Donnerstag, 12. Januar 2012

Richtungswirrwarr und Farbenspielerei

Manche Menschen mögen mich aufgrund meiner persönlichen Sichtweise als „Linken“ einordnen. So einfach ist die Sache bei mir aber nun mal nicht. Zunächst einmal halte ich von diesem ganzen Richtungsdenken sowieso nicht viel: Links, Mitte, Rechts, Mitte-Links, Mitte-Rechts, linke und rechte Ränder – da kann man durchaus schon mal die Orientierung verlieren. Politische Lagereinteilungen in konservativ, liberal und sozialdemokratisch haben für mich genauso wenig Aussagekraft mehr. Auch mit diesen Farbenspielen Schwarz, Rot, Grün und Gelb kann ich nicht mehr allzu viel anfangen. Ich weiß zwar, wie das alles richtungsmäßig einzuordnen ist, aber momentan jedenfalls ist die Richtung bei allen „Lagern“ nahezu die gleiche. Vor allem die sog. etablierten Parteien sind meines Erachtens inzwischen ja kaum noch voneinander unterscheidbar geworden. Die Grenzen zwischen ihnen erscheinen derzeit stark verwischt. Alle stehen im Grunde genommen für die gleiche Art von Politik, nur sind die äußere Verpackung und die erläuternden Formulierungen dazu jeweils eine leicht andere. Bis auf die eine kleinere oder auch mal etwas größere Abweichung in einigen wenigen Detailfragen ist aus der Parteienlandschaft mittlerweile irgendwie ein Einheitsbrei geworden. In den Programmen und in Reden erscheint vieles zwar unterschiedlich, in der Praxis hingegen sieht das meiste des beschlossenen und umgesetzten nahezu gleich aus. Das Ganze wirkt wie eine einzige große Koalition der Wirtschafts- und Marktgläubigen. Es wird augenscheinlich von den meisten Spitzenpolitikern der etablierten Parteien halt nur noch der Wirtschaft - und hierbei insbesondere dem Finanzsektor - hinterher gehechelt.

Für mich persönlich hingegen gibt es, völlig unabhängig von allem Lagerdenken und allen Farbenspielereien, nur gute, mittelmäßige oder schlechte Politik. Natürlich ist die entsprechende Bewertung eine Angelegenheit, die auf den jeweiligen persönlichen Standpunkt und die persönlichen Interessen des Betrachters ankommt. Selbstverständlich hält z.B. ein Besserverdiener Entscheidungen, die ihm finanzielle Vorteile bringen - wenn auch wie so oft in letzter Zeit zu Lasten der „Kleinen Leute“ gehend -, für eine gute Politik. Für mich wiederum ist eine Politik, die in allererster Linie das Gemeinwohl aller Bürger im Blick hat, dagegen die bessere. Aber auch das ist wohl mehr eine Frage der grundsätzlichen persönlichen Einstellung sowie der eigenen Lebensverhältnisse/-umstände.
Ob das bevorzugen einer menschlicheren – sprich sozialeren - Politik und Wirtschaftsform nun unbedingt eine „linke Gesinnung“ voraussetzt möchte ich anzweifeln. Es gibt mit Sicherheit etliche MitbürgerInnen, die sich politisch-ideologisch als konservativ, liberal oder grün verstehen, die jedoch absolut nichts Verdammenswertes an sozialem denken und handeln finden. Das für nicht wenige Angehörige unserer Leistungseliten böse Wort sozial heißt übersetzt ja nichts weiter als „gemeinsam“ oder „verbunden“. Des weiteren wird das Wörtchen sozial allgemein so gedeutet, dass eben nicht jeder nur an sich denkt, sondern das stets das Wohl der Allgemeinheit über allem stehen muss. Gemeinnutz geht vor Eigennutz, die Starken helfen den Schwachen – so wird der Begriff sozial im allgemeinen ausgelegt. Aber auch Verantwortungsbewusstsein, Höflichkeit und Großmut gegenüber Gleich- und Nichtgleichgestellten fällt mit unter die Bedeutung des Sozialbegriffes. Vergegenwärtigen wir uns nun, dass im Grundgesetz steht „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat“. Jetzt halten wir uns dazu noch die eine oder andere wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Entscheidung der jüngeren Vergangenheit vor Augen – was erkennen wir dann? In meinen Augen klare Verstöße zumindest gegen das Wörtchen „sozialer“! Es wurde nun mal durch manche Entscheidungen die im Gesamtverhältnis kleine Gruppe der wirtschaftlich ohnehin schon Starken noch stärker gemacht und die bedeutend größere Gruppe der Schwachen noch schwächer. Und wenn mir dieser Umstand nicht zusagt fühle ich mich ideologisch weder links noch rechts noch sonst wo stehend, sondern bin darüber einfach nur in erheblichem Maße verärgert - nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Ich mag nun also in einigen Punkten Ansichten vertreten, die von Andersdenkenden als „links“ verortet werden. In anderen Bereichen wiederum habe ich aber auch Standpunkte, die man bei ausschließlichem Lagerdenken je nachdem mal als “konservativ“ und mal als „liberal“ einordnen kann. Und das ist meinen Beobachtungen im persönlichen Umfeld nach bei der Mehrheit der "Normalbürger" nicht anders. Darum noch einmal: Eine ideologische Lagerzugehörigkeit kann man meiner Meinung nach hierzulande mittlerweile weder bei den Parteien noch bei den Menschen eindeutig festlegen. Klingt komisch, ist aber so...

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