten, wie es mir danach so geht. Entweder ist hinterher auch weiterhin alles im grünen Bereich oder aber es wird aufgrund dann wohl doch maßloser Überschätzung der eigenen Körperkräfte nach dem ersten Zigarillozug zappenduster....oder nach dem zweiten...oder dem dritten.

Wie auch immer, herzlichen Dank an alle für die guten Wünsche gestern! Ich bin dann jetzt mal eben vor der Tür; das könnte u.U. auch etwas länger dauern...



Zustandsbericht

Entgegen der gestrigen Ankündigung melde ich mich doch schon heute zu Wort, das aber nicht allzu lang.
Ähem, statt zu Wort melde ich mich jedoch heute besser zu Schrift, denn mit dem zu Wort melden ist das derzeit wortwörtlich so eine Sache für sich. Das sprechen klingt bei mir nämlich momentan irgendwie stark nach Wolfgang Fierek mit 3,8 Promille, nur mit ohne bayerischen Einschlag.

Mein momentanes weiteres Befinden lässt sich im Grunde genommen in zwei Worten zusammenfassen: Meine Fresse...
Der Eingriff selbst ist ohne Komplikationen verlaufen, außer das der von mir als solcher vermutete Anästhesist sich als Anästhesistin entpuppte. Und weil ich eh gerade komplett "abgeschossen" war, wurde bei der Gelegenheit gleich eine weitere Zyste am gegenüberliegenden Unterkieferknochen mit entfernt sowie zwei zusätzliche Zähne im Backenbereich mit rausgerupft. Sobald ich wieder eine Zahnbürste benutzen darf wird diese somit zukünftig und entgegen der alten Gewohnheit in jenem Bereich folglich ins Leere greifen. Das Wiedererwachen aus dem Tiefschlaf ging dann ratzfatz über die Bühne und erstaunlicherweise fühlte ich mich körperlich überhaupt nicht schlapp oder sonstwie körperkräftemäßig beeinträchtigt; halt nur ein klein wenig duselig im Kopf. Und das ist bis zu diesem Augenblick zum Glück beides auch so geblieben. Tja, echtes Unkraut vergeht wohl wirklich nicht...

Optisch bin ich derzeit allerdings nicht unbedingt der Bringer: 2 Kühlkissen, eins an der linken und eins an der rechten Backe, mit einem Witwe-Bolte-mäßig auf dem Kopf zusammengebunden Tuch fest an die Backen angedrückt. Ohne Witwe-Bolte-Kopfbedeckung sind im Wangen- und Backengebiet sehr schön deutliche Schwellungen zu sehen. Weiter unten ab Oberlippe abwärts ist dagegen aufgrund des gestern während des an mir heurmklempnerns wie eine Wäscheleine nach oben abgestützten und darum derzeit noch "tauben" Unterlippennervs ein stärkerer "Durchhänger" wunderbar zu erkennen. Ohne Witwe-Bolte-Kostümierung sieht mein Gesichtsbereich so ab Nasenrücken abwärts betrachtet nunmehr aus wie eine Kreuzung aus Vera Int-Veen (Wangen) und Angela Merkel (Mundbereich), nur mit Bart. Also ich jetzt, nicht eine der oder beide Damen. Aber ich denke mal, das geht bald wieder vorüber - hoffentlich!

Viel schlimmer als optische und sprachliche Problemchen treffen mich die Verhaltensempfehlungen nach dem Eingriff. Von der Kühlerei und dem Antibiotika und Schmerzmittelchen schlucken mal ganz abgesehen - da gibt es so zwei ganz andere Dinge, die mir übelst aufstoßen: So darf ich die nächsten 6 Wochen lang (!) nur Weichspeisen zu mir nehmen. Und es kommt noch schlimmer: Rauchverbot für heute sowie die 2 Folgetage! Nun schmachte ich in dieser Hinsicht ja seit  bereits nunmehr 26 Stunden bei vollem Bewusstsein - bis auf die mir irgendwie fehlenden 4 Stunden von gestern nachmittag - vor mich hin, aber so langsam aber sicher pressiert´s echt damit.  Ich werde dann gleich mal einen entsprechenden Test durchführen - nur ein kleiner Zug, nur mal so zum probieren und zum ausloten, wie es mir danach so geht. Entweder ist hinterher auch weiterhin alles im grünen Bereich oder aber es wird aufgrund dann wohl doch maßloser Überschätzung der eigenen Körperkräfte nach dem ersten Zigarillozug zappenduster....oder nach dem zweiten...oder dem dritten.

Wie auch immer, herzlichen Dank an alle für die guten Wünsche gestern! Ich bin dann jetzt mal eben vor der Tür; das könnte u.U. auch etwas länger dauern...



Donnerstag, 6. September 2012

Ich bin dann mal außer Betrieb

Heute ist mein "großer Tag": Um die Mittagszeit herum werden mir 3 Weisheitszähne sowie eine Zyste im Unterkieferknochen, die diesen genüsslich aushöhlt, operativ entfernt (veranschlagte OP-Dauer dafür ca. 4 Stunden). Das für mich persönlich Schlimmste daran ist allerdings, dass ich ab 6 Stunden vor meiner "Einschläferung" und während der 24 Stunden nach meinem Wiedererwachen nicht rauchen darf - wie ich das überleben soll erscheint mir momentan noch äußerst ungewiss.
Da im Vorgespräch bereits angedeutet wurde, dass ich von dieser Aktion auch nach deren erfolgreicher Beendigung noch einige Tage lang was haben werde, dürfte ich vorläufig sowohl stärkeren Denk- als auch Schreibbeeinträchtigungen unterliegen.

Deshalb werden hier an diesem Ort zumindest in den nächsten 3 oder 4 Tagen keine schriftlichen Ein- und Ausfälle meinerseits zu finden sein. Falls der Anästhesist jedoch einen schlechten Tag erwischt haben sollte würde sich diese Schweigsamkeit entsprechend verlängern, evtl. auch dauerhaft. Aber davon gehen wir einfach mal nicht aus und somit hoffe ich, dass ich am Montag wieder "blogfähig" sein werde.
Ich bitte hierfür um allgemeines Verständnis!

Vielen Dank und allen noch eine gute Restwoche!

Montag, 27. August 2012

Spruchweisheiten und Zitate zur "Armut"

Das sicherste Mittel arm zu bleiben ist, ein ehrlicher Mensch zu sein. (Napoleon Bonaparte)

Über die Armut braucht man sich nicht zu schämen.
Es gibt mehr Leute, die sich über ihren Reichtum schämen sollten. (Johann Nepomuk Nestroy)

Dem Bedürftigen zu geben heißt nicht schenken, sondern säen. (Baskisches Sprichwort)

Es ist besser, einen leeren Geldbeutel zu haben als an einer leeren Seele zu leiden. (William Pitt)

Der Arme kennt seine Verwandten besser als der Reiche. (Sprichwort unbekannter Herkunft)

Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel bedarf. (Sprichwort unbekannter Herkunft)

Der Bettler ist stolz, kein Dieb zu sein. (Japanisches Sprichwort)

Vielleicht müssen wir alle ein wenig ärmer werden, damit wir reicher werden. (Horaz)

Für Heuchelei gibt´s Geld genug. Wahrheit geht betteln. (Martin Luther)

Wen auch immer du elend sehen wirst: Wisse, dass er ein Mensch ist. (Seneca)

Mit tierischer Geschäftigkeit häuft man einen Berg von Reichtum an, das Leben aber bleibt dabei arm. (Epikur)

Der Staat sollte vorzüglich nur für die Ärmeren sorgen, die Reichen sorgen leider nur zu sehr für sich selbst. (Johann Gottfried Seume)

Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend ist. (Adam Smith)

Ich stehe Statistiken etwas skeptisch gegenüber. Denn laut Statistik haben ein Millionär und ein armer Kerl jeder eine halbe Million. (Franklin Delano Roosevelt)

Es wäre besser, an der Verhütung des Elends zu arbeiten, als die Zufluchtsplätze für die Elenden zu vermehren. (Denis Diderot)

Wenn die Reichen die Armen ihrer Rechte berauben, so wird das ein Beispiel für die Armen, die Reichen ihres Eigentums zu berauben. (Thomas Paine)

Dem Arbeiter, der kein Brot hat, ist es ganz einerlei, nach welcher Definition er verhungert. (Daniel Spitzer)

Im Kampf gegen die Armut entstehen alle großen menschlichen Leistungen. (John Knittel)

Die Armut ließe sich rasch beseitigen, wenn sich die Wohlhabenden daran bereichern könnten. (Emanuel Wertheimer)

Auf andere herabzusehen macht kleiner und ärmer. Es geschieht von einem Standpunkt, von dem keine menschliche Wärme ausgeht und an den keine gelangt. (Else Pannek)

Dieses Land ist ein armes Land. Die Menschlichkeit wurde aus Kostengründen gestrichen. (Else Pannek)

Der Armut fehlt einiges, der Habsucht alles. (Christian Friedrich Wilhelm Jacobs)

Hör auf dein Geld zu zählen. Gib den Armen und du wirst reich. (Arabisches Sprichwort)

Genügsamkeit ist natürlicher Reichtum, Luxus künstliche Armut. (Sokrates)

Wenn das Leben vollendet ist, gehen wir mit leeren Händen fort. (chinesisches Sprichwort)

Samstag, 11. August 2012

Depressionen - eine Ergänzung aus Betroffenensicht

Als Ergänzung zu den Diskussionsbeiträgen rund um den Beitrag über die Selbsttötung der Schauspielerin Silvia Seidel hier Auszüge einer privaten E-Mail, die ich von einem vor mehreren Jahren selbst an Depressionen erkrankten Menschen erhalten habe. Nach Einholung der entsprechenden Genehmigung darf ich diese Zeilen, die vor allem für bislang noch nicht allzu sehr mit dem Thema "Depressionen" vertraute Menschen und somit natürlich auch für mich sehr aufschlussreich sein dürften und die auch die eine oder andere kritische Anmerkung zu meinem Beitrag enthalten, hier veröffentlichen:

(...) Dazu möchte ich anmerken, dass ich 1995 einen Selbsttötungsversuch unternommen hatte. Wie erwähnt hatte ich Depressionen und das ist eine der schlimmsten und fiesesten Krankheiten. Sagen auch viele Experten und Betroffene und Angehörige. Wie es wirklich ist, wie es sich anfühlt und wie die Welt sich einem in der Krankheit darstellt, fällt mir auch schwer zu beschreiben. Letzte Woche gab es eine Meldung in der Fachpresse, dass festgestellt wurde, dass man, wenn die Depression weggeht, sogar objektiv messbar anders sieht. Also tatsächlich die Wahrnehmung der visuellen Informationen anders ist. Hauptsächlich geht es wohl um die bessere Wahrnehmung von Konturen, die wieder schwarz und weiß zeigen und nicht mehr verschwommenes grau. Das kann ich nur bestätigen. Als ich 2002 endlich die richtigen Medikamente bekam, die ich in geringer Dosis immer noch nehme, ging es mir Tag für Tag besser. Die Weltsicht änderte sich. Die Wiesen und Bäume waren plötzlich viel grüner, der Himmel blauer. Ich kann Dir nicht wirklich beschreiben, was das für ein Glücksgefühl bei mir auslöste. Ich habe oft vor Freude geweint. Ich hatte Freunde, sehr liebe Freunde, eine ganz liebe Familie, ich habe während der Depression das Studium durchgezogen. Dort allerdings die falschen Tabletten bekommen, die mich zwar ein bisschen stabilisierten, aber die unangenehme Nebenwirkung hatten, dass sie zu sehr dämpften. Ich habe teilweise 12-16 Stunden geschlafen. Hat mich im Nachhinein geärgert, dass mein Psychiater damals so ein feiger Typ war und Trizyklische ADs gab, weil er sich an die viel wirksameren und neueren SSRIs nicht rantraute. Erst 2002, als ich wieder unbemerkt, weil es so schleichend geht, in ein tiefes Loch gefallen war, hat mir mein Hausarzt SSRIs verschrieben. Erst danach hatte ich auch die Chance mich selber wieder weiter zu entwickeln. Gefühle wurden wieder erlebbar und ich konnte lernen damit umzugehen. Mit den alten ADs war ich relativ abgestumpft. Achja, und es war natürlich immer wichtig jemand zu haben. Ich erinnere mich, dass ich Tage hatte, wo ich den ganzen Tag in meinem Zimmer verbrachte, die Vorhänge zugezogen und mir alle möglichen schlimmen Gedanken gemacht habe. Abends ging ich dann zu meinen Eltern abend essen. Die regten mich zwar meist auf, mit ihren „Alltagsproblemen“ und ihrer „unkritischen oder positiven“ Weltsicht, aber ich war wenigstens ein bisschen abgelenkt von meinen Gedanken. Hatte zwar oft meine Gedanken mitgeteilt, aber nie das Gefühl, wirklich verstanden zu werden. Ich verstand es ja selbst nicht. Eines ist mir aber 100% klar: Ohne Antidepressiva gäbe es mich heute nicht mehr! Die zweite Tiefphase 2002 hätte ich nicht überlebt. Ich hatte schon überlegt, nach Spanien oder Russland zu fahren, damit meine Eltern es nicht noch einmal hautnah miterleben müssen. Ich war auch beim Psychotherapeuten – und da beim besten in der ganzen Region! Der hat mir zwar viel geholfen, aber so richtig möglich wurde es erst durch die richtigen Medikamente. Mit den Medis war die Verhaltenstherapie ein wahrer Segen. Ich kann nur positiv darüber berichten. Psychotherapie bei einem kompetenten Psychologen? Nicht zu schlagen. Was sich da alles verändern kann, wenn man bereit dazu ist! Irre! Geht bei den meisten psychischen Störungen auch nicht ohne...

Und aus dieser Tatsache heraus möchte ich zwei Bemerkungen machen. Erstens ist es zwar ganz lieb gemeint von Menschen, dass sie einen aufheitern wollen und es ist bestimmt nicht so, dass es schadet. ABER, so richtig toll ist es für Betroffene gar nicht. Man merkt es, dass die Menschen nett sind. Dass sie Mitleid haben. Dass sie helfen wollen. Bei mir war es so, dass mich das noch betrübter gemacht hat. Ich wollte nicht, dass sich jemand wegen mir Sorgen macht. Ich fand gar nicht, dass ich das Recht hatte zu leben, umso schrecklicher, dass ich damit auch noch andere Menschen belaste bzw. zur Last falle. Es tat mir auch leid, dass ich den Menschen nicht zeigen konnte, dass ich mich freue über ihre Anteilnahme. Es ging einfach nicht und es wurde immer belastender. Zweitens bin ich etwas traurig, dass Du das Ganze als Aufhänger für eine Gesellschaftskritik hernimmst. Der Gesellschaft mach ich z.B. gar keinen Vorwurf. Ich war krank, nicht die Gesellschaft. OK? Silvia Seidel hat, wie ich gelesen habe, zu ihrer Stammwirtin gesagt, dass die Trennung von ihrem Freund/Mann für sie jetzt den letzten Grund zum Leben genommen hat. Ihre Mutter hatte sich 1992 auch das Leben genommen. Sie fühlte sich ganz allein auf der Welt und sah keinen Grund mehr alles auf sich zu nehmen. Und die Theatertourneen und Vorabendserien waren für sie bestimmt eine ganz große Anstrengung und Qual. In der Depression ist alles anstrengend. Hat der Freund/Mann nun „Schuld“? Nein, hat er nicht. Er hat auch nur ein Leben und konnte nicht mehr mit ihr leben. Hat die Unterhaltungsbranche Schuld? Nein, es wäre ihr in jeder anderen Branche vermutlich ähnlich ergangen. Hat „die Gesellschaft“ Schuld? Auf gar keinen Fall! Es ist eine Krankheit und eine der schlimmsten, dass kann ich Dir sagen. Haben die Nachbarn Schuld? Nein, auf gar keinen Fall. Es wäre ihr bestimmt unangenehm gewesen, wenn die sich um sie gesorgt hätten. Sie hätte sie bestimmt sogar von sich gewiesen / gestossen. Jede Depression ist anders. Deshalb wage ich auch nicht zu behaupten, dass die richtigen Medikamente bei ihr auch geholfen hätten, vielleicht ja, vielleicht nein. (...)

(...) Es wäre mir ein persönliches Anliegen, dass Menschen ein bisschen mehr Einblick in diese schreckliche Krankheit bekommen. Es haben immerhin ein paar Millionen Menschen in Deutschland Depressionen. In unterschiedlichen Ausprägungen, in unterschiedlichen Stadien, in unterschiedlichem Behandlungsgrad. Gerade als Angehörige tut man sich sehr schwer. Man möchte helfen, weiß aber nicht wie. Ich weiß es auch nicht. Außer „da sein“ fällt mir nichts Konkretes ein. Auch gegen den „Widerstand“ des Betroffenen immer wieder möglichst „normal“ mit demjenigen umgehen, auch zu Aktivitäten animieren, die er/sie (eigentlich) gerne macht. Das ist eine schwierige Aufgabe, da ja das Feedback meist nicht sehr positiv ist. Aber es ist trotzdem wichtig. Insofern stimme ich Dir zu, dass man sich um andere kümmern sollte.

Allerdings möchte ich aus meiner Erfahrung heraus auch erwähnen, dass auf der ganz individuellen Ebene – alles immer aus meiner Sicht, ja? – es das beste ist, sich um sich selbst zu kümmern. Schauen, dass man selbst klar kommt, dass es einem gut geht, schauen, wo man sich selber etwas günstiger verhält, damit man weniger verletzlich ist, dass man sich selbst eine gute Behandlung gönnt. Sich selbst mögen. Dann kann man sich selbst auch annehmen. Ich mag mich auch nicht immer. Aber im Großen und Ganzen mittlerweile schon. Ich achte darauf, was mein Körper mir sagt. Dadurch kann ich die meisten Wehwechen und Krankheiten bestimmt schon präventiv abwehren. Und ich achte darauf, was mein „Bauch“ sagt. Denn wenn ich das nicht tue, kriege ich ja tatsächlich Bauchschmerzen. Ich somatisiere meine psychische Befindlichkeit über den Verdauungsapparat. Klingt komisch, ist aber so. Andere somatisieren über andere Körperorgane, ich eben über die Verdauung. Das hört sich jetzt alles egoistisch an, ist es aber nicht. Denn nur wenn ich einigermaßen mit mir im Reinen bin, kann ich mich öffnen für andere. Dann kann ich mich auch wieder verletzlich machen. (...)

Freitag, 10. August 2012

Die ehrlichste Expertenrunde aller Zeiten

Eine fiktive Fernsehsendung auf irgendeinem Kanal:
(Kurzer schlichter Vorspann mit dezenter Musikuntermalung)

Moderator: "Herzlich willkommen bei `Wir fragen - Experten antworten´ auf Hp-TV. In dieser Sendung sollen uns führende Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten Antworten auf uns alle brennend interessierende Fragen geben. Ich begrüße hierzu im Studio Dr. Dr. Krämer, Professor für Wirtschaft an der Hoch- und Tiefschule für Wirtschaft in Bad Meingarten, Dr. Gräber, Professor für Archäologie und Geschichte an der Universität Piepenbüttel, Dr. Selig, Professor für Theologie an der Universität Wolkenkuckucksheim, Prof. Dr. Blicker, Chefastronom an der Sternwarte Klein-Düdelitz sowie Prof. Dr. Grübel, freischaffender Philosoph aus und in Nuschelsdorf.
Fangen wir nun aber am besten gleich an mit der ersten Frage:
Dr. Dr. Krämer, ist der Euro und somit Europa überhaupt noch zu retten und wenn ja - wie?"

Dr. Dr. Krämer: "Das kann ich Ihnen beim besten Willen auch nicht sagen. Diese ganze Angelegenheit ist mittlerweile sowas von komplex bzw. undurchschaubar geworden, da blicken selbst wir studierte Ökonomen schon lange nicht mehr durch. Wie es derzeit aussieht scheint es jedenfalls dahingehend keinen Königsweg zu geben. Ganz egal, wie was wann gemacht wird - es nutzt wohl, wenn überhaupt, allenfalls nur relativ kurzfristig und auch das nur - im Verhältnis zur gesamteuropäischen Bevölkerungsmehrheit - einigen Wenigen. Meine Antwort auf Ihre Frage kann somit kurz zusammengefasst nur lauten: Ich weiß es nicht!"

Moderator: "Danke, Prof. Krämer. Herr Dr. Gräber, gab es in grauer Vorzeit, also noch vor den Sumerern oder alten Ägyptern, eine noch frühere und durch z.B. eine globale Katastrophe untergegangene Hochkultur, die möglicherweise über neuzeitliche Kenntnisse wie z.B. die Nutzung von Elektrizität verfügte, welche dann im Laufe der Jahrtausende wieder verloren gegangen sind?"

Dr. Gräber: Nun, diese Frage lässt sich leider nicht beantworten. Bislang jedenfalls wurden noch keine entsprechenden, diese Kenntnisse eindeutig bestätigenden Funde gemacht. Aber gänzlich ausschließen möchte ich deswegen so eine frühe, über mehr oder weniger moderne Technologiekenntnisse verfügende Hochkultur wiederum auch nicht. Wir können nun mal nicht in diese Zeiten zurückreisen und somit antworte ich Ihnen mit den Worten Dr. Krämers: Ich weiß es nicht!"

Moderator: "Dankeschön, Prof. Gräber. Dr. Selig, gibt es eine höhere Macht, man mag sie Gott, Allah, Allmächtiger, Großer Geist oder wie auch immer, nennen?"

Dr. Selig: "Nun, das ist eine Frage, die ich Ihnen so auch nicht beantworten kann. Diese Frage ist eben eine rein persönliche Glaubensfrage jedes einzelnen Menschen. Die endgültige und richtige Antwort darauf werden wir vermutlich erst nach unserem Ableben erhalten."

Moderator: "Apropos Ableben - gibt es ein Leben nach dem Tod?"

Dr. Selig: "Auch die Antwort auf diese Frage entzieht sich meinem derzeitigen Wissens- sowie Kenntnisstand. Es gibt Anzeichen dafür, dass es so etwas geben könnte - Stichwort Nahtoderfahrungen - , andererseits aber auch Anzeichen, die aus rein rationalen Denkmustern heraus betrachtet dagegen sprechen. Vielleicht geht es nach unserem biologischen Tod irgendwie irgendwo weiter mit einem nichtstofflichen Teil von uns, vielleicht gaukelt uns unser Gehirn bei diesen Nahtoderfahrungen aber auch nur etwas vor, weil wir uns ein Weiterleben in einer anderen und vermeintlich `besseren´ Welt so sehr wünschen. Ich kann mich von daher meinen beiden Vorrednern nur anschließen und sagen: Ich weiß es nicht!"

Moderator: "Vielen Dank, Herr Dr. Selig. Prof. Dr. Blicker, gibt es außer uns noch andere intelligente Lebensformen irgendwo dort draußen im wahrscheinlich unendlichen Weltall?"

Dr. Blicker: "Tja, einerseits ist die rein mathematische Wahrscheinlichkeit allein aufgrund der unzähligen Sonnen- und Planetensysteme außerhalb unserer Heimatgalaxie recht groß, dass es irgendwo noch die eine oder andere intelligente Lebensform geben könnte. Andererseits wurden bislang noch keinerlei Anzeichen entdeckt, die intelligentes Leben außerhalb des Planeten Erde zweifelsfrei bestätigen könnten. Es könnte sein, könnte aber auch nicht sein. Von daher auch von mir ein eindeutiges `Ich weiß es nicht´. Das bezieht sich übrigens auch auf die von Ihnen nicht gestellte Frage, ob die Menschheit tatsächlich so intelligent ist, wie sie es selbst vermeint zu sein.

Moderator: "Herzlichen Dank, Dr. Blicker. Nun noch zu Prof. Dr. Grübel: Herr Dr. Grübel, Gibt es einen Sinn des Lebens und wenn ja, welches wäre Ihrer Meinung nach dieser Sinn?"

Dr. Grübel: "Nun ja...ähm...also ehrlich gesagt kann ich Ihnen dazu auch nicht viel sagen. Die Suche nach dem Sinn des menschlichen Lebens dürfte wohl eine eher individuelle Angelegenheit sein. Nur muss man dabei aufpassen, dass man nicht solche Sachen wie...äh...äh... Lebenszweck und Lebensinhalt mit dem Lebenssinn gleichstellt. Aber ob es einen für alle Menschen einheitlichen Lebenssinn gibt...äh...also das entzieht sich meiner Kenntnis. Möglicherweise sind es viele kleine einzelne Bausteine, die sich im Laufe des menschlichen Lebens durch die verschiedenen Lebensphasen hindurch zum Lebensende hin...äh...äh... nach und nach zu einem kompletten Bauwerk namens Lebenssinn zusammensetzen. Um meinen...äh... geschätzten Kollegen Dr. Selig zu zitieren: Die endgültige Antwort darauf werden wir wohl erst nach Beendigung unseres irdischen Daseins erhalten - oder aber auch nicht. Folglich kann ich Ihnen auch nur auf ihre..äh...äh... zwei Fragen eine einzige Antwort geben: Ich weiß es nicht."

Moderator: "Nun noch eine allgemeine Frage an alle hier in der Runde: Wie ist es bei Ihnen mit Ihrer persönlichen Meinung, Überzeugung oder Erkenntnis? Ist diese immer mit der jeweils in Ihrem Fachbereich herrschenden und somit allein gültigen Lehrmeinung deckungsgleich oder weicht diese zumindest gelegentlich auch mal von dieser ab?"

Dr. Dr. Krämer: "Ich glaube, ich spreche im Namen aller hier anwesenden Kollegen, wenn ich sage: Natürlich haben wir in der einen oder anderen Sach- und Fachfrage auch mal eine persönliche Sichtweise, die nicht immer mit der gängigen Lehrmeinung einhergeht. Wir werden uns jedoch sowohl aus diversen beruflichen als auch aus persönlichen Gründen strengstens davor hüten, diese abweichenden Sichtweisen öffentlich kundzutun." (zustimmendes stilles Kopfnicken bei allen Experten).

Moderator: "Meine Herren, ich danke Ihnen für Ihre ehrlichen Antworten im Namen aller Zuschauer recht herzlich! Aufgrund der durch diese Ihre Ehrlichkeit bedingte Kürze Ihrer Ausführungen haben wir wertvolle Sendezeit gespart, die wir nun für die Ausstrahlung sinnvollerer Beiträge als wie z.B. Expertenrunden nutzen können. Nochmals meinen herzlichsten Dank an alle hier in der Runde und an Sie, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, für Ihr Interesse. Guten Abend."

(Noch kürzerer Abspann, wieder mit dezenter Musik unterlegt)


Samstag, 14. Juli 2012

Auszeit beendet

So, da isser wieder. Nach einer längeren Auszeit aus diversen persönlichen Gründen, Motivationen und Demotivationen heraus (gekränkelt, Phase der Resignation/Sprach- und auch Hoffnungslosigkeitlosigkeit aufgrund der uns auf der großen politischen Bühne präsentierten Vorstellungen in den vergangenen Wochen sowie Inangriffnahme von umfangreichen Veränderungen im eigenen "Mensch sein") soll es hier also wieder weitergehen. Das der letzte Beitrag vom 30.Mai datiert ist aber nur rein zufällig und steht nicht im Zusammenhang mit dem Titel des alten Gassenhauers "Am 30.Mai ist der Weltuntergang".

Ich habe mich während dieser Zeit auch nur noch sporadisch in anderen Blogs umgesehen. Irgendwie hatte ich einfach die Schnauze voll und somit keine Lust mehr, mich immer und immer wieder mit dem zunächst erst schleichenden, inzwischen aber immer vollere Fahrt aufnehmenden Tod unserer bisherigen (Schein-)Demokratie sowie der gezielten Verelendung ganzer Bevölkerungsgruppen in EU-Europa zu befassen, sei es nun aktiv als Senfdazugeber oder passiv als Leser.
Aber nun ist´s vorbei mit der Lethargie. Und außerdem weiß ja niemand, ob man unsereins bzw. unseren Blogs, die dem "Mainstreamdenken" sowie den der breiten Allgemeinheit hochherrschaftlich verordneten Verblödungsprozessen zuwiderlaufen, nicht recht bald schon den Saft abdreht.
Ich werde mich jedoch in Sachen Politik/Wirtschaft hier etwas stärker zurücknehmen. Zum einen regt mich die Beschäftigung damit, so wie es derzeit dort "oben" läuft, zu sehr auf, zum anderen befassen sich ja zahlreiche andere Blogs (siehe Blogroll rechts) tagtäglich bereits mehr als ausführlich damit und das sowieso mit viel mehr Sach- und Fachverstand als wie jener, über welchen meinereiner verfügt. Ich kann als "kleiner Leut" eben tatsächlich alles, was "oben" geschieht nur von "unten" betrachten und verfahre deshalb zukünftig gemäß des alten Spruchs vom Schuster, der besser bei seinen Leisten bleibt. Ich werde in besagten anderen Blogs dann aber trotzdem hin und wieder an der einen oder anderen Stelle im Kommentarbereich eine Hinterlassenschaft zur Schau stellen, so es mir denn zu einem Beitrag dort in den Sinn kommen sollte.

Hier möchte ich mich ab jetzt verstärkt Themen wie "Gesamtgesellschaftliches/menschliches Miteinander" und den Merkwürdigkeiten und Kuriosiäten des bundesrepublikanischen Alltagslebens sowie den "Macken" meiner ganz "normalen Michel"-Mitmenschen zuwenden. Ich hoffe, dass sich trotzdem auch weiterhin der/die eine oder andere Interessierte - aber auch Uninteressierte - nach hierhin verlaufen und sich meine Ein- und Ausfälle antun wird.

Ab Montag geht´s dann also wieder richtig los. Bis dahin allen ein hoffentlich schönes, erholsames Wochenende und bis Montag in mehr oder weniger alter Frische!


Mittwoch, 30. Mai 2012

Fünf alte Weisheiten - auch heute aktuell

"Behalte in allen Dingen nur Eines im Auge. Es ist das Zweite, das dich ablenken wird." (Kabir, indischer Sufi-Mystiker; *1440 +1518)

"Wenn nicht ihr, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?" (Hillel, pharisäischer Rabbiner; *um 30 v.Chr. +um 9 n.Chr.)

"Der Mensch, der wirklich etwas tun will, findet einen Weg. Der andere findet eine Ausrede." (Arabisches Sprichwort)

"Urteile nicht über deinen Nächsten, solange du nicht zwei Monde lang in seinen Mokassins gelaufen bist." (Indianisches Sprichwort)

"Niemand beging einen größeren Fehler als jener, der nichts tat, weil er nur wenig tun konnte." (Edmund Burke, irischer Philosoph; *1729 *1797)


Montag, 21. Mai 2012

Sechs Lieder aus Österreich, auch und gerade für Deutsche empfehlenswert

Hier sechs Lieder der österreichischen Band "S.T.S." (http://de.wikipedia.org/wiki/S.T.S.), die mir persönlich sehr zusagen. Der jeweils zugehörige Text steht unter dem entsprechenden Videolink. Auf eine Übersetzung dieser Texte ins Hochdeutsche kann aber bestimmt verzichtet werden, da sie meines Erachtens auch so noch gut verständlich zu lesen sind. Und wir wissen ja - die "Waffen", die die Mächtigen schon immer am meisten gefürchtet haben, sind die Musik und der Humor.

I denk, wenn i denk

I denk, wenn i denk, dass net alles so rennt
Wie i mir das oft sehr gut vorstellen könnt

I denk, wenn i denk, dass es net so schlecht rennt
Es geht mir sehr gut, wenn i net daran denk
An alle meine Kindertag
An Fragen, die i heut noch hab
An Sorgen, die jetzt größer sind
An Leut, die nach dem Wind sich dreh'n

I glaub, wenn i's glaub, dass i heut weiter bin
I spür aber dann, i steck' nur weiter drin
In alle meine Kindertag
In Fragen, die i heut noch hab
In Sorgen, die jetzt größer sind
Nur fühl i mich net mehr allan



Sie wissen all´s besser

Denk Dir was d'denkst, tua nur was d'magst
Nimm Dir viel vor a wenns d'net all's derpackst
Heb dein' Orsch, sei net faul, hab nur kan Respekt
Mit wache Knia hat no kana die Welt neu entdeckt

Sperr auf Deine Augen, sperr auf Deine Ohren
Und wenns d'was zum sagen hast, dann stell Di nach vorn
Schau, es gibt eh schon Leut g'nua, es werd'n immer mehr
Die woll'n nix dazutuan, drum tuan s'a nix mehr

Ja, sie wissen all's besser und tuan als wie wer
Und wenns d'a paar Fragen hast, leg'n sie si quer
Ja, sie hab'n no kan Fehler g'macht, na den geb'n s'net zua
Ja, sie wissen all's besser als Du

Und bist dann allan, ja dann lass Dir net g'fall'n
Wenn so a Wichser Dir zuaschaut beim Zahl'n
Und Di auslacht, obwohl Dir zum rearn is vor Hass
Die Welt is a Narr'nhaus, die Welt is so groß

Ja, sie wissen all's besser...

Denk dir was d'denkst...

Ja, sie wissen all's besser...



Kalt und kälter

Du sagst, es is vorbei mit uns, dei' Liebe is net mehr so groß
I sag, das hab i kommen seh'n es tut ma leid, i wünsch dir was
Vor fünf Jahr wär i tausend Tode bei so einer Erklärung g'storb'n
Und heut bedeutet das net mehr als hätt i in der Lotterie verlor'n

Wenn i heut vor an Auftritt steh, und tausend Menschen sind im Saal
Dann schwitzen meine Händ net mehr, und meine Nerven sind aus Stahl
Ka Zittern und ka Beben mehr, ka Angst und ka Entschweben mehr
Und irgendwie komm i damit net klar, es is net mehr wie's früher war

Und i wer' kalt und immer kälter
I wer' abgebrüht und älter
Aber das will i net, und das muss i jetzt klär'n
I möcht lachen, tanzen, singen und rear'n
Angst und Schmerzen soll'n mi wieder würg'n
Und die Liebe möcht i bis in die Zehenspitzen spür'n

Im Fernsehen sag'n Politiker, wie schwer es is uns zu regier'n
Dann siehst, wie in Äthiopien die Kinder wie die Flieg'n krepiern
I spür zwar n ganz leisen Schock, doch mit'n Pivo in der Hand
Denk i: Was soll i ändern an die Probleme von an so fremden Land

Und i wer' kalt...

Der Chef vom Kreml raucht a Camel und trinkt dazu a Coca Cola
Der Cowboy in Amerika liebt Krimsekt und frisst Kaviar
Doch wir wissen, wenn die zwei sich streiten, druckt einer auf den Knopf
Und die Bomb'n fallt mit Sicherheit uns ohne Warnung auf den Kopf

Und i wer' kalt...


`S hat alles auf der Welt sein Preis


Bist arm oder bist vorn im Leben
Nimmst gern oder bist mehr am geben
Bleib stur oder fall um
'S hat alles auf der Welt sein' Preis

Fahr an's Mittelmeer und leg di in die Sunn
Oder bleib und mach da dei Million
Hast a Freispiel oder bist am Verlier'n
'S hat alles auf der Welt sein' Preis

Wie hoch der Preis is, da kann ma si irr'n
Zu hoch das kann mit Sicherheit passier'n
Dann steh'n ma herum, ohne Plan und schau'n dumm

Links, rechts, oder in der Mitt'n weiter
Verwend dein Kopf oder wer' sonstwie g'scheiter
Bist a Django oder geht dir der Reis
'S hat alles auf der Welt sein' Preis

Wie hoch der Preis is...

Bleibst allan oder bist eh zu zweit
Willst es besser machen als die ander'n Leut
Lass di fangen oder bleib frei
'S hat alles auf der Welt sein' Preis

Wie hoch der Preis is...


I lass mir die Kraft net zerbrechen


http://www.myvideo.de/watch/5484700/Gert_Steinbaecker_I_lass_mir_die_Kraft_net_zerbrechn


Jedes Mal, wenn i irgendwas neues probier’
Wissen die Raunzer sofort, dass draus sicher nix wird
Und sie mal’n schwarz und meckern, das is kein Vergnüg’n
Als ob die eigenen Zweifel net eh schon genüg’n
Oh, i lass’ mir die Kraft net zerbrechen
I lass’ mir mein’ Will’n net zerstör’n
I geh zu auf ein Ziel, auf die Art, wie i will
Und i darf dabei kaum auf wen hör’n

Man kann net immer nur zögern, das kost’ zuviel Kraft
Man muss einfach was tun, ganz egal ob man’s schafft
Wenn man lang genug d’raufbleibt hat das immer an Sinn
Wenn man ernsthaft dran arbeit’, führt das immer wohin
Oh, i lass’ mir die Kraft net zerbrechen
Geg’n den Strom schwimmen muss man probier’n
Dass dann humorlose Leut’, die sich ihr Leb’n meist ersitzen
Fest an dir rütteln, muss man einfach riskier’n

I lass’ mir die Kraft net zerbrechen
I lass’ mi zu nix überred’n
I lass’ mi von niemand bestechen nur so kann i leb’n

I halt’s net aus, wenn all’s immer abg’sichert is
Das is eine halbweiche Gschicht, da krieg’ i niemals an Biss
Weil i will was erleb’n, net dahinvegetier’n
I will für innen was g’winnen, net nach außen brillier’n
Oh, i lass’ mir die Kraft net zerbrechen
I will einfach für all’s offen bleib’n
I weiß natürlich a dann, dass i einfahren kann
Nur i lass mi net von tausend Ängsten zerreib’n

I lass’ mir die Kraft ... ...

Was dann später mal sein wird, i bestreit das ja net
Da kannst mi erwischen, wenn’s mir net so gut geht
Und wie’s weiter geht, kann i a immer nur klär’n
Von einem Jahr zum ander’n, was mi a net mehr stört
Oh, i lass’ mir die Kraft net zerbrechen
Das Programm für mein Leb’n schreib nur i
I tu manchmal wem weh, a Leut’n auf die i steh
Weil i sag’, was i denk’, und ändern wird sich das nie

I lass’ mir die Kraft ...




Und hier noch ein Text zu einem Lied von S.T.S., zu dem es leider kein Video gibt:

Zigeuner


Der Sternenhimmel wär mein Zelt
Mei' Heimat wär die ganze Welt
Rassig-braune Frauen in knallig-bunte Röck
Niemals lang am selben Fleck

Am weissen Strand tät i Flamenco spiel'n
Oder mit an Tanzbär'n durch die Lande zieh'n
Jede Nacht am Lagerfeuer
Jeder Tag ein Abenteuer

A Zigeuner möcht i sein
A Zigeuner sein, das wär fein

Geheimnisvolle weise alte Frauen
Täten pfeifenrauchend in mei' Zukunft schau'n
Mei Braut, die mit die großen Ohrring'
Die wär eines Kesselflickers Kind
Und sie tanzert' wild, ganz wild im Pusztawind

A Zigeuner möcht i sein
A Zigeuner sein, das wär fein

Wenn i a Zigeuner wär, wär mei' Welt riesengroß
I tät mit an' Wohnwag'n fahr'n oder mit die Ross
Wenn i a Zigeuner wär, wär i alle Sorgen los

Und mei' Zigeunerfreiheit wär grenzenlos
In Oberwart tät i im Ghetto leb'n
Gleich hinter'm Sturzplatz, das wär wirklich schön
Im Wirtshaus hörert' i: "Schleich di!
Zigeuner kommen da net eina!"
Es heisst, Zigeuner lüg'n und stehl'n
Sind arbeitsscheu, dafür mit'n Messer schnell
Meine Eltern wär'n vergast word'n im KZ
A Zigeuner sein wär wirklich nett

A Zigeuner möcht i sein...

Wenn i a Zigeuner wär...




Donnerstag, 12. April 2012

Menschenautos

Wir Menschen von heute sind Autos. Auto-Menschen sind wir sowieso schon seit Jahrzehnten, aber wir haben auch sonst vieles mit Autos gemein.
Auch wir waren ganz am Anfang unseres Lebens irgendwann einmal eine Neuanschaffung. Wir wurden angemeldet und von unseren ersten "Fahrzeughaltern", -"führern" und -"lenkern" während der ersten Zeit danach in der Regel sorgsam gehegt und gepflegt.

Auch bei uns gibt es unterschiedliche Typen, Modelle und Ausführungen. Viele von uns sind nur Kleinwagen, die Mehrheit ist der Mittelklasse zuzuordnen bzw. lässt sich dieser gern zuordnen und vergleichsweise wenige brausen als Nobelkarossen an uns vorbei. Im Laufe der Zeit wechseln unsere Halter und Lenker und wir werden zum Gebrauchtwagen. Man meldet uns ab, um und wieder an. Und auch wir werden gern immer wieder getuned, frisiert und designed.
Die meisten von uns sollen nun mal eine möglichst hohe Motorleistung aufbringen, dabei dennoch sparsam im Verbrauch sein und auch sonst komplett den Wünschen und Vorstellungen ihrer Halter und Lenker gemäß aussehen und funktionieren.

Ein paar von uns sind dauerhaft auf der Überholspur unterwegs, die meisten tuckern stets auf der Kriechspur vor sich hin und der eine oder andere steht auch immer wieder mal für längere Zeit auf dem Standstreifen. Und wenn wir nicht benötigt werden, dann stellt man uns halt erst mal zeitweilig auf einem Parkplatz oder in der Garage ab.
Je nach weiterem Umgang mit uns bekommen wir auch den einen oder anderen Kratzer im Lack ab und erhalten auch mal die eine oder andere mehr oder weniger starke Delle oder Beule. Gelegentlich kommt es bei den Unfällen des Lebens auch hin und wieder zu Totalschäden, vor allem wenn unsere jeweiligen Lenker als Geisterfahrer unterwegs waren. Zudem rasen gelegentlich einige von uns aufgrund technischer Defekte oder wegen Fehlverhaltens des Fahrzeugführers frontal gegen einen Baum. Das dann nicht selten gegen den einzigen, der im Umkreis von 2km in der Landschaft rumsteht.

Wir holpern auf den Lebensstraßen durch so manches Schlagloch. Im Laufe der Zeit zeigen sich bei uns an etlichen Teilen und Stellen Rostspuren, Abnutzungs- sowie Verschleißerscheinungen und auch wir bedürfen zunehmend regelmäßiger Wartung und Inspektion. Irgendwann sind dann auch wir trotz allem einmal ein Oldtimer. Wenn wir Glück haben gehen unsere Halter und Lenker trotzdem sorgsam mit uns um, in den meisten Fällen jedoch werden wir dann abgestoßen. Man schlachtet uns nun aus, um die letzten noch brauchbaren Teile zu verwenden. Danach rostet der nicht weiter verwertbare und somit in den Augen der meisten anderen Menschen wertlose Rest von uns irgendwo im Stillen vor sich hin, bis wir wirklich nur noch ein toter Haufen Schrott sind.

Eines Tages werden wir schlussendlich auf einen "Autofriedhof" überführt oder in eine Schrottpresse gepackt, wir werden nun endgültig abgemeldet und das, was noch von uns übrig geblieben ist, zerfällt mit den Jahren endgültig bis auf den kleinsten Krümel. Auch von uns bleibt nichts sicht- und greifbares außer vielleicht einigen Fotos zurück und es ist so, als ob wir eigentlich niemals dagewesen sind. Möglicherweise erinnert sich der eine oder andere unserer Halter und Lenker gelegentlich mal an uns zurück, aber meistens sind wir dann doch schnell vergessen. Wir waren eben nichts weiter als ein Gebrauchsgegenstand.
Wir Menschen von heute, wir sind nun mal nur Autos...

Freitag, 30. März 2012

Namenstricksereien

Vor einigen Wochen konnte man darüber lesen, dass nicht wenige Lehrkräfte in unseren Schulen die Leistungen der ihnen anvertrauten Schüler auch nach deren Vornamen beurteilen. Aus diesen Namen wird von besagten Lehrkräften also umgehend auf die Herkunft bzw. das soziale "Milieu" geschlossen, aus dem die Schüler ihrer Meinung nach kommen. Ein Kevin oder eine Jacqueline (in manchen Regionen in den neuen Bundesländern  gern auch mal entweder als "Tschacklien" oder als "Schackeliene" ausgesprochen) erhalten also von diesen Lehrerinnen und Lehrern bei gleichen oder gar besseren schulischen Leistungen wie die eines Jakob oder einer Theresa dennoch schlechtere Noten. Nun wissen wir ja, dass selbst gefasste oder auch von anderen eingepflanzte Vorurteile, wenn sie erst mal in den Köpfen der Menschen angekommen sind und sich dort festgesetzt haben, nur sehr schwer aus selbigen herauszubekommen sind - was nun mal leider auch für Lehrkräfte gilt.

Ich habe mir nun also überlegt, wie werdende Eltern ihren zukünftigen Sprösslingen derartige Ungleichbehandlungen ersparen könnten. Mein Vorschlag: Wählt, um solch vorurteilsbehaftete Lehrkräfte zu irritieren, als Vornamen doch einfach Doppelvornamen und hierbei eine Kombination aus vermeintlichen "Unterschichten-" und "Bildungsbürgervornamen". Es gilt das Garfield´sche Motto: "Wenn du sie nicht besiegen kannst verwirre sie"!

Hier nun ein paar entsprechende Vorschläge:

Kevin-Leopold
Anna-Jacqueline
Marvin-Maximilian
Sophie-Doreen
Dustin-Elias
Nele-Marie
Tim-Tom
Chantal-Johanna
Justin-Alexander
Emily-Luisa
usw.

Man könnte, vor allem bei Jungen, evtl. auch eine Kombination aus "modernen" und früher gebräuchlichen Vornamen wählen, z.B.:

Sören-Herbert
Sven-Dieter
Lars-Rüdiger
David-Jürgen
Ernst-Jonas
Rolf-Niklas
Leon-Joachim
Heinz-Felix
Yannick-Helmut
Horst-Dominik
usw.

Ach ja, der Sohn eines Cousins von mir, der sich als Führungskraft bei einer Privatbank verdingt, heißt übrigens - Kevin...

In diesem Sinne ein schönes Wochenende.

Mittwoch, 28. März 2012

Mein Vater - ein deutscher Lebens(ver)lauf

Heute hat mein Vater Geburtstag - 85 wird er nunmehr, der "alte Zausel". Irgendwie ist es aber schon erstaunlich, dass er überhaupt so alt wurde. Das verdeutlicht am besten ein Blick in seine Biographie. Man könnte durchaus sagen, es ist ein "typisch deutscher" Lebenslauf für einen Angehörigen seiner Generation.

Geboren wurde mein Vater am 28.März 1927 in einer kleinen Bergstadt im Oberharz, mitten hinein in eine Familie, deren männliche Angehörige überwiegend Waldarbeiter (oder auch, wie man damals hier sagte, "Holzhauer") waren. Der leibliche Vater war Mitglied der KPD und hat sich 1933 aus Angst vor einer Verhaftung auf dem Dachboden erhängt. Seine Mutter heiratete daraufhin dessen Bruder, also ihren Schwager. Deren Schwester wiederum hat übrigens etwas später den dritten Bruder geheiratet. Es blieb somit sozusagen alles in der Familie. In so kleinen und von der "großen Welt" abgelegenen Ortschaften war derartiges nun mal seinerzeit nicht unbedingt unüblich.

Im Laufe der Jahre bekam mein Vater immer wieder neue Geschwister hinzu, bis sie am Ende deren 8 waren. Da der Stiefvater jedoch lungenkrank war konnte er nicht für ein ausreichendes Familieneinkommen sorgen. Als Ältester hatte mein Vater nunmehr die A...karte gezogen und musste schon früh mit ranklotzen, um durch diverse Tätigkeiten zusätzlich Geld in die Familienkasse zu spülen. Schule war somit eher Nebensache - wichtig war, dass die immer mehr werden hungrigen Mäuler gestopft werden konnten. Deswegen war er auch vom Dienst im "Jungvolk" freigestellt worden.
Zudem hatte mein Vater einen recht ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und fühlte sich durch die Lehrerschaft stets benachteiligt. Aufgrund seiner entsprechenden Aufsässigkeit den Lehrkräften gegenüber hat ihm sein Großvater dann ein Ziegenfell in den Hosenboden eingenäht. So konnte er die körperlichen Züchtigungen, die sein Verhalten den Lehrern gegenüber regelmäßig nach sich zog, recht gut wegstecken. Und als er am Schulentlassungstag bei der Vergabe der Abschlusszeugnisse sein Zeugnis vor den Augen der versammelten Schüler- und Elternschaft umgehend in den am Schulhof vorbeifließenden Bach geworfen hat ist seine Mutter prompt in Ohnmacht gefallen.
Mein Vater (vorn rechts auf der Bank links neben dem Mädchen mit der weißen Schleife im Haarca. 1933/34 vor der Schule


1941 begann mein Vater seine Lehre, natürlich auch als "Holzhauer". Da dies eine "kriegswichtige" Tätigkeit war, war er auch vom Dienst in der HJ befreit. Allerdings musste er hin und wieder in einem Nachbarort an einem "Wehrertüchtigungslager" teilnehmen.
Bei seiner Arbeit kam er nun mit russischen Kriegsgefangenen in Berührung, die zur Zwangsarbeit im Wald abgestellt waren. Seiner Aussage nach hatte er jedoch ein hervorragendes, fast freundschaftliches Verhältnis zu ihnen gepflegt. Im Sommer 1944 wurde er dann mit 17 einhalb Jahren zur Wehrmacht einberufen. Nach einer 6-wöchigen Grundausbildung wurde er in eine Flakeinheit zbV (zur besonderen Verwendung) versetzt. Über diese Zeit hat mein Vater nur wenig gesprochen. Er hatte jedoch viele Jahre lang Alpträume, aus denen er nachts schweißgebadet aufwachte, da er darin erneut die damals empfundenen Todesängste durchlebte. Im April 1945 geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Als er nach der Gefangennahme sein Essgeschirr auspackte wurde er von einem amerikanischen Soldaten durch einen Schlag mit dem Gewehrkolben erheblich am Kopf verletzt. Nach seiner Genesung  kam er in zwei der berühmt-berüchtigten Rheinwiesenlager (zunächst Bad Kreuznach, danach Rheinberg) http://de.wikipedia.org/wiki/Rheinwiesenlager. Hier hat er, um nicht zu verhungern, im wahrsten Sinne des Wortes Gras gefressen. Da er aus starkem Durst heraus auch Wasser aus den Pfützen getrunken hat erkrankte er wie so viele andere Lagerinsassen auch an der Ruhr. Aber auch das hat er überstanden und wurde im Sommer 1945 nach Hause entlassen.

Nach seiner Heimkehr begann mein Vater umgehend wieder im Wald zu arbeiten. Immerhin war ja während seiner Abwesenheit zuhause weiterer Nachwuchs eingetroffen. Die Arbeit im Wald war zu jener Zeit kein Zuckerschlecken. Es gab in jener Zeit noch keine Motorsägen und um an den jeweiligen Arbeitsplatz im Forstrevier zu gelangen musste zu Fuß und mit Rucksack sowie Äxten und Sägen beladen nicht selten eine Strecke von 8 bis 10km zurückgelegt werden (abends natürlich dann auch wieder zurück). "Schlechtwetter" war damals ebenfalls noch ein Fremdwort und so musste auch im Tiefschnee oder bei Sturm gearbeitet werden. So kam es, dass mein Vater während eines Sturms unter eine umstürzende Fichte geraten ist und sich dabei einen Schädelbruch zugezogen hat. Trotz seiner 1,68m und eigentlich eher schmächtigeren Gestalt war er aber ein zäher Bursche und hat auch das weggesteckt.
Oberharzer Waldarbeiter 1932


Als Jungeselle hat mein Vater ganz gern mal "einen gemocht". Da er im alkoholisierten Zustand jedoch recht schnell "hochging" konnte es dann auch schon mal zur einen oder anderen handgreiflichen Auseinandersetzung kommen. Nach seiner Hochzeit 1952 wurde er allerdings schnell "ruhiger". Das Kennenlernen seiner zukünftigen Frau war allerdings von einem Arbeitskollegen arrangiert worden. Es war also eher eine durch Kuppelei zustande gekommene Ehe und keine reine "Liebesheirat". Auf mich wirkte diese Ehe jedenfalls immer mehr wie eine Art Zweckgemeinschaft.

Mein Vater machte seinen Haumeister (heute Forstwirtschaftsmeister betitelt) und trat der Gewerkschaft bei. Am 1.Mai nahm er stets an den damals an diesem Tag durchgeführten Umzügen im Ort teil und natürlich wurde von ihm als Angehörigen der Arbeiterklasse nur die SPD gewählt. Für ihn wie so viele andere auch war die SPD nun mal die Arbeiterpartei und somit nichts anderes wählbar. Es "gehörte" sich seiner Auffassung nach halt einfach, als Arbeiter die SPD zu wählen.  Trotzdem sagte er als überzeugter SPD-Wähler oft: "Beim Adolf war nicht alles schlecht. Bis 1933 wussten wir zuhause doch gar nicht, was Butter ist. Und als der Adolf dran kam, da war für uns über Nacht auf einmal vieles besser geworden. Der hat sich vor allem um die kleinen Leute gekümmert".
Hier ist mein Vater also durchaus ein typischer Vertreter seiner Generation: "Das mit den Juden und das mit dem Krieg, vor allem gegen Russland, war so nicht ganz in Ordnung. Aber sonst war es eigentlich ganz gut damals".

Irgendwann machte dann sein Rücken die jahrzehntelange Waldarbeit nicht mehr mit und nach einer Kur wurde ihm dringend ein anderes berufliches Tätigkeitsgebiet anempfohlen. 1971 wechselte er zu den Harzwasserwerken und war bis zu seinem Ruhestand 1987 an einer Harzer Talsperre als Talsperrenfacharbeiter beschäftigt.

Der Rausch des sog. "Wirtschaftswunders" ist an meinem Vater und meiner Mutter ebenfalls nicht spurlos vorbeigegangen. 1962 wurde mit dem Bau eines eigenen Hauses begonnen. Hier wurde viel in Eigenarbeit geleistet. Da jedoch  für den Bau ein Kredit aufgenommen werden musste hat sich mein Vater, um die fälligen monatlichen Raten abzahlen zu können, nebenbei als Totengräber verdingt. Morgens um 3 Uhr, bevor er zur Waldarbeit ging, hat er dann Sommer wie Winter auf dem Friedhof die Gräber ausgehoben. Und nach der eigentlichen Arbeit wurde bis spätabends dann noch am Bau gewerkelt. Urlaubsreisen lagen sowohl aus finanziellen als auch aus Zeitgründen demzufolge natürlich nicht drin. Aber 1966 hat mein Vater noch seinen PKW-Führerschein gemacht und es wurde sich selbstverständlich ein VW-Käfer (gebraucht) als Familienkutsche zugelegt.
Unser erster VW-Käfer 1966


Die große Leidenschaft meines Vaters war der Fußball. Er hat selbst gespielt und sogar noch bis zum 65. Lebensjahr weiterhin wöchentlich am Training der "Alten Herren" aktiv teilgenommen. Und natürlich hätte er bis vor 5 oder 6 Jahren, wenn man ihn nachts um 2 Uhr geweckt hätte, aus dem Stand heraus die Endspielaufstellung der deutschen Mannschaft von 1954 aus dem Eff-Eff herunterbeten können. Die "Helden von Bern" waren nun mal auch seine Helden. Aber auch damit ist er in seiner Generation ja nicht allein.

Seinen Ruhestand hat mein Vater natürlich mit ständigem Rumwerkeln an Haus und Grundstück verlebt. Es musste eben alles in Ordnung sein. Und auch das Holz hat ihn nicht losgelassen. Selbst als im Rest des Hauses bereits eine Heizung installiert war hat er in seinem Werkraum im Keller für den Winter weiterhin einen großen Holz- und Kohleofen stehen gehabt. Für diesen musste natürlich stets genügend "Futter" vorhanden sein und so zog er auch jetzt noch so manches Mal in den Wald, um an einer ihm vom Förster zugewiesenen Stelle Holz "aufzumachen".
Im Fernsehen waren logischerweise Fußballübertragungen, aber auch Volksmusiksendungen (großer Fan von Ernst Mosch und seinen Egerländern und von Slavko Avsenik und den Oberkrainern!) und Western das Größte für ihn. Für seinen Geschmack hätte es keine anderen Sendungen gebraucht.

Am 6.Februar 2003 traf meinen Vater wirklich wie ein Blitz aus heiterem Himmel ein Schlaganfall. Glücklicherweise war es aber nur ein leichter und da er umgehend in ein Krankenhaus eingeliefert wurde blieb außer einem leichten nachziehen des rechten Beins nichts weiter davon zurück. Ab 2004 begann bei meiner Mutter jedoch eine Demenzerkrankung ihre erste Wirkung zu zeigen. Die Erkrankung schritt in der Folge recht zügig voran. Mein Vater kam damit aber nicht klar. Er wollte oder konnte das trotz eingehender ärztlicher Aufklärung einfach nicht akzeptieren. Mal sagte er "Nun ist sie wohl verrückt geworden" oder aber "Deine Mutter spielt uns doch nur was vor, um uns zu schikanieren". Im Laufe der Zeit baute er jetzt körperlich zunehmend ab, sodass ich neben meiner Mutter auch zusätzlich meinen Vater immer mehr mit "bemuttern" musste, und nach dem Tod meiner Mutter im Januar 2008 ging bei ihm bewegungstechnisch gesehen fast gar nichts mehr. Und auch sein Interesse am Fußball und seinen TV-Lieblingssendungen ließ damit einhergehend immer stärker nach.
Kurz nach der Beisetzung meiner Mutter musste ihm auch noch ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Nachdem er im darauffolgenden April mit reichlich Wasser im Körper ins Krankenhaus kam stürzte er nach einem eigenmächtigen Versuch, auf einen Toilettenstuhl zu gelangen und brach sich zwei Lendenwirbel. Da eine Operation jedoch aufgrund seines allgemeinen Zustandes nicht möglich war wurde er, als sich das Wasser aufgrund einer entsprechenden Behandlung wieder verflüchtigt hatte, auf ärztliches anraten hin direkt vom Krankenhaus in ein Alten- und Pflegeheim verlegt. Im August desselben Jahres bildete sich das Wasser erneut. Diesmal war es bereits so dicht am Herzen angelangt, dass die Ärzte nur noch wenig Hoffnung hatten. Trotzdem bildete es sich auch jetzt im letzten Augenblick wieder zurück - tja, er war halt schon immer ein zäher Bursche und was er nicht wollte das wollte er eben nicht.

Am heutigen Tag sitzt mein Vater, mittlerweile im Rollstuhl, bis auf ein paar Tage fast genau 4 Jahre lang in besagtem Heim. Anfangs war er zwar etwas widerborstig zu den Pflegekräften - siehe etwas weiter oben: "was er nicht wollte"... - , aber seit drei Jahren hat er sich dort recht gut eingelebt. Die Versorgung und Betreuung im Heim ist sehr gut und inzwischen ist er recht "pflegeleicht" geworden. Geistig hat er inzwischen aber ebenfalls recht stark abgebaut. Aber das ist halt in seinem Alter und unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände "normal". Bei Besuchen ist er sehr mitteilungsfreudig und erzählt gern und viel von früher. Schwänke und Anekdoten aus seiner Kindheit und Jugend z.B. oder Episoden aus seiner Waldarbeiterzeit. Darüber weiß er halt noch alles bis ins kleinste Detail. Nur mit dem Heute hat er so seine Probleme. Er erzählt dann beispielsweise, dass er am Morgen schon um 5 Uhr mit einem seiner Brüder im Wald gewesen sei und Holz "gemacht" habe. Ein andermal ist er Chefdolmetscher bei einem russischen Generalfeldmarschall. Das nächste Mal ist er mit einer 30 Jahre jüngeren Frau liiert und bei einem weiteren Besuch ist er ein großer Sangeskünstler, der "schon ganz viele Schallplatten verkauft hat". Und natürlich hat er auch einen hervorragenden Manager, der ihm viele Auftritte besorgt. Ich gebe zu, das ist manchmal schon unfreiwillig komisch und man muss sich schon gelegentlich ein lautes Auflachen verkneifen. Aber er ist glücklich damit und dann soll er auch ruhig weiter "spinnen".

Tja, mein "alter Herr", du hast nun einen langen und beschwerlichen Weg zurückgelegt - einen für Deine Generation typisch deutschen Lebens-Lauf sozusagen. Wie lang oder auch kurz dein Weg noch sein wird vermag nun mal niemand zu sagen. Es kann von heute auf morgen vorbei sein, aber du kannst auch durchaus noch das eine oder andere Jahr "dranhängen". Diese Jahre, so sie Dir denn gegeben sein sollten, seien dir von ganzem Herzen gegönnt.

Vielen Dank für alles und bis heute nachmittag dann...

Samstag, 11. Februar 2012

Hach, was wir heute alles wissen - wir wissen bloß nichts genaues...

Wir modernen und ach so aufgeklärten Menschen meinen gemeinhin, dass wir als Zeitgenossen des 21.Jhds.  über eigentlich alles so gut wie alles wissen. Schließlich wuchs das menschliche Wissen gemeinsam mit dem technologischen Fortschritt und den damit verbundenen immer besseren Möglichkeiten für Wissenschaft und Forschung stetig mit. Wir sind eben heute alle klüger als wie unsere Vorfahren vor 50, 100, 200 und immer weiter an Jahren, Jahrhunderten und Jahrtausenden zurück gerechnet. Zudem gibt es mehr als genügend studierte Experten aus allen nur denkbaren Wissenschafts- und Forschungsbereichen, die uns immer wieder in gelehrten Worten neue Daten, Fakten und Zusammenhänge aus ihren jeweiligen Fachgebieten vorstellen als auch erklären. Und nicht zuletzt durch das Internet wird sich das menschliche Wissen ab dem Jahr 2050 täglich verdoppeln (derzeit liegt dieser Wissens-Verdoppelungszeitraum zwischen 5 und 7 Jahren).

Dennoch hege ich fl fl* ob wir wirklich so viel wissen, wie wir alle einschl. Experten
                               fl fl
vorgeben zu wissen. (*= Zweifel über Zweifel)
                         
                                                                                   
Ich brauche z.B. bloß aus dem Fenster zu schauen. Laut Wetterbericht soll es hier in meiner Gegend heute eigentlich unbewölkt und sonnig sein. Tja, es soll halt nur - und das ja eigentlich auch nur eigentlich. Und was ist die Realität? Uneigentlich schneit es gerade aus dicht bewölktem Himmel. Auch sonst liegen die Meteorologen zumindest in meiner Ecke auffällig oft mit ihren Wettervorhersagen reichlich daneben. Ich kann wirklich nicht mehr aufzählen, wie oft statt des eigentlich angekündigten trockenen Wetters der Himmel über meiner Region trotzdem und gänzlich unbeeindruckt von derartigen Expertenmeinungen seine Schleusen geöffnet hat. Meines Erachtens gehört der Berufszweig "Meteorologie" in die Rubrik "Berufe, die die Welt nicht braucht". Denn schließlich meinen die VertreterInnen dieser Zunft ja nur, dass das Wetter morgen, übermorgen, nächste Woche usw. so wird wie sie es verkünden. Nur wirklich wissen tun sie es am Ende wohl dann doch nicht.

Auch andere gelehrte Experten verkaufen uns ihre persönliche Einschätzung als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse. Nehmen wir z.B. Koryphäen aus dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften. Immer wieder erleben wir, wie sie z.B. vollmundig ihre Prognosen bezüglich des Wirtschaftswachstums, untermalt von großem Mediengetöse, der geneigten Öffentlichkeit präsentieren. Und wie oft müssen sie später ihre eigenen Prognosen in die eine oder auch mal andere Richtung aufs Neue korrigieren. Auch sie meinen oder glauben eben auch nur zu wissen, dass es eigentlich soundso kommen müsste - sofern denn nichts dazwischen kommt. Aber wissen tun sie es natürlich auch nicht so richtig. Auch hier ist bei allem nicht abzustreitendem vorhandenen Fachwissen und allergrößter Gelehrtheit in ihrem Spezialwissensgebiet dennoch auch stets ein bisschen Kaffeesatzleserei mit im Spiel.

Was historische Ereignisse und Personen anbelangt ist es im Grunde genommen doch auch nicht anders. Bei allen geschichtlichen Begebenheiten, die länger als wie 50 und mehr Jahre zurück liegen, war die Masse unserer heutigen Historiker schon mal gar nicht höchstselbst dabei. Anhand von zeitgenössischen Dokumenten in Wort und Bild, Zitaten usw. versuchen sie somit, sich und uns ein möglichst genaues Bild einer bestimmten geschichtlichen Epoche, der in ihr lebenden "einfachen" Menschen und bedeutenden Persönlichkeiten zu vermitteln. Am Ende bleibt aber bei aller Mühe, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt bei der Recherche auch immer nur ein "Soundso müsste es damals gewesen sein" übrig. Sätze wie "Es gilt nach dem jetzigen Stand der Forschung als gesicherte Erkenntnis, dass..." sagen ja auch nur aus, dass es so, wie es der Historiker herausklamüsert hat, gewesen sein könnte. Was wirklich geschehen ist, über welche positiven oder negativen Charaktereigenschaften eine historische Persönlichkeit tatsächlich verfügte, wie der Bauer Ortwin im 14.Jhd. real lebte - das können halt wirklich nur Zeitzeugen unzweifelhaft wissen, die persönlich direkt mit den seinerzeitigen Ereignissen, Personen und allgemein vorherrschenden Lebensbedingungen sowie -umständen in Berührung gekommen sind. Praktisches erleben und erfahren waren und sind nun mal auch heute noch dem Wissen zuträglicher als jede noch so vermeintlich stichhaltige Theorie (gilt im übrigen für ausnahmslos alle Wissenschaftsbereiche und nicht nur für die Geschichtsforschung!).

Nehmen wir jetzt noch Fragen wie "Gibt es intelligentes Leben auf fremden Planeten?". Wir wissen zwar über das Weltall derzeit mehr als über unsere hier auf der Erde quasi vor der Haustür befindlichen Meere, aber trotzdem streiten sich Gelehrte und auch Nichtgelehrte immer wieder neu über diese Frage. Es gibt alle möglichen mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnungen bezüglich der Frage nach einer möglichen theoretischen Anzahl von Planeten mit erdähnlichen Lebensbedingungen, aber ob es tatsächlich überhaupt einen einzigen gibt, das weiß halt auch der größte Astronom nicht. Andererseits kann auch niemand sagen, ob in uns völlig unbekannten Galaxien nicht komplett andere Bedingungen für die Entstehung von Leben herrschen als bei uns hier in unserem universal betrachtet recht unbedeutenden Seitenarm der sog. Milchstraße. Es könnten dort ja ganz andere Gesetzmäßigkeiten und Grundvoraussetzungen hinsichtlich Biologie, Physik und Chemie gelten als wie hierzuerden. Natürlich gibt es nicht wenige mit dieser Thematik befasste Wissenschaftler, die felsenfest davon überzeugt sind, dass Leben im gesamten Universum ausschließlich nur unter erdähnlichen Bedingungen entstehen könne. Ebenso pochen sie unerschütterlich darauf, dass im gesamten und unendlichen (?) Universum überall und ausnahmslos z.B. die gleichen physikalischen Gesetzmäßigkeiten gelten würden. Da jedoch noch keiner von ihnen jemals so weit dort draußen gewesen ist können aber wohl auch sie es letzten Endes nicht absolut wissen.

Es gibt Fragen, auf die konnte, seitdem es die Menschheit gibt, bis auf den heutigen Tag auch der größte Gelehrte überhaupt noch keine Antwort geben. Und meiner eigenen Einschätzung nach wird darauf auch niemand - zumindest nicht zu seinen Lebzeiten - jemals eine Antwort finden können. Ich vermute das aber nur und weiß es natürlich nicht.
Seit undenklichen Zeiten steht z.B. die Frage im Raum "Warum sind wir Menschen überhaupt hier? Was ist der ursprüngliche und eigentliche Sinn unserer Existenz?". Darüber haben sich unzählige Philosophen über Jahrtausende hinweg den Kopf zerbrochen und mit qualmenden Köpfen alle möglichen diesbezüglichen Denkmodelle konstruiert. Manche davon mein(t)en zwar, für sich irgendwann dann doch die richtige Antwort gefunden zu haben, aber meinen bedeutet nun mal nicht wissen. Ebenso verhält es sich mit Fragen wie "Gibt es Gott oder eine andere wie auch immer geartete schöpferische `allmächtige´ und allwissende Kraft? Und wenn ja, wo ist er bzw. sie zu finden?". Man kann darüber unendlich viel nachdenken, streiten und nach Beweisen hinsichtlich der Existenz oder Nichtexistenz - je nach persönlicher Einstellung dazu - eines solchen "geistigen Überwesens" suchen; bitteschön, wem´s Spaß macht. Aber am Ende bleibt auch das nur eine reine Frage des persönlichen Glaubens an solch eine "Wesenheit" oder des nicht daran glaubens.
Und die größte und für viele Menschen entscheidendste aller Fragen überhaupt, sozusagen die im wahrsten Sinne des Wortes abschließende Frage "Gibt es ein Leben nach dem Tod und falls ja, wie sieht es aus?" dürfte selbst nach dem jetzigen modernen Stand der Dinge und Hochtechnologie ebenfalls kein noch lebender Mensch jemals endgültig beantworten können. Die wissenschaftlichen Auswertungen von Nahtoderfahrungen, Tonbandstimmen und anderen als solche betrachtete Signale aus dem Jenseits - all das sind lediglich Indizien dafür, dass es ein Leben nach dem Tod geben könnte. Und auch das ist wiederum nichts anderes als eine rein persönliche Glaubenssache. Bisher jedenfalls ist noch kein "richtig" Toter zurückgekehrt und hat über die Zeit nach seinem irdischen Ableben ausführlich Bericht erstatten können. Nichts genaues weiß man also auch hier wieder nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn mal wieder: In vielen Bereichen glauben wir und unsere Sach- und Fachgelehrten nun mal lediglich etwas Bestimmtes zu wissen, aber dabei handelt es sich eben nicht um definitiv eindeutiges und absolut hieb- und stichfestes Wissen.
Naja, und ob die Menschheit bei aller "Klugheit", die sie im Gleichschritt mit dem fortschreitenden technologischen Fortschritt erlangt hat, gleichzeitig wirklich immer auch "schlauer" wie zuvor geworden ist, darüber lässt sich ebenfalls trefflich streiten. Für mich persönlich sieht es, wenn ich mich in der heutigen Welt so umschaue, jedenfalls nicht danach aus. Zumindest glaube ich das, weiß es aber nicht hundertprozentig...

Dienstag, 31. Januar 2012

Wo, zum Kuckuck, ist bloß der Kuckuck geblieben?

Die Region, in der ich aufgewachsen bin und in der ich auch heute noch lebe, ist von Wäldern, Wiesen und Teichen geprägt. Das das Wetter hier vielfach anders ist - und zwar überwiegend schlechter und dazu noch niedrigere Temperaturen bereithält - als nur wenige Kilometer Luftlinie weiter dürfte jedoch angesichts der Tatsache, dass hier bereits auf 600m ü.NN klimatische Bedingungen wie in den Alpen auf 2000 Höhenmetern herrschen, nicht sonderlich verwundern. Nun gut, die Wälder, Wiesen und Teiche gibt es immer noch, aber trotzdem ist im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten mittlerweile irgendetwas anders geworden.

Als Kind konnte man sich - so es das Wetter denn zuließ - draußen so richtig schön austoben: Im Wald wurden Baumbuden gebaut, man ließ sich voller Übermut eine Bergwiese hinunter kullern, in warmen Sommern wurde in den von Fichten oder Wiesen umgegebenen Teichen gebadet, im Winter wurde munter gerodelt und bei mehr oder weniger waghalsigen Skiabfahrten auch mal das eine oder andere Paar Skier zu Kleinholz verarbeitet (und bei misslungenen unfreiwilligen "Ski-Stunts" auch mal etwas heftiger das Steißbein verprellt - ich weiß aus eigener schmerzhafter Erfahrung nur zu gut, wie sich das anfühlt). Zudem war man von vielen wild lebenden Waldtieren umgeben, die man natürlich auch immer mal wieder in freier Wildbahn beobachteten konnte.

Wenn ich allerdings heute so durch die hiesigen Wälder und Wiesen streife frage ich mich in Anlehnung an den Titel einer Zeichentrickserie, ob es in meiner Gegend irgendwann innerhalb der vergangenen gut 20 Jahre irgendwann tatsächlich einmal den Tag gab, als die Tiere den Wald verließen.
Früher z.B. wimmelte es in den Wäldern hier nur so von Reh- und Rotwild. Es kam nicht selten vor, dass an einem warmen Sommertag ein Reh auf dem Rasen hinter unserem Haus, das damals noch dicht am Waldrand lag, mit untergeschlagenen Vorderläufen in der Sonne vor sich hin döste. Es konnte sich aber auch schon mal ein stolzer Rothirsch auf unser Grundstück verirren, um sich dort ein wenig umzuschauen und anschließend  wieder in sein Waldrevier zurück zu begeben. Und was war es für ein herrlicher Anblick, wenn in der Abendstimmung auf der Wiese hinter dem Bergfriedhof oder auf der unserem Küchenfenster gegenüber liegenden und ebenso abschüssigen Bergwiese Rehböcke, Ricken, Kitze, Rothirsche, Hirschkühe und -kälber einträchtig ihr Abendbrot ästen. Zur Veranschaulichung hier ein aktuelleres Bild besagter "Friedhofswiese". Heute jedoch weiden darauf allerdings, wie auch auf diesem Foto, nur noch Vertreter des sog. "Harzer Höhenviehs":


Wenn es Oktober wurde und die Nächte immer kühler konnte man an jedem Fenster unseres Hauses von den umliegenden Höhenzügen her aus allen Himmelsrichtungen in allen möglichen Tonlagen das lautstarke brunftige Röhren der Rothirsche vernehmen. Und so manches Mal bin ich mit Freunden spätabends im Dunkeln in die Wälder gezogen, um evtl. zwei geweihtragende Rivalen beim Kampf beobachten zu können. Wirken die dunklen Fichtenwälder schon bei Tageslicht manchmal recht unheimlich - insbesondere bei schlechtem Wetter und wenn Nebelschwaden die bewaldeten Höhen umziehen - so erschien einem damals der Wald in stockdunkler Nacht natürlich noch bedrohlicher. Immer näher kamen wir dem Röhren und das eine oder andere mal waren wir sogar recht dicht dran an zwei "Kampfhirschen". Man konnte bereits deutlich das aneinanderschlagen der Geweihe hören, das stampfen der Hufe und das schnauben der Kontrahenten. Aber gesehen haben wir einen solchen Kampf der Könige des Waldes letzten Endes nicht ein einziges Mal. Entweder es näherten sich mit lautem Geplapper oder Gegröhle irgendwelche Touris mit demselben Ansinnen wie wir, die durch ihr dämliches Verhalten (vielleicht um ihre Angst vor der "Unheimlichkeit" des nächtlichen Waldes zu überspielen) die Hirsche natürlich verscheuchten. Oder der Wind drehte im letzten Augenblick in die falsche Richtung, trug unseren Geruch in die höchst empfindlichen "Windfänge" (Nasen) der verbissenen Zweikämpfer und wir hörten kurz darauf nur noch das eilige Davongetrappel der Hufe. Aber trotzdem war so ein Ausflug zum "Hirschebrüllen", wie man hier dazu auch sagt, immer wieder ein Erlebnis.

Seit vielen Jahren nun schon äst und röhrt in den Wäldern rund um meinen Heimatort nichts mehr. Lediglich im als Nationalpark ausgewiesenen Teil des Hochharzes gibt es das noch zu erleben. Das hat allerdings eine recht simple Ursache: Das Reh- und Rotwild wurde kurzerhand zu "Baumschädlingen" erklärt und in einem wahren "Ausrottungskrieg" massenhaft abgeknallt. Mir kam es jedoch damals schon sehr seltsam vor, dass diese Tiere zuvor schon jahrhundertelang die Rinde an den Bäumen angefressen haben und die Wälder deswegen trotzdem nicht abgestorben sind. Und jetzt auf einmal sollten sie eine akute Bedrohung für den Baumbestand darstellen? Ein jetzt ehemaliger Forstamtsleiter hat mir vor einigen Jahren auf einem Polterabend in angetrunkenem Zustand dann die wirkliche, jedoch strikt inoffizielle Begründung für diesen "Wildgenozid" verraten: Es ging schlicht und einfach auch hier hauptsächlich um finanzielle Interessen! Die Unterhaltung der Wildfütterungen sowie die Beschaffung und Bereitstellung von Futtermitteln im Winter kostete natürlich schon immer Geld. Da die Forstkasse seinerzeit ebenfalls immer leerer wurde sah man hierin ein nicht unerhebliches Einsparpotenzial. Zudem spülte die Abschußfreigabe für diese Geschöpfe dank vieler hierzu herzlich eingeladener zahlungskräftiger Jagdgäste eine recht erkleckliche Summe in die Forstkasse. Und nur darum ist es jetzt abends so leer auf den Bergwiesen und im Oktober so still in den Wäldern um mich herum geworden.

Bei anderen ehemaligen Wald- und Wiesenbewohnern ist es mit einer Erklärung für ihr spurlos anmutendes plötzliches verschwinden jedoch nicht so einfach. So gab es in meinem Heimatort im Bereich des Waldkurparks und auch an einem dicht am Ortsrand gelegenen Berg in meiner Jugendzeit eine Unmenge von Eichhörnchen. Der an vorerwähntem Berg entlanglaufende Weg war deshalb offiziell auch als "Eichhörnchenweg" ausgewiesen worden. Die possierlichen Nesträuber waren an Menschen gewöhnt und so war man dort oft von um Leckerlis bettelnden buschigschwänzigen Nagern in allen möglichen Schattierungen der Farben braun, schwarz und rot umlagert. Ganz dreiste Exemplare verliehen ihrer Bittstellerei durch hochkrabbeln an den Hosenbeinen bis rauf auf die Schultern noch zusätzlich energischen Nachdruck. Und heute? An diesen ehemaligen Eichhörnchen-Hochburgen ist es nun wie leer gefegt. Kein einziger Vertreter dieser Gattung ist dort mehr anzutreffen. Kein Hörnchen bettelt einen mehr an und es krabbelt auch keines mehr an einem rauf. Ab und an sieht man zwar irgendwo noch ein eiliges Eichenhorn einen Baumstamm hinaufdüsen, aber das ist inzwischen fast schon ein seltener Anblick geworden.

Ab Anfang Mai konnte ich aus dem nahen Wald viele Jahre lang noch den Kuckuck schlagen hören. Er gab uns allen das deutliche Signal: "Leute, hergehört: Der lange Winter ist endlich vorüber, der Frühling ist da!". Fast von einem Jahr auf das andere waren die Kuckucksrufe dann auf einmal verstummt und das ist bis heute so geblieben. Da frage ich mich schon: "Wo, zum Kuckuck, ist bloß der Kuckuck gelieben?".

Noch ein anderes Beispiel aus der Ornis: Vom gegenüberliegenden Berg her drangen nach Einbruch der Dunkelheit immer die etwas unheimlichen Rufe von Waldkäuzen bis zu unserem Haus herüber. Quasi von jetzt auf gleich waren und sind bis heute diese Rufe ebenfalls nicht mehr zu vernehmen.

Wenden wir uns nun einigen Vertretern der Gattung Lurche zu. Bei Waldspaziergängen musste man häufig aufpassen, dass man nicht unbeabsichtigt auf einen auf dem Waldweg befindlichen Feuersalamander trat. Oder auf eine Blindschleiche. Und wenn ich als Dreikäsehoch mal einen auf einer Waldwiese liegenden größeren Stein anhob, um neugierig zu erkunden, was darunter wohl sein könnte, sausten darunter plötzlich ein paar Eidechsen hervor. In Waldtümpeln tummelten sich Molche und auf dem abgestandenen Wasser in den jahrhundertealten Gräben, die zur benötigten Wasserzufuhr für die seinerzeit in Betrieb und Ausbeute stehenden Erzbergwerke angelegt worden waren, schwamm glibbriger Froschlaich. Kröten und Frösche hüpften einem schließlich damals auch immer wieder mal über den Weg. Heute ist es sozusagen schon fast ein Zufallstreffer, wenn man irgendeines der vorgenannten Kriech-, Schwimm- oder Hüpftiere zu Gesicht bekommt. Und wann genau ich das letzte Mal in meiner Umgebung Froschlaich auf einem stehenden Gewässer gesehen habe kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen. Lang ist´s halt her...

Und auch bei Krabbeltieren scheint irgendwann einmal eine größere Auswanderungswelle eingesetzt zu haben. Beipiel Maikäfer (zu meiner Zeit gab es allerdings schon keine mehr): Meine Mutter erzählte davon, dass sie als Kind immer Maikäfer zu fangen versuchte und das es auf einmal dann keine mehr gegeben hätte.
Ich weiß hingegen aber noch ganz sicher, dass sich auf den Waldwiesen in meiner Kindheit und Jugend bedeutend mehr Grashüpfer rumgetrieben haben als wie heutzutage. Man stößt jetzt lediglich mal auf ein Einzelexemplar. Und was war das an den Teichen immer für ein Geschwirre, wenn in allen möglichen Farben grell leuchtende Libellen in stattlicher Zahl dort umherflogen. Heute sieht man lediglich mit Glück mal wieder einen einzelnen dieser "Mini-Hubschrauber" seine Runden an und über einem dieser Wald- oder Wiesenteiche drehen. Hier zur Vermittlung eines besseren Eindrucks davon ein Beispielfoto für so einen Teich (in diesem hier habe ich als Jungspund auch häufig geplantscht):


Die damals in Scharen vorkommenden Marienkäfer scheinen übrigens ebenfalls bedeutend an Bevölkerungsanzahl verloren zu haben, denn man sieht sie mittlerweile ebenfalls oftmals nur noch als Einzelgänger irgendwo rumkrabbeln. Und wie oft habe ich fasziniert die verschiedenen Raupen auf den Blättern unserer Gartenbüsche betrachtet. Doch irgendwann hatte es sich plötzlich ausgeraupt und die Blätter blieben leer.
Weiter oberhalb unseres Hauses auf  Bergeshöh´ verlief ein Waldweg, dessen Ränder sozusagen haufenweise die Haufen der roten und schwarzen Waldameise säumten. Dies führte dazu, dass jener Weg auch als "Ameisenweg" benannt wurde. Und auch andernorts querten diese kleinen "Saubermänner" des Waldes immer wieder den sonntäglichen Spazierweg. Doch eines Jahres waren die Haufen plötzlich verlassen. Nicht eine einzige Emse und kein einziger Emserich krabbelte mehr darauf und darin herum. Und auch auf anderen Waldwegen stieß man nicht mehr auf so einen - irgendwelches natürliches Baumaterial für den ameisenvolkseigenen Haufen oder ein Beutetier schleppenden - Mini-Muskelprotz. Fort, weg, vom Erdboden verschluckt. Das eine oder andere Jahr standen die nunmehr unbevölkerten Ameisenhaufen noch still am Wegesrand, wurden dann jedoch irgendwann mangels Nachmietern forstlicherseits entfernt.

Wenn ich mir nun so in Erinnerung rufe, welches und wie viel laufendes, kriechendes, fliegendes, hüpfendes, schwimmendes und krabbelndes Getier mich durch meine Kindheit und Jugend begleitet hat und was davon heute noch übrig geblieben ist scheint es ihn zumindest in meiner Ecke wohl doch irgendwann einmal gegeben zu haben - den Tag, an dem die Tiere den Wald verließen. Stellt sich nur noch die Frage nach dem "Warum?" und dem "Wohin?". Oder umgekehrt...