Montag, 8. Oktober 2012

Offenlegung á la Steinbrück

Man möchte eigentlich gar nicht mehr weiter auf ihn eingehen, aber irgendwie muss man trotzdem...
Nun ist der Kanzlerkandidat der SPD, Peer Scheinbrück...äääh...Steinbrück, also in die Offensive gegangen und kündigt die Offenlegung der Auftraggeber, Orte und Themen der von ihm gehaltenen Vorträge an. Mit der Offenlegung der für seine Vortragskünste erhaltenen genauen Honarbeträge hingegen tut er sich weiterhin äußerst schwer. Da schwurbelt er was von "Offenlegung so weitgehend wie möglich", von der Veröffentlichung eines "Durchschnittshonorars" und davon, dass er von einem "gläsernen Abgeordneten" nicht viel halte, dass auch für Abgeordnete eine gewisse Privatheit gelten müsse und das es Transparenz sowieso nur in Diktaturen gäbe.

Diese ganzen Einschränkungen von wegen "so weitgehend wie möglich" usw. lassen vermuten, dass es mit dem gemäss Schlagzeile auf der SPD-Homepage "alle Karten auf den Tisch legen" dann wohl doch nicht allzu weit her sein dürfte: http://www.spd.de/aktuelles/77724/20121006_steinbrueck_nebeneinkuenfte.html.
Die Sache mit dem Durchschnittshonorar dürfte zudem ein recht verzerrtes Bild über die tatsächliche Höhe der von ihm bezogenen "Gagen" vermitteln. Wenn z.B. ich im Monat 850,- Euro netto verdiene und mein Nachbar 5.500,- , dann habe ich nun mal auf dem Papier so wie mein Nachbar auch ein Durchschnittsnettogehalt von 3.175,- Euro. Ich verdiene durchschnittlich also theoretisch mehr als in Wirklichkeit und mein Nachbar weniger. Genau so verhält es sich mit dem Steinbrück´schen Durchschnittshonorar. Die das eine oder andere mal nicht ganz so üppig ausgefallenen Honorare würden den Durchschnittsbetrag für die insgesamt gehaltenen Vorträge im Fall Steinbrück halt nur entsprechend nach unten korrigieren. Eine wirkungsvolle Vernebelungstaktik also.
Naja, und seine Ankündigung, sich für eine Verschärfung der Transparenzregeln des Bundestages einzusetzen, nach denen jeder Abgeordnete bis auf den letzten Cent angeben müsse, von wem wofür in welcher Höhe er bezahlt wurde, ist wohl auch nichts weiter als pure Heuchelei. Zum einen weiß er nur zu genau, dass sowohl Union und FDP als auch seine eigene  Partei derart scharfe Bestimmungen niemals beschließen werden, zum anderen hätte er praktischerweise dieser Tage dahingehend doch gleich mal selbst als leuchtendes Vorbild vorangehen können.

Man mache außerdem mal den Selbstversuch und erzähle als Arbeitsuchender seinem Sachbearbeiter im Jobcenter bei der Bedürftigkeitsüberprüfung, dass man persönlich von einem "gläsernen Arbeitsuchenden" nichts halte und das auch für Arbeitsuchende eine "gewisse Privatheit" gelten müsse. Auf die Reaktion des Sachbarbeiters hierauf darf man wohl bestimmt sehr gespannt sein.

Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich das mit der Transparenz in Diktaturen irgendwie nicht so recht verstanden habe. Mir ist bis jetzt absolut nicht klar geworden, was mir Herr Steinbrück damit eigentlich sagen will.

Überhaupt die SPD-Homepage. Neben erfreulicherweise nicht wenigen kritischen Leserkommentaren (auch meine Wenigkeit hat dort seinen Senf dazugegeben) finden sich hier durchaus auch Steinbrück-Verteidiger: "Alles gesetzeskonform, was soll das Ganze also?", der unvermeidbare Verweis auf eine "Neiddebatte" und natürlich auch Aufrufe im Sinne von "Wir von der Basis müssen Peer jetzt uneingeschränkt unterstützen, basta!". Wer das eine oder andere Minütchen entbehren kann möge sich halt einfach selbst ein wenig dort tummeln.

Die Offenlegung á la Steinbrück scheint aus meiner Sicht jedenfalls mehr eine Verschleierung zu bringen denn wirkliche Transparenz...

Freitag, 5. Oktober 2012

Die Empörung der Taschenfüller über einen anderen Taschenfüller

In den vergangenen Tagen mehrte sich die Kritik an dem zum SPD-Kanzlerkandidaten ernannten "Vortragskünstler" Peer Steinbrück aus den Reihen der anderen Parteien zusehends, wobei auch der Ton rauer wurde. Von einem "Liebling der Spekulanten" und von Steinbrück als einem "Produkt der Finanzindustrie" war da z.B. zu lesen. Ich weiß nicht, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss den derart Gescholtenen trotz einer nicht von der Hand zu weisenden gewissen Antipathie nun doch mal ein wenig in Schutz nehmen.

Zum einen ist an den Vorwürfen inhaltlich ja nichts, was nicht schon jahrelang allgemein bekannt gewesen sein dürfte. Von daher hätte die Empörung über die Steinbrückschen Verbandelungen mit der Finanzwirtschaft und seinem persönlichen Profit daraus schlagen vor ein paar Jahren ehrlicher gewirkt als wie erst jetzt nach seiner Erhebung zum Kanzlerkandidaten. Somit handelt es sich dabei wohl eher um eine Art wahlkampftaktisches "Gewulffe" als um aufrichtige Besorgnis um die finanzielle Unabhängigkeit eines Abgeordneten von der Finanzwirtschaft. 

Zum anderen vergessen besagte Empörer hierbei nur allzu gern, zunächst einmal vor ihrer eigenen Parteitür zu kehren. Schließlich wurden alle zaghaften Versuche, mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten zu gewährleisten, in der Hauptsache von den Unionsparteien sowie der FDP eisern blockiert. Verwundert braucht darüber aber nun wirklich niemand zu sein. Da kassierte z.B. der CDU-Finanzexperte Michael Meister für seine Teilnahme am "Wartenberger Wirtschaftstalk" ein Honorar der Stufe 3 (mehr als 7.000,- Euro). Und der ehemalige Wirtschaftsminister und jetzige Abgeordnete Michael Glos (CSU) hat gleich mehrere lukrative Nebenjobs: Berater des US-Finanzinvestors RHJ, Aufsichtsrat bei zwei Banken, Co-Präsident im Beirat des Verbandes der russischen Wirtschaft in Deutschland, Beiratsvorsitzender des "Qatar Germany Forum" - Unternehmenssitz in Deutschland ist übrigens Prichsenstadt unter der Privatadresse von Michael Glos.
Hinzu kommen aus Anwaltskanzleien in den Bundestag "entsandte" Abgeordnete, die dort neben ihren Diäten weiterhin zusätzliche "Monatsgehälter" von ihren vorherigen Arbeitgebern beziehen (z.B. die FDP-Abgeordneten Martin Lindner und Marco Buschmann, beide ebenfalls Honorarstufe 3). Selbstverständlich wurden genau jene Kanzleien, für die diese ehrbaren Herren vor ihrer Mandatsausübung  tätig waren, anschließend bei der "juristischen Begleitung" hinsichtlich der Ausarbeitung von Gesetzen und Verträgen aktiv mit einbezogen.

Nebenbei bemerkt, es ist schon erstaunlich, wie unsere über die durch die Ausübung ihres Mandats bedingte, ihrer Auffassung nach über einen normalen Fulltime-Job noch weit hinaus gehende, ach so gewaltige Arbeitsbelastung klagenden Abgeordneten immer wieder überhaupt die Zeit für ihre zahlreichen Vorträge und anderweitigen Nebentätigkeiten finden. Da die Einkünfte aus den diversen Zweit-, Dritt- und noch mehr Beschäftigungsverhältnissen mehr als nur erklecklich sind, sollte man sich doch nun wirklich mal ernsthafte Gedanken um eine Reform der überaus üppigen Altersversorgung unserer Abgeordnetenschaft machen. Bei den während der politischen Tätigkeit zusammengerafften Summen sowie aufgrund der in einer während der Mandatsträgerschaft intensiv vorbereiteten und hochdotierten Anschlussverwendung in der freien Wirtschaft bedürfte es dieser Überversorgung doch wohl nicht mehr wirklich. 

Nein, liebe Empörer aus Unions- und FDP-Kreisen, Eure Empörung über das Steinbrücksche Gebaren kann ich beim besten Willen nicht ernst nehmen. Da werfen mal wieder lediglich ein paar selbst im Glashaus sitzende Politprofis mit Steinen. Bei allem Widerwillen meinerseits gegenüber der Nominierung von Meisterredner Steinbrück als SPD-Kanzlerkandidat sowie dessen Verflechtung mit der Finanzindustrie: Wenn die einen Taschenfüller sich über das sich die Taschen füllen eines anderen aufregen, so ist das einfach nur lachhaft. Und wenn überhaupt, dann hättet Ihr das bereits früher machen können oder sogar sollen und nicht erst jetzt zu einem Euch genehmer erscheinenden Zeitpunkt. Von daher auch hierbei erneut viel Rauch um Nichts...

Dienstag, 2. Oktober 2012

Ich hatte einen (Alb)Traum...

Eigentlich sollte hier heute der 5.Teil über die Erlebnisse der alten Linde in meinem Heimatort stehen. Aus aktuellem Anlass wird das jedoch zunächst auf morgen verschoben - wenn denn nichts dazwischenkommt.
Eben gerade bin ich nämlich aus einem Albtraum hochgeschreckt. Dieser spielte sich tatsächlich so ab:

Ich sitze in einem eher spärlich eingerichtetem Raum auf einem Stuhl. Direkt neben mir sitzt, ebenfalls auf einem Stuhl, ein mir bis dato im realen Leben vollkommen unbekannter Mann ungefähr meiner Altersklasse. Uns gegenüber in einem Sessel sitzt mit einem etwas verkniffenen Gesichtsausdruck - Angela Merkel! Ich kann aber nicht sagen, wo ich überhaupt bin und wie ich dort hingekommen bin. Der Traum setzte leider erst an dieser Stelle ein.
Angela Merkel mustert uns beide abwechselnd intensiv, spricht aber kein Wort. Mein Nebenmann raunt mir leise zu "Pass bloß gut auf, was Du jetzt sagst". Plötzlich geht rechts von uns beiden Stuhlsitzern die Tür auf und Rainer Brüderle betritt den Raum. Er geht strahlend und strammen Schrittes auf Angela Merkel zu, bleibt vor ihr stehen und sagt mit stolzgeschwellter Brust: "Wir und mit uns die Märkte haben auf ganzer Linie gesiegt!" Angela Merkels Gesichtszüge entspannen sich nun deutlich. Sie schweigt aber weiterhin. Ich schaue daraufhin sie und Rainer Brüderle fest an und sage zu ihnen: "Ich habe ja grundsätzlich nichts gegen Euch und Eure Märkte. Aber die Märkte und ihre Gestalter müssen, wenn es sie denn schon mal gibt, human sein und ausschließlich dem Wohl aller Menschen dienen und nicht umgekehrt." Ich vernehme nun direkt neben mir ein leises Stöhnen und aus dem rechten Augenwinkel heraus gewahre ich, wie mein Nebenmann entsetzt die Hände vor sein Gesicht schlägt. Weder Angela Merkel noch Rainer Brüderle äußern sich zu meiner Einlassung. Beide glotzen mich nur mit starrem Blick an, Merkel im sitzen und Brüderle schräg neben ihr stehend. Auf einmal fliegt die Tür auf, zwei Uniformierte stürmen herein, fesseln meine Arme mit einer etwas rostigen Eisenkette an meinen Körper, zerren mich vom Stuhl hoch und umgehend auch aus dem Raum - Ende des Traums, weil erschrocken aufgewacht.

Ich kenne mich nun mit Traumdeutung leider absolut nicht aus. Deshalb meine Fragen an Menschen, die sich mit dieser Thematik auszukennen vermeinen: Ist es "normal" oder sogar schädlich, wenn einen derartige Schreckgespenster sowie die Märkte auch noch im Schlaf verfolgen? War das jetzt eine Art Zukunftsvison hinsichtlich eines eventuellen und letztlich gescheiterten Revolutionsversuchs im Michelland? Oder war es eher eine Botschaft auf eine zukünftige staatliche Reaktion, falls vereinzelte Bürger sich der gesetzlich vorgeschriebenen Marktkonformität verweigern sollten? Oder aber steckt schlicht und ergreifend rein gar nichts dahinter und es handelt sich bei diesem Albtraum lediglich um einen kleinen Streich, den mir mein Gehirnkasten gerade eben gespielt hat?

Um erhellende und ggf. beruhigende Antwortvorschläge wird dringend gebeten...


Samstag, 29. September 2012

Sozialdemokratie ade - das Scheiden tut nicht wirklich weh

Mit der Ernennung von Peer Steinbrück zum Kanzlerkandidaten dürfte es das mit der Hoffnung auf eine zukünftig vielleicht wieder "richtige" sozialdemokratische Politik in und mit der der SPD wohl endgültig gewesen sein. Die Kungelei im Hinterzimmer durch 3 Parteigranden bei dieser Kandidatenfindung anstatt einer eigentlich vor 4 Jahren von Sigmar Gabriel angekündigten Ur-Wahl des nächsten "Mutti-Herausforderers" durch alle SPD-Mitglieder passt dabei nur zu gut ins Bild. Bei so einer Ur-Wahl hätte die Mehrheit der Basis ja möglicherweise für einen der wenigen verbliebenen, allerdings kaum noch wahrnehmbaren, echten Sozialdemokraten innerhalb dieser Partei stimmen können und sowas geht nun schon mal gleich gar nicht. Das diesbezügliche Risiko wäre zwar zugegebenermaßen relativ gering gewesen, aber sicher ist halt sicher.

Selbst wenn auf wundersame Weise die SPD nach der kommenden Bundestagswahl nicht bloß den Juniorpartner und Abnicker in einer großen Koalition geben dürfte, sondern - Vorsicht: Utopie! - tatsächlich den Kanzler Steinbrück in einer rot-grünen Koalition stellen würde: Sozialdemokratische Politik würde mit dem heutigen Spitzenpersonal auch dann garantiert nicht betrieben werden. Die eine oder andere unwesentliche kosmetische Korrektur an der einen oder anderen unter Rot-Grün und Schwarz-Rot getroffenen Entscheidung vielleicht, damit es nach außen hin ein bisschen besser aussieht, aber im Endeffekt bleibt alles so wie es ist: Fortsetzung der neoliberalen kapitalhörigen Politik inklusive Zementierung und u.U. Fortsetzung des unter SPD-Federführung dereinst begonnen Sozialabbaus. Das alles natürlich der jeweiligen allgemeinen Gesamtsituation geschuldet und alternativlos ist das dann sowieso. Und in einer GroKo sähe das erst recht nicht anders aus. Aus welchem Grund sollte ich also noch die SPD wählen? Ihre Politik ist nun mal unter der derzeitigen Führungsriege von der des Originals Schwarz-Gelb nicht zu unterscheiden, auch wenn sie noch so geschickt als "Politik der sozialen Gerechtigkeit" vorgetäuscht sowie vermarktet wird. "Richtige" sozialdemokratische Politik wird es mit diesem neuen "Genossen der Bosse" als Kanzler sowie seinen Gehilfen in der Parteiführung jedenfalls nicht geben. Die sind nun mal alle viel zu sehr "verschrödert".

Ich hatte einige Zeit lang die Hoffnung, dass die wahren Ursachen für den Entzug der Wählergunst wie u.a. die Verantwortung für massiven Sozialabbau innerhalb der SPD dann doch noch erkannt würden, was eine Rückbesinnung auf die eigentlichen sozialdemokratischen Werte zur Folge hätte haben müssen. Aber da die Trotzköpfe an der Parteispitze immer noch alles, was sie während der Zeit ihrer Regierungsverantwortung bzw. -mitverantwortung so "verbrochen" haben, als "richtig und wichtig" lobpreisen, dürfte die Hoffnung auf eine Re-Sozialdemokratisierung der SPD für mich als ehemaligen SPD-Stammwähler (meine letzte Stimme gab es allerdings bei der BT-Wahl 1998) nur ein unerfüllbarer Wunschtraum bleiben. Nach dem, was man jahrelang so beobachten konnte und auch jetzt beobachten kann/muss, scheint in der SPD auch in Zukunft keine Besserung in Richtung echte Sozialdemokratie in Sicht zu sein. So verabschiede ich mich heute also von der Sozialdemokratie, denn sie scheint inzwischen unwiederbringlich verloren. Mach´s endgültig gut, gewesene Sozialdemokratie, ich habe einmal lange Zeit an Dich geglaubt! Aber nach den vielen erlebten Enttäuschungen mit Dir in den vergangenen 14 Jahren fällt mir der Abschied von Dir wahrlich nicht mehr allzu schwer...

Freitag, 28. September 2012

Unser Freiheits-Achim hat wieder zugeschlagen

Gestern abend lief im ZDF wie donnerstags allgemein üblich eine Ausgabe der Sendung "maybritt illner". Diesmal waren nur zwei Gäste geladen und erschienen, und zwar der Bundespräsident der Freiheit Joachim Gauck und die Uraltkanzlerlegende Helmut Schmidt. Thematisch ging es um die Zukunft Europas und die Stabilität der Demokratie:
http://maybritillner.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/maybrit-illner/2942124/24456544/f68bd0/Warum-noch-an-Europa-glauben-.html

In der Sendung griff Helmut "Smoky" Schmidt - der diesmal aber während der 60 Minuten tatsächlich nicht ein einziges Mal gequarzt hat - Kanzlerin Angela Merkel für ihr Verhalten in der Eurokrise erneut an. Dieses rief umgehend Freiheits-Achim auf den Plan, der die Kanzler-Darstellerin auch gleich unter seinen persönlichen Schutz stellte:
http://nachrichten.t-online.de/gauck-verteidigt-merkel-gegen-schmidt-attacken/id_59896642/index
Ich weiß nun aber nicht, ob sich eine derartige Parteinahme für eine bestimmte politische Persönlichkeit mit der überparteilich-neutralen Amtsführung eines Bundespräsidenten überhaupt vereinbart. Aber sei´s drum, dieser selbsternannte Freiheitskämpfer steht eh über allem und jedem.

Weiterhin räumte Gauck ein, dass es in der EU durchaus eine "Wohlstandsdelle" geben könne. Und jetzt kommt´s: Europa sei auch "im Falle einer gewissen Begrenzung der Freude am Leben ein lebenswerter Raum, wegen der Freiheit und wegen der Demokratie". Aha, die staatlich vorangetriebene Verarmung großer Bevölkerungsteile innerhalb der EU zwecks Rettung des Finanzkasinoismus stellt für die davon betroffenen Menschen nach Auffassung des Herrn BP lediglich eine "Wohlstandsdelle" mit einer damit einher gehenden "gewisse Begrenzung der Freude am Leben" dar. Gut, er selbst braucht sich ja um eine Begrenzung seiner eigenen Lebensfreude keinerlei Gedanken oder gar Sorgen zu machen, schließlich hat er als erfahrener Opportunist schon zu Wendezeiten frühzeitig aufs richtige Pferd gesetzt und aufgrund des dadurch erlangten Amtes und Würde bereits vor seiner Einsetzung ins Präsidentenamt bis an sein Lebensende finanziell ausgesorgt gehabt. Da lässt sich nun mal leicht anderen die klaglose Hinnahme einer "Begrenzung ihrer Lebensfreude" schmackhaft machen. Schließlich dürfen all diese nicht so stark  abgesicherten Menschen, wie er nun mal selbst einer ist, in (vermeintlicher) Freiheit und in einer (ebenso vermeintlichen) Demokratie hungern und unter Umständen auch verhungern. "Seid also endlich mal glücklich und zufrieden, denn Ihr verhungert doch in Freiheit!" Ein Zynismus, der wohl nur schwer zu toppen sein dürfte.

Überhaupt, das Wörtchen "Freiheit". So langsam nervt dieser inflationäre Missbrauch dieses Begriffs durch Sie, Herr Bundespräsident! Kriegen Sie denn nicht auch nur einen einzigen Satz hin, in dem dieses Wort mal nicht vorkommt? Ist das bei Ihnen sowas wie ein innerer Zwang? Oder wurde Ihnen irgendwann irgendwas implantiert, das Sie zu dieser übermäßigen Verwendung des Wortes "Freiheit" nötigt?
Ihr Verständnis von Freiheit ist aber sowieso ein gänzlich anderes als meines. Allerdings unterstelle ich mal, dass Sie mein persönliches Verständnis von Freiheit wohl eher nicht verstehen würden. Diese Freiheit nehme ich mir dann mal...

Donnerstag, 27. September 2012

Der stolze Herr S.

Herr S. von der SPD ist ein stolzer und selbstbewusster Mann. Er ist stolz darauf, was er in den vergangenen Jahren in und mit seiner Partei alles an großartigem für unser Land bewerkstelligt hat. Gut, er war dabei nicht gänzlich allein am Werk. Die einen oder anderen führenden Genossen, deren Nachnamen z.B. ebenfalls mit S oder auch mit G beginnen, haben ihn dabei dann schon durchaus tatkräftig und bereitwillig ermuntert sowie unterstützt. Aber das tut eh nichts weiter zur Sache.
Nun fordert der gute Herr S. seine Partei dazu auf, endlich ebenso stolz auf all das erreichte Großartige zu sein wie er und dieses durch stärkeres Selbstbewusstsein nach außen hin entsprechend darzustellen.

Schauen wir uns dann einfach mal an, worauf Herr S. denn nun eigentlich so richtig stolz ist und worauf seine Partei endlich genauso stolz sein soll:

- Auf die Herabwürdigung der Lebensleistung jahrzehntelang gearbeitet habender ArbeitnehmerInnen.

- Auf ein staatlich verordnetes Verarmungsprogramm für weite Teile der Bevölkerung.

- Für die Erleichterung und staatliche Förderung unternehmerischen Ausbeutertums.

- Auf die Installierung eines Systems, das immer mehr Menschen dazu zwingt, für ein nichtexistenzsicherndes Einkommen arbeiten zu müssen.

- Auf die Aberkennung jeglicher Menschenwürde, auch noch über den Tod hinaus, sowie die Einschränkung von Grundrechten für länger als ein Jahr Arbeitsuchende.

- Auf die Instrumentalisierung von Erniedrigung, Demütigung, Zwang und Schikane in den für die Arbeitsuchendenverwaltung zuständigen Einrichtungen.

- Auf ein immer weiter sinkendes Rentenniveau bei gleichzeitig immer weiter ansteigendem Renteneintrittsalter.

- Für drastisch gesunkene Staatseinnahmen dank großzügigster Steuergeschenke an Wirtschaft/Industrie und Vermögende.

- Auf die von ihm selbst energisch betriebene Deregulierung der Finanzmärkte sowie auf den Verzicht hinsichtlich entsprechender staatlicher Kontroll- und Aufsichtsmöglichkeiten durch den Staat, wodurch die Großbanken zu ihrer Umwandlung zu reinen Zockerbuden förmlich eingeladen wurden. Folge hiervon sind die hinlänglich bekannten sog. Finanz- und (Staats-)Schuldenkrisen.

Jau, Herr S., das sind wirklich Großtaten, auf die Sie sowie der/die eine oder andere Ihrer Glaubensbrüder und -schwestern innerhalb ihrer Partei wahrlich stolz sein können! Und ich glaube, Sie und besagte Mitgenossen und -innen sind tatsächlich felsenfest davon überzeugt, dass dieser ganze Murks eine herausragende Leistung und dazu noch "richtig und wichtig" gewesen sei. Dieser Stolz ist aller Voraussicht nach somit nicht nur zur Schau getragen, sondern wird zutiefst ehrlich von Ihnen und Ihrer Anhänger- und Unterstützerschaft auch so empfunden. In der Welt, in der Sie und ihre Gesinnungsfreunde leben, mag all das weiter oben angeführte wohl "richtig toll" erscheinen, aber die Lebenswirklichkeit der vielen von Ihren "Reformen" gebeutelten Menschen spricht da eine völlig andere Sprache. Aber mit der Lebenswirklichkeit der einfacheren Menschen darf man Ihnen als auch Ihren Sympathisanten sowieso nicht kommen. Sowas perlt an Ihrer Aalglattheit und persönlichen Eitelkeit ab wie das Wasser von einem Friesennerz.

Dieser Tage erschien der gute stolze Herr S. nun aber mit einem Konzeptpapier unter dem Arm auf der Bildfläche, mit dessen Inhalt er die eine oder andere seiner Glanzleistungen ein wenig zu korrigieren gedenkt. Natürlich nichts, was das Verarmungs- und Ausbeutungsprojekt "Agenda 2010" betrifft, iwo. Das hat Herr S. ja im Gegenteil erneut ausdrücklich in den Himmel gehoben.
Er möchte jedoch mit den in diesem Konzeptpapier zusammengeschrieben Vorschlägen die von ihm selbst mit entfesselten Finanzmärkte zumindest ein wenig "re-deregulieren". Er möchte also versuchen, die von ihm höchstselbst von der Leine gelassenen bissigen Kampfhunde wieder einzufangen, wenigstens ein bisschen jedenfalls.
Tja, was soll der wahlmündige Bürger nun davon halten? Ist das wirklich ernst gemeint? Oder ist dies wie auch der "Bürger-Dialog" seiner Partei lediglich nur ein wahlkampftaktisches Manöver? Soll der zukünftige Kanzlerkandidat S. dadurch dem Wahlvolk schmackhafter gemacht werden: "Schaut her, liebe Leute, ich bin der tollkühne Bankenbändiger!"? Sorry, Herr S., ich nehme Ihnen das alles nicht so ganz ab.

Herr S. weiß doch tief in seinem Inneren ganz genau, dass seine Partei nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr höchstens eine Chance hat, den Juniorpartner in einer großen Koalition unter alleiniger Führung der Großen Mutter zu spielen. Somit dürfte Ihm auch völlig klar sein, dass von seinen diesbezüglichen Vorschlägen, auch wenn sie noch so gut erscheinen und tatsächlich ehrlich gemeint sein mögen, so gut wie gar nichts auf die Regierungstagesordnung gelangen wird. Aber um des einen oder anderen unschlüssigen Wählers Stimmchen mehr für seine Partei zu erhaschen, was Herrn S. das erneute Platznehmen in einem weich gepolsterten Ministersessel ermöglichen dürfte, mag dieses Konzeptpapier durchaus nützlich ein. Nichts anderes als reines Wähler-Blendwerk also so wie seinerzeit die Legende vom Herrn S. als "Retter" während der Bankenkrise. Da hat es Herr S. ja ebenfalls sehr gut verstanden, sich selbst dank der quasi binnen 24 Stunden bereitgestellten vielen hundert Steuermilliarden für die in Not geratenen Banken vom Brandstifter zum Feuerwehrmann hochzustilisieren bzw. hochstilisieren zu lassen.
Außerdem - der stolze Herr S. hält ja sehr gern und oft bestens bezahlte Vorträge vor Vertretern der Finanzwirtschaft - minimum 7.000,- Euro Honorar pro Stück. Da wird er doch einen Teufel tun und sich diesen lukrativen Nebenerwerb nicht leichtsinnig durch etwaiges anpinkeln seiner Bankiersfreunde verscherzen. Schall, Rauch, heiße Luft, ein paar Scheingefechte mit führenden Bankern zwecks so tun als ob, simpler Stimmenfang - mehr steckt wohl dann doch nicht hinter diesem "Konzeptpapier zur Regulierung der Finanzmärkte" des stolzen Herrn S. ...

Mir wurden vor kurzem übrigens zwei Jugendfotos zugespielt, die Herrn S. im Alter von etwa 10 Jahren zeigen. Auf diesen Bildern ist er bereits eifrig bezüglich seiner schon in diesem zarten Alter ins Auge gefassten späteren Politikerkarriere am üben (Bild oben: Rede schreiben, Bild darunter:  Rede frei halten):




Mittwoch, 26. September 2012

Tod im Jobcenter Neuss

Heute früh gegen 9 Uhr ist es geschehen: Eine 32-jährige Mitarbeiterin des Jobcenters Neuss wurde von einem 52-jährigen "Kunden" durch 3 Messerstiche tödlich verletzt. http://nachrichten.t-online.de/messerattacke-auf-mitarbeiterin-in-neusser-jobcenter/id_59848390/index

Die Pressekonferenz der Polizei mit genaueren Details zu Tathergang und -hintergründen findet am morgigen Donnerstag statt. Somit kann vorerst auch nur darüber spekuliert werden, was diesen Mann zu seiner Tat getrieben haben mag. Um es gleich vorweg zu nehmen - nichts rechtfertigt eine Gewalttat gegenüber anderen Menschen, auch wenn die persönliche Situation des Täters noch so verzweifelt sein mag. Und auch fortwährende Schikane und Provokation "von Amts wegen" sind für mich kein Grund, derart die Kontrolle zu verlieren, auch nicht bei Menschen mit leicht erregbarerem Naturell. Die Tat als solche ist nun mal durch absolut nichts gut zu heißen. Mein Mitgefühl gilt auf jeden Fall den Angehörigen der getöteten Mitarbeiterin.

Dennoch sollte schon sehr genau hinterfragt werden, wieso dieser Mann eine solche Verzweiflungstat begangen hat. Da er die Tatwaffe bereits während des Besuchs beim Jobcenter bei sich trug dürfte er sie anscheinend von zuhause mit dorthin genommen haben. Ging er also bereits mit dem Vorsatz "Heute  passiert was!" zum Jobcenter oder war es eher eine Kurzschlusshandlung? Die Antwort auf diese Frage müsste aber sowieso vorerst rein spekulativ bleiben. Die Kernfrage lautet nun mal: Was trieb den Täter letztlich zu seiner Messerattacke? War es eine über einen längeren Zeitraum aufgestaute Wut auf das Jobcenter allgemein oder nur auf diese eine Mitarbeiterin? Litt er unter zu starkem Druck und/oder Schikanen seitens des Jobcenters bzw. der Mitarbeiterin, drohte ihm evtl. eine Leistungskürzung und falls ja warum?

Ich befürchte, wir werden durch unsere Medien die tatsächlichen Hintergründe niemals genau erfahren. Egal, was diesen Mann zu seiner Bluttat angestachelt haben mag, es wird wohl mal wieder in der Hauptsache auf das "Wer", auf das "Was" und auf das "Wie" eingegangen werden und nicht auf das eigentlich entscheidende "Warum". Seitens der Behördenleitung werden wir aller Voraussicht nach vernehmen, dass die Mitarbeiterin sich im persönlichen Umgang ihren "Kunden" gegenüber stets vollkommen korrekt verhalten habe und ihre Entscheidungen ausnahmslos im völligen Einklang mit den bestehenden Sozialgesetzen und Regelungen getroffen worden seien. Und falls die Mitarbeiterin sich entgegen der offiziellen Verlautbarung doch nicht ganz so korrekt verhalten haben sollte, dürfte dieser Sachverhalt wahrscheinlich eh unter dem Mäntelchen des Schweigens gehalten werden. Schließlich und endlich erfüllen auch die Mitarbeiter bei den ARGen und Jobcentern ja ebenfalls täglich nur treu und redlich ihre schwere Pflicht.

Eine zusätzlich interessante Frage ist: Wie wird die Reaktion aus Berlin auf diese Tat ausfallen? Bestürzung, Entsetzen, Mitgefühl mit den Hinterbliebenen - ok., das sowieso. Aber wird sich vielleicht sowohl der eine oder andere Agenda 2010-Architekt als auch der eine oder andere Befürworter mit dem Gedanken befassen, dass möglicherweise genau dieses "Jahrhundertwerk" mit all seinen Verarmungs-, Druck-, Zwangs- und Schikanepraktiken der eigentliche Auslöser für diese Mordtat gewesen sein könnte? Ich denke eher nicht, das würde schließlich die Feier- und Jubelstimmung eben dieser Architekten trüben, denn schließlich strotzen selbige nur so vor Stolz und Eigenlob hinsichtlich ihres "Meisterwerks" wie jüngst erst auf dem Zukunftskongress der SPD.

Zugestochen hat allein der Täter, das ist wohl wahr. Aber die Hand, die das Messer gehalten hat, wurde im Grunde genommen von den dafür eigentlich veranwortlichen Hintermännern und -frauen in Berlin geführt. Doch werden diese sich das selbst oder gar der Öffentlichkeit gegenüber mit weit mehr als 100-prozentiger Sicherheit niemals eingestehen...

Dienstag, 25. September 2012

Herbstgedanken 2012

Herbst - Zeit des Verblühens, des Verwelkens und des Vergehens. Sich verfärbende Blätter, die hernieder rieseln, um letztlich zu vermodern. Graue Tage mit grauen Himmeln, die graue Gedanken herauf beschwören. Mahnung der Natur, sich stets der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu sein. Der erste nächtliche Frost kündet vom sich unweigerlich nahenden Winter. Es wird kalt und kälter, Woche für Woche.

Herbst des Lebens - der Mensch verblüht und verwelkt ebenso wie die Blätter. Er ist eben doch nicht mehr als auch nur ein Blatt an seinem eigenen Lebensbaum. Und eines Tages fällt auch er von seinem Baum, um vor sich hin zu modern, bis kein Krümelchen mehr von ihm übrig ist.
Die Todesanzeigen in der Lokalzeitung mehren sich wieder deutlich sichtbar im Vergleich zu den Wochen und Monaten zuvor. Die Uhr tickt unaufhaltsam.

Herbst der Menschlichkeit - jeder gegen jeden, jeder nur für sich. Kein Miteinander, nur noch ein verbissenes Gegeneinander. Nach oben buckeln, nach unten treten. Kein Du und kein Wir mehr, nur noch ein einziges Ich, Ich, Ich. Kein Verständnis, keine Achtung, kein Mitgefühl für andere, für ihre Lebensumstände, für ihre Sorgen, Ängste und Nöte. Keine weiteren Werte mehr außer sichtbarem Besitz und so gut wie gar nicht mehr zählbarem Vermögen. Entschuldigung, Verzeihung, Vergebung? Weder wird darum gebeten noch wird sie anderen gewährt. Hass der Schwachen auf die Schwächsten schüren, sie und ihre wenigen Verteidiger verhöhnen und verspotten. Spalten, spalten und noch mal spalten. Erst mal von den Schwächsten nehmen, damit das eigene Konto noch schön weiter wachsen kann. Und wenn es bei den Schwächsten nichts mehr zu holen gibt kommen die Schwachen als nächste an die Reihe. Und danach die, die sich der "Mitte" zugehörig fühlen. Sie alle ahnen davon aber noch nichts, weil sie es einfach nicht ahnen wollen.

Herbst des Anstands, der Moral und der Ethik - friss selbst oder werde gefressen. Heuchelei, Scheinheiligkeit und Doppelmoral allerorten. Wer ganz viel hat muss noch sehr viel mehr bekommen, dann geht es am Ende allen gut. Egal, mit welch fragwürdigen Methoden auch immer Reichtum angehäuft wird - stelle dabei niemals das "Wie" infrage, sondern bewundere den Reichen einzig, allein und uneingeschränkt als den Reichen, der er im Gegensatz zu Dir Versager nun mal ist.
"Was geht mich der Hunger, das Elend anderer Leute an? Kann ich mit Anstand und Moral Geld machen? Nein! Was stört es mich demnach, wenn die Natur in 50 oder 100 Jahren irreparabel kaputt gewirtschaftet wurde? Dann lebe ich selbst doch gar nicht mehr. Das einzige was zählt ist mein stetiger Vermögenszuwachs im Hier und Jetzt. Dann müssen sich meine Nachkommen eben was einfallen lassen, wenn´s eng wird." Nach mir die Sintflut. Brot für die Welt, den Kaviar für mich.

Herbst der Demokratie - weltweit vielleicht ein paar hundert oder tausend Herren, ein paar Millionen willige Diener und Knechte und Milliarden von Sklaven. Feuchte Träume einer neuen Elite. Es reGIERt der entfesselte Markt samt seiner wenigen wahren Profiteure sowie die Utopie vom unendlichen Wachstum. Die Diktatur einer Allianz des großen Geldes allein bestimmt die Regeln für alle. Unbegrenzte Macht dieser Allianz, die sie freiwillig wohl nie mehr gedenken wird zurückzugeben. Entmachtete Regierungen und Parlamente, die ihrer eigenen Entmachtung begeistert zustimmen. Du, Bürger, lebst ab sofort in einer mit dem Begriff "marktkonforme Demokratie" getarnten Finanzwirtschaftsdiktatur. Füge  Dich dieser Tatsache klaglos, mach dabei entweder mit oder geh vor die Hunde.

Herbst 2012 - es verwelkt auch die Hoffnung...

Freitag, 21. September 2012

Gesammeltes zum Thema "Demokratie"

Am faulsten sind die Parlamente, die am stärksten besetzt sind. (Winston Churchill)

Das allgemeine Stimmrecht gab der Masse nicht das Recht zu entscheiden, sondern die Entscheidung der einen oder anderen Elite gutzuheißen. (José Ortega y Gasset)

Das allgemeine Wahlsystem in einem gleichgültigen Land läuft immer darauf hinaus, die Macht in die Hände deklassierter Schwätzer zu legen. (Hippolyte Taine)

Das Volk sollte jenen wählen, der offen zugibt, Fehler gemacht zu haben, und nicht denjenigen, der alle List darauf verwendet, begangene Fehler zu vertuschen. (Benedetto Croce)

Der Politiker, der ehemals lernen musste, wie man Königen schmeichelt, muss jetzt lernen, wie man die Phantasie der Wähler bezaubert, unterhält, bestrickt, beschwindelt, erschreckt oder sonst irgendwie verblüfft. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie ist ein Verfahren das garantiert, dass wir nicht besser regiert werden als wie wir es verdienen. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie setzt die Wahl durch die beschränkte Mehrheit an die Stelle der Ernennung durch die bestechliche Minderheit. (George Bernard Shaw)

Die Demokratie ist nichts anderes als das Niederprügeln des Volkes durch das Volk für das Volk. (Oscar Wilde)

Die Demokratie ist auch in Gefahr durch schweigende Untätigkeit der Mehrheit. (Wolfgang Thierse)

Die Verantwortlichen der Diktatur sind hartherzig, die der Demokratie harthörig. (Sigmund Graff)

Ein natürlicher Nachteil der Demokratie ist, dass sie jenen die Hände bindet, die es ernst mit ihr meinen. (Václav Havel)

Hundertprozentige Demokratie: Keiner ist so unbedeutend, dass er einem anderen nicht schaden kann. (Gabriel Laub)

Man ist gewöhnlich immer desto weniger republikanisch gesinnt, je höher der Rang ist, den man in der Welt einnimmt. (Georg Christoph Lichtenberg)

Unsere Demokratie verträgt es nicht, wenn immer mehr Menschen arbeitslos werden. (Oskar Lafontaine)

Was könnten die Politiker vor der nächsten Wahl noch versprechen, wenn sie, was sie vor der letzten versprachen, hielten? (N.N.)

Wir sollten wählen, um regiert zu werden. Heute werden wir regiert, um zu wählen. (Theodor Eschenburg)

Demokratie - Herrschaft des Volkes, das den von Minderheiten bestimmten Mehrheitsentscheidungen gehorcht. (Lothar Schmidt)

Demokratie - jene Staatsform, in der man sagt, was man will, und tut, was einem gesagt wird. (Gerald Barry)

Demokratie heißt nicht: Ich bin so gut wie du. Demokratie heißt: Du bist so gut wie ich. (Theodor Parker)

Die Demokratie ist soviel wert wie diejenigen, die in ihrem Namen sprechen. (Robert Schuman)

Die Erziehung zur Demokratie ist die Erziehung zur Würde, und das setzt beides untrennbar voraus: sowohl die Bereitschaft zum Kampf als auch die Freiheit vom Haß. (N.N.)

In der Demokratie geht die Herrschaft vom Volk aus, doch häufig kehrt sie nicht mehr zu ihm zurück. (Hellmut Walters)

Unter Demokratie verstehe ich, dass sie dem Schwächsten die gleichen Chancen einräumt wie dem Stärksten. (Mahatma Gandhi)


Donnerstag, 20. September 2012

Der "SPD Bürger-Dialog" - Fakt oder Fake?

Am kommenden Montag soll es unter dem Motto "Wir hören zu" also losgehen mit dem großartig vorangekündigten SPD Bürger-Dialog. Auf diversen Vor-Ort-Veranstaltungen, per Telefon oder E-Mail können sowohl SPD-Mitglieder als auch Nichtmitglieder in einer Art "Bürgerkonferenz" ihre Meinungen zur derzeitigen Parteipolitik äußern sowie eigene Lösungsvorschläge für die drängenden Probleme der Nation einreichen. Aus den "interessantesten" Vorschlägen sollen "konkrete Lösungen erarbeitet und als Bürgerprojekte ausformuliert" werden. Nach Überreichung dieser dann fertig ausformulierten "Bürgerprojekte" an das SPD-Führungspersonal sollen diese schlussendlich Eingang in das SPD-Regierungsprogramm 2013 finden:

http://www.spd.de/aktuelles/News/76502/20120919_bd_ankuendigung.html;jsessionid=47EBACD5E1FA5B62BC4D1061E9B538FE

Das liest sich zunächst einmal alles ganz vielversprechend. Doch bleiben wenigstens bei mir dann letztlich doch starke Zweifel, ob das Ganze denn tatsächlich so ernst gemeint ist wie es sich auf den ersten Blick liest. Bleibt es am Ende nur beim "zuhören"?  Oder werden die als "interessant" ausgewählten Bürgerwünsche und - vorschläge später getreu dem Motto "Schön, dass wir darüber gesprochen haben" abgehakt, so sie denn nicht den von der momentanen SPD-Spitze verfolgten neoliberalen Denkschemata entsprechen sollten? Ist das evtl. gar nur ein wahlkampftaktisches Manöver, um a) der eigenen Basis ein Gefühl von "Mit-Macht" zu suggerieren und b) um den noch unentschlossenen Wählerinnen und Wählern vorzugaukeln "Seht nur, liebe Leute, die altehrwüdige SPD ist die einzig wahre bürgernahe Volkspartei, die Euch und Eure Sorgen ernst nimmt!".
Wer entscheidet z.B. darüber, welche Bürgervorschläge denn nun "interessant" sind und unter welchen Kriterien wird diese Auswahl getroffen? Was ist, wenn eine große Mehrheit die Rücknahme der Sanktionspraxis beim Alg II einfordern sollte oder gar die vollständige Abwendung vom Agenda 2010-Kurs? Was ist, wenn die Masse der Vorschläge eine rigorose Eindämmung der Macht der Finanzwirtschaft beinhalten sollte? Was wäre mit Forderungen nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 12,50 Euro oder mehr? Was mit den Forderungen hinsichtlich eines Rückbaus des Niedriglohn-/Leih-und Zeitarbeitssektors? Nicht ein einziger dieser Punkte wäre doch mit dem derzeitigen Seeheimer-Führungspersonal aus "Reformern", Deregulierern/Privatisierern und Marktgläubigen überhaupt auch nur ansatzweise zu diskutieren. Derartige "Bürgerwünsche"  würden von dieser Seite her mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz schnell als "wirklichkeitsfremd", "sozialromantische Spinnereien" und "unrealisierbar" abgebürstet werden.

Auf dem nächsten SPD-Bundesparteitag werden mit Sicherheit sowieso genau die gleichen Brandstifter zu Feuerwehrleuten hochgejubelt wie bisher und der vermutliche Kanzlerkandidat wird ebenso sicher genau aus deren Mitte kommen. Da mag auf dem Parteitag unter Umständen über solche nicht auf Parteiführungslinie liegenden Bürgervorschläge durchaus diskutiert werden können dürfen, vielleicht sogar leidenschaftlich, aber am Ende wird es erneut heißen: "Die Partei muss in Wahlkampfzeiten von der Spitze angefangen bis runter zur Basis Geschlossenheit nach außen demonstrieren. Deshalb sagen wir sowohl unserem Kanzlerkandidaten als auch der Parteiführung sowie dem von diesen vertretenen Kurs unsere uneingeschränkte Unterstützung zu!" - großer Jubel der Delegierten und standing ovations für Kandidat und Führungspersonal samt der von diesen vertretenen politischen Linie.

Der größtmögliche SPD-Wahlerfolg dürfte aller Wahrscheinlichkeit ohnehin in einer Juniorpartnerschaft innerhalb einer großen Koalition mit CDU/CSU liegen. Daran erinnert man sich auch heute noch gewiss nur zu gern zurück: "Ach, wie war es ehedem, als Juniorpartner so bequem". So lässt sich wie seinerzeit gewohnt auch beim nächsten Mal bei - der eigenen Stammwählerschaft gegenüber - eher unpopulären Entscheidungen wunderschön auf den sturen unwilligen Koalitionspartner, gewisse Rücksichtnahmen und Sachzwänge sowie Alternativlosigkeiten verweisen. "Wir haben es uns wirklich nicht leicht gemacht, aber...", die berühmten "großen Bauchschmerzen", usw.
Ich kann es jedenfalls schon jetzt hören: "Das einbringen der in unser Regierungsprogamm mit aufgenommenen Bürgervorschläge in die Regierungsarbeit ist mit unserem derzeitigen Koalitionspartner leider nicht zu machen".

Erst wenn innerhalb der gesamten SPD wirklich und wahrhaftig eine Rückbesinnung zu tatsächlicher sozialdemokratischer Politik stattgefunden hat, wenn die SPD endlich wieder geschlossen in allererster Linie die Interessen aller ArbeitnehmerInnen und aller sozial Schwachen lautstark und tatkräftig vertritt (wozu eine Entmachtung der "Seeheimer" zwingend vonnöten sein wird), wenn dem "zuhören" also auch entsprechende Taten folgen, erst dann wird sie für mich wieder wählbar sein. Bis dieser aus heutiger Sicht eher unwahrscheinliche Fall eintritt verbuche ich die "Operation Bürger-Dialog" lediglich als Wahlkampfgetöse. Es gilt auch hierbei aus meiner Sicht "Vor der Wahl ist nun mal nicht nach der Wahl".
Ich ließe mich von der SPD zwar nur allzu gern eines Besseren belehren, aber es fehlt mir aufgrund der  hinlänglich bekannten Erfahrungen mit dieser Partei in den vergangenen Jahren irgendwie der rechte bzw. "linke" Glaube daran...

Freitag, 14. September 2012

Wutrede an die deutsche Arbeitnehmerschaft

Ich, der selbst der "Arbeiterklasse" entstammt, dieser immer zugehörig war und dessen Sympathien stets allen abhängig Beschäftigten galt, kündige Dir, deutsche Arbeitnehmerschaft, ab sofort die Freundschaft. Ich bin fertig mit Dir. Ich gehöre nicht mehr zu Euch Arbeitnehmern und Ihr nicht mehr zu mir. Ich sage mich von Euch los und fühle mich mit Euch nicht mehr solidarisch verbunden. Grund dafür sind die ekelerregenden Reaktionen aus Eurer Mitte in den Kommentarbereichen zu diesen Hetzartikeln gestern bei t-online und vorgestern bei bild.de:
http://wirtschaft.t-online.de/langzeitarbeitslose-sind-hartz-iv-empfaenger-wirklich-faul-/id_59513266/index
http://www.bild.de/news/inland/hartz-4/sozialhilfe-empfaengerin-kippt-wasserflaschen-aus-26167776.bild.html
Anscheinend soll mit diesen Berichten, so sie denn überhaupt den Tatsachen entsprechen und nicht "gefaked" sind, die breite Zustimmung der (noch) arbeitenden bzw. arbeiten dürfenden Bevölkerungsteile für zukünftige weitere drastische Einschnitte im sozialen Bereich zugunsten einer wohlhabenderen Minderheit sowie der Finanzdiktatur propagandistisch vorbereitet werden.
Und diese Propaganda ist  - wie "von oben" gewünscht - auch prompt auf fruchtbaren Boden gefallen, wie man den zahlreichen menschenverachtenden Kommentaren aus den Reihen unserer "fleißig und hart arbeitenden, ehrbaren und brav ihre Steuern zahlenden" ArbeitnehmerInnen entnehmen kann.

Da ist z.B. die Rede von "Ausrotten, diese ganzen Parasiten", "Wer nach maximal 3 Monaten noch keine neue Stelle gefunden hat: Einfach kein Geld mehr geben und verhungern lassen" und "Wer dieses Pack auch noch in Schutz nimmt ist sowieso nur linkes Geschmeiß, das umgehend an die Wand gestellt gehört". Ist es an sich schon unerhört, dass derartige Kommentare überhaupt freigegeben werden, so sind das noch weitaus schockierendere daran für mich die vielen erhobenen Daumen der Zustimmung zu den Parolen solcher Hassprediger. Selbst ein einziger erhobener Daumen wäre schließlich schon ein aufrecht gehaltener Daumen zuviel. Aber nein, endlich mal wieder aus der Anonymität heraus kräftig Dampf an sozial Schwächeren und - obwohl selbst nur ein armes kleines Würstchen - vermeintlich noch mindestens 3 Stufen unter einem selbst stehenden Menschen ablassen können, das macht so richtig Laune.

Dabei seid Ihr Daumenheber doch nichts anderes als Heuchler, Scheinheilige und Doppelmoralisten hoch drei. Ihr bezeichnet Euch nur zu gern selbst als sowas von fleißig und werdet nicht müde immer wieder herauszuposaunen, wie gern Ihr doch arbeitet. Aber wenn sich das Jahr dem Ende entgegen neigt, dann kramt Ihr flugs den Kalender für das nächste Jahr hervor und tüftelt aus, wie Ihr bei perfekter Nutzung der Feiertage möglichst viele freie Tage ohne dafür zusätzlichen Urlaub vergeuden zu müssen, herausschlagen könnt.

Ihr schwadroniert zudem bei bestimmten Themen gern von und über eine sog. christlich-abendländische Leitkultur, in welcher und mit deren Werten wir leben, aber christliche Werte wie Toleranz, Mitgefühl, Barmherzigkeit, Nächsten- und Feindesliebe, Vergebung und Großmut gehen Euch an Euren Ärschen vorbei. Übrigens, wenn man mal so ins Neue Testament blickt sieht es irgendwie so aus, als ob der Namensgeber Eurer Leitkultur selbst so was wie ein "Arbeitsscheuer" gewesen zu sein scheint. Aber das nur nebenbei.

Ihr seid selbstgerecht, egoistisch, boshaft und hinterhältig. Ihr seht stets den Splitter im Auge des anderen, aber nie den dicken Balken in Euren eigenen Augen, um ein Zitat Eures Leitkulturgebers zu verwenden.
Ihr seid kriecherisch, duckmäuserisch und obrigkeitshörig bis zum geht nicht mehr.
"Ich verdiene nur 6,50 Euro die Stunde und muss deshalb aufstocken. Trotzdem arbeite ich gern. Das hat für mich etwas mit Stolz und Würde zu tun und es gibt mir außerdem ein gutes Gefühl, wenn ich nicht zuhause rumsitze, sondern auch für nur wenig Geld arbeiten gehe!". Bitteschön, wem´s Spaß macht und wem es das Gefühl von Erhabenheit anderen gegenüber vermittelt, wenn er oder sie seine bzw. ihre Arbeitskraft und die damit verbundene unwiderbringlich verlorene Lebenszeit weit unter Wert verschleudert, nur zu. Lügt Euch nur weiter schön selbst in Eure Taschen, wenn Ihr daran glaubt, wenn Ihr Euch nur ausdauernd auch weiterhin brav für´n Appel und ´n Ei abstrampelt, dass Ihr dadurch  irgendwann auch mal nur ein winziges Sprößchen weiter nach oben auf der Erfolgsleiter gelangen könntet. Buckelt und kriecht weiter wie gehabt und tretet dabei schön kräftig nach unten - Eure Arbeitgeber freuen sich bestimmt sehr darüber. Und die Jammerlappen, die dauernd maulen, wie wenig sie doch verdienen würden - sollen sie doch endlich mal persönlich zu ihrem Chef gehen und eine faire Entlohnung für ihre Arbeitsleistung einfordern. Aber nein, dazu müsste man ja erst mal selbst den Arsch hochkriegen, so man denn überhaupt einen solchen in der Hose hat. Das aber verlangt Ihr nun mal stets nur von anderen und somit scheidet diese Variante für Euch sowieso von vornherein aus. Und - huch - wenn Ihr mehr Lohn verlangen würdet könntet Ihr ja vielleicht sogar entlassen werden. Nee, das geht ja nun gar nicht, denn Ihr wollt schließlich auch weiterhin "dazugehören". Denn selbst wer für einen auch noch so geringen Lohn schuftet gehört ja trotzdem immer noch irgendwie dazu und kann deshalb auch berechtigterweise auf alle "Sozialschmarotzer" eindreschen. Dieses Recht auf Schwachenbashing nimmt man sich doch nicht selbst.

Lest weiterhin Eure BILD, Gala, Bunte und evtl. sogar das eine oder andere Nachrichtenmagazin. Schaut weiter Tagesschau, Tagesthemen, heute-journal, RTL Aktuell usw. und fühlt Euch weiterhin durch diese "Qualitätsmedien" umfassend informiert. Macht Euch lieber weiter Gedanken, ob die deutsche Nationalelf während der WM-Quali wohl wieder zu ihrer anscheinend irgendwo irgendwie verloren gegangenen spielerischen Leichtigkeit zurückfinden wird und ob der Jogi Löw noch der richtige Bundestrainer ist. Fiebert weiterhin der Kürung des neuen "Supertalents" und des neuen "Superstars" entgegen, schaut weiter fasziniert C-Promis beim genußvollen Verzehr von Maden und sonstigem Gewürm sowie Känguruhhoden zu, macht Euch Euren Kopf darüber, was der Lanz in seiner ersten "Wetten, dass"-Sendung wohl für eine Figur machen wird und ergötzt Euch an den neuen Abenteuern der Geissens. So wird man nicht von solch unnötigem Krempel wie intensiverer und vielfältigerer Beschäftigung mit politisch-gesellschaftlichen Themen von den wirklich wichtigen Sachen - wie ein Stückchen oberhalb aufgeführt - abgelenkt. Und wenn andere für einen denken muss man praktischerweise auch nicht selbst nachdenken und sich eine wirkliche eigene Meinung bilden. Sowas ist für Euch hart arbeitende Steuerzahler aber nun wirklich sowas von unzumutbar!

Pocht weiter auf das Recht der Meinungsfreiheit für Euch und Eure "Helden", die ja nur unbequeme Wahrheiten aussprechen und beschimpft, beleidigt und bedroht dabei weiter diejenigen, die diese Meinung ums verrecken nicht teilen können oder wollen. Schimpft Menschen, die sich für eine sozial gerechtere Politik und Gesellschaft sowie für ein Mit- statt eines Gegeneinander einsetzen, weiter "unverbesserliche und unbelehrbare Sozialromantiker", "Linke Spinner" oder "kommunistisches Gesocks". Bleibt weiterhin treue Diener und Knechte Eurer ausbeuterischen Herren, sondert weiterhin Euer Gift und Euren Geifer auf diejenigen ab, die am wenigsten für Eure eigene Misere können. Stürzt Euch weiter begeistert auf alle, die Euch "von oben" zum Fraß vorgeworfen werden, damit Ihr auch zukünftig von den wahren Schuldigen ferngehalten werden könnt. Macht es Euch bequem in Eurer Welt der Selbstgerechtigkeit, Selbstherrlichkeit und Selbstverleugnung. Gut, manche von Euch wissen schon in ihrem tiefsten Inneren, wo die eigentlichen Verursacher ihrer Sorgen und Nöte und die tatsächlichen "Sozialschmarotzer" zu finden wären. Aber an die kommen sie halt nicht ran und da bleibt für den angestauten Frust und die damit einhergehenden Aggressionen nun mal leider nur eine Richtung übrig: Nach unten! Machen außerdem sowieso alle und man möchte schließlich kein Außenseiter sein.

Nein, liebe ehemalige Freunde aus der Arbeitnehmerschaft, seit den vergangenen zwei Tagen bin ich mit Euch durch. Ihr könnt mich jetzt gern beschimpfen, verhöhnen und beleidigen, das halte ich schon aus. Und wenn irgendwann eine von Euch in Euren Kommentaren immer stärker herbeigesehnte "deutschnationale" Partei (möglicherweise sogar unter der von Euch favorisierten Führung eines gewissen Thilo Sarrazin) ans Ruder gelangen sollte, dann dürft Ihr mich auch gern als "Volksschädling", "Volksverhetzer" oder "linkes Geschmeiß" an die Wand stellen. Ich verspreche Euch, ich werde mich bestimmt nicht dagegen wehren...


Mittwoch, 12. September 2012

Neue Wortschöpfung: Schuldbremse

Vielleicht wäre es sinnvoll, neben einer Schulden- auch eine Schuldbremse zu konstruieren und praktisch umzusetzen. Diese Schuldbremse wird dann - den aktuellen technologischen Möglichkeiten gemäß - entweder in die Verfassung oder direkt in die Köpfe der an den die Geschicke des Landes lenkenden und entscheidenden Stellen agierenden Personen eingebaut.

In die Verfassung könnte z.B. ein "Schuldbrems-Artikel" aufgenommen werden, der in etwa so lauten könnte:

Art. ... (1) "Die politisch Veranwortlichen haben ausschließlich das Wohl und die Interessen aller Bevölkerungsgruppen zu vertreten. Das einfließen lassen von Aspekten hinsichtlich möglicher persönlicher Vorteile als auch das Inbetrachtziehen von Vorteilen für die eigene Partei sowie die Rücksichtnahme auf persönliche Verbindungen, Verflechtungen, Verpflichtungen und Befindlichkeiten während eines politischen Entscheidungsfindungsprozesses ist strikt untersagt.

Art. ... (2) Sollten einzelne oder mehrere politische Entscheidungsträger das Wohl und die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung aus den Augen verlieren, so hat letztere die demokratische Verpflichtung, bei Feststellung dieses Sachverhalts den verantwortlichen Entscheidungsträgern durch das aussenden von eindeutigen Signalen des Missfallens Einhalt zu gebieten. Hierbei schließt Art. 20 (3) auch die Möglichkeit eines politischen Generalstreiks ausdrücklich mit ein.

Art. ... (3) Die Tatsache, ob ein oder mehrere politische Entscheidungsträger bei ihrer Entscheidungsfindung das Wohl und die Interessen der Bevölkerungsmehrheit unberücksichtigt gelassen haben, wird bei ausreichendem Verdacht mittels eines - durch ein mit entsprechenden Befugnissen ausgestattetes und parteilich unabhängiges Bürgergremium zu veranlassenden - Volksentscheids  festgestellt.

Art. ... (3) Sollten politische Entscheidungsträger die nach einem diesbezüglichen Volksentscheid getätigten entsprechenden Signale aus der Bevölkerungsmehrheit ignorieren, so gehen sie automatisch ohne Amtsenthebungsverfahren ihrer gesamten politischen Ämter und Würden sowie den daraus erfolgenden Versorgungsansprüchen verlustig. In besonders schweren Fällen wie Vorsatz können die politischen Entscheidungsträger für die durch Nichtberücksichtigung von Art. ... (1) hervorgerufenen volkswirtschaftlichen Schäden durch persönliche finanzielle Beteiligung an der Wiedergutmachung dieser Schäden als auch durch die Möglichkeit einer entsprechend strafrechtlich legitimierten Verurteilung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe zur Verantwortung gezogen werden."



Eine andere Variante wäre evtl. noch, politischem Führungspersonal bei Amts- bzw. Funktionsantritt für die Dauer der Amtszeit eine Art Chip in das Gehirn zu implantieren, der in der Lage ist, Gedankenspiele hinsichtlich persönlich oder parteipolitisch motivierter einseitiger Interessenvertretung frühzeitig zu erkennen und der nach dem erkennen solcher Gedankenspielereien mehr oder weniger starke elektrische Impulse ausstößt, die zu einer körperlichen und geistigen Totallähmung von bis zu 3 Tagen führen. Vielleicht wäre es aber auch möglich, solch eine Mini-Schuldbremse, eingefügt in ein modisch elegantes Armband, am Handgelenk zu tragen.

Mit dem Vorschlag einer derartigen "Schuldbremse" , gleich ob die aus Variante eins oder jene aus Variante zwei, möchte ich unseren Führungspolitikern wirklich nichts Böses! Ganz im Gegenteil - sie dient einzig und allein nur dem einzigen Zweck, sie vor der Schuld an der Verelendung großer Teile nicht nur unserer hierzulandigen, sondern der gesamten europäischen Bevölkerung sowie vor den daraus entstehenden möglichen unangenehmen Folgen, auch für sie selbst, zu bewahren. Dieses Hirngespinst meinerseits ist wirklich nur gaaaanz lieb gemeint, ehrlich!


Dienstag, 11. September 2012

Warum nur ist es so verdammt schwer zu sagen:

Du bist völlig anders als ich, trotzdem achte und respektiere ich Dich als das, was Du in erster Linie bist - ein Mensch wie ich auch.

Du siehst ganz anders aus als ich, dennoch weiß ich, dass auch Du genau so ein Mensch bist wie ich.

Du glaubst an jemand anderen oder etwas anderes als ich, doch ich akzeptiere Deinen Glauben.

Du denkst komplett entgegengesetzt als ich, doch ich gestehe Dir Deine Gedankenfreiheit uneingeschränkt zu.

Du hast Fehler und Schwächen, die mich nerven, aber auch ich bin schließlich nicht ohne Fehl und Tadel.

Du hast körper- und/oder gesichtsspezifische "Auffälligkeiten", doch dafür kannst Du selbst nichts und deshalb mokiere ich mich auch nicht darüber.

Du bist nicht mehr ganz so jung und da ich weiß, dass es auch mir einmal so gehen wird, rege ich mich über Deine damit einhergehende zunehmende geistige und körperliche Langsamkeit sowie Deine "Schrullen" auch nicht weiter auf.

Du bist noch jung, aber das war ich auch einmal. Von daher hege ich Verständnis für Deinen jugendlichen Ungestüm, Deine Neigung zu etwas lautstärkerem Gebaren und Deine Lebensunerfahrenheit.

Du vertrittst eine andere Meinung als ich, die ich persönlich nicht teile, dennoch wird sie von mir zumindest respektiert.

Du kannst nicht das, was ich kann, dafür kannst Du jedoch andere Dinge, die wiederum ich nicht kann.

Du verhältst Dich völlig anders als die meisten anderen und somit auch als ich, doch ich möchte zumindest versuchen zu verstehen, wieso Du das machst.

Vieles von dem, was Du sagst und was Du tust, verstehe ich einfach nicht. Ich möchte jedoch versuchen, Deine dahinter stehende Motivation und die (Hinter-) Gründe dafür zu erkennen, um sie wenigstens teilweise nachvollziehen zu können.

Du bevorzugst eine vollkommen andere Lebensweise als ich, aber es ist Deine freie Entscheidung, so zu leben und diese Entscheidung wird von mir respektiert.

Du hast andere Neigungen und Vorlieben als ich, doch ich erkenne sie als natürlich gegeben an.

Du hast viel weniger als ich, trotzdem erkenne ich Dich als gleichberechtigt an und möchte Dich an meinem Überfluss teilhaben lassen.

Du hast viel mehr als ich, aber ich gönne Dir dieses "mehr", auch wenn ich die Art und Weise, wie Du zu diesem "mehr" gekommen bist, nicht immer gutheiße und versuche, gegen Deine speziellen Bereicherungsmethoden anzukämpfen.

Du hast weniger Glück gehabt als ich, was Deine Herkunft und Deine Zukunftschancen angeht, dennoch fühle ich mich Dir gegenüber nicht erhaben und überlegen.

Ich hatte weniger Glück mit meiner Herkunft und meinen Zukunftschancen als Du, trotzdem fühle ich mich Dir gegenüber nicht minderwertig und unterlegen.

Ich weiß, dass uns Menschen nur eine relativ begrenzte Lebenszeit gewährt ist. Versuche ich einfach, mir diese Zeit gemeinsam mit all meinen "Lebensgenossen" so harmonisch und friedlich wie nur irgend möglich zu gestalten.



Am Ende bleiben noch zwei weitere Fragen, und zwar die wichtigsten:

Wieso fällt es noch viel schwerer, das alles nicht nur zu sagen, sondern jeden Tag aufs Neue immer wieder auch praktisch (vor) zu leben?

Und wieso fällt es auch mir trotz intensiver Anstrengungen weiterhin so verdammt schwer, das zuvor geschriebene genau so zu sagen und vor allem auch tatsächlich leben zu können?

Vermutlich ist die Antwort darauf eine ganz einfache: Weil auch ich in der Hauptsache nur eines bin - ein Mensch...

Montag, 10. September 2012

Wer lang genug arbeitet kommt auch nicht auf dumme Gedanken

Die Deutsche Hospiz Stiftung warnt anlässlich des heutigen Welt-Suizid-Präventionstages vor einer Zunahme der Suizidrate bei Menschen über 60 Jahren. Die Ursachen hierfür lägen in Depressionen, Angst vor Abhängigkeit sowie in Vereinsamung und Erkrankungen begründet. Der Stiftungsvorsitzende Eugen Brysch mahnte aus diesem Grund ein Pflegesystem an, in dem die Menschen sich aufgehoben fühlen würden (Quelle: t-online.de http://nachrichten.t-online.de/hospiz-stiftung-warnt-vor-selbstmordgefahr-im-alter/id_59394400/index#FSPHPDIVcommentsArttpl1).

Dabei arbeitet unser staatliches Führungspersonal doch bereits seit einiger Zeit intensiv an einem Pflegesystem, welches die alten Menschen umfassend betreuen wird: Eine stufenweise stetige weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters bei gleichzeitiger Absenkung der hierbei zu erwerbenden Rentenansprüche!
So wird hierdurch zukünftig z.B. aufgrund der Tatsache, dass ältere Menschen immer länger arbeiten müssen - sei es von Staats wegen oder weil die Rente nach dem Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters zum weiter- oder überleben schlicht nicht ausreicht - schon mal einer Vereinsamung vorgebeugt. Wer täglich mehrere Stunden unter Arbeitskollegen weilt ist nun mal unter Menschen, und wer unter Menschen ist kann schließlich nicht vereinsamen, Punkt.
Zudem werden die alten Menschen weiterhin hoch motiviert sein, da sie sich auch mit 75 oder 80 Jahren noch gebraucht fühlen werden (Vorbeugung von Depressionen, Erhalt der Unabhängigkeit).
Aus Angst, ihren zwingend benötigten Haupt- oder Nebenjob zu verlieren, werden die Alt-ArbeitnehmerInnen mögliche Krankheitssymptome ignorieren und die eigentlich erforderlichen Arztbesuche sowie die nötigen Behandlungen ihrer Erkrankungen weitestgehend vermeiden. Dadurch wird a-tens der Gesellschaft das Bild einer vor lauter Gesundheit und Kraft nur so strotzenden Seniorengeneration vermittelt und b-tens das Gesundheitssystem spürbar noch weiter entlastet.
Positiver zusätzlicher Nebeneffekt: Der gesellschaftliche Frieden bleibt ebenfalls gewahrt, da die Jungen nun nicht mehr lauthals behaupten können, die Alten würden sich von ihnen durchfüttern lassen und sich auf ihre Kosten ein angenehmes Leben gönnen.
Sollte wider Erwarten die Suizidrate in der Gruppe der über 60-jährigen trotz dieses perfekten Pflegesystems dann doch nicht relevant zurückgehen, so liegt das hauptsächlich an der mangelnden Bereitschaft dieser Menschen, endlich mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Sie wurden halt vom Staat schlicht und einfach jahrzehntelang zu sehr verhätschelt.

Da es allerdings auch weiterhin durchaus noch ältere Menschen geben dürfte, die tatsächlich an schwereren und/oder chronischen Erkrankungen sowie stärkeren körperlichen Beeinträchtigungen leiden, muss der privaten Alters- und Gesundheitsvorsorge zwingend eine noch stärkere Bedeutung wie bisher zukommen. Vor allem bei den einkommens- und vermögensschwächeren Angehörigen dieser Gruppe der "Nichts-mehr-leisten-Könner" würde dieses Problem in der Folge somit durch einen entsprechend energisch vorangetriebenen Umbau der bisherigen Alters- und Gesundheitssicherungssysteme sauber und diskret auf biologischem Wege gelöst werden können.

Ich fürchte dann mal, wir Alte von morgen dürften in Bälde ganz schön alt aussehen...


Freitag, 7. September 2012

Zustandsbericht

Entgegen der gestrigen Ankündigung melde ich mich doch schon heute zu Wort, das aber nicht allzu lang.
Ähem, statt zu Wort melde ich mich jedoch heute besser zu Schrift, denn mit dem zu Wort melden ist das derzeit wortwörtlich so eine Sache für sich. Das sprechen klingt bei mir nämlich momentan irgendwie stark nach Wolfgang Fierek mit 3,8 Promille, nur mit ohne bayerischen Einschlag.

Mein momentanes weiteres Befinden lässt sich im Grunde genommen in zwei Worten zusammenfassen: Meine Fresse...
Der Eingriff selbst ist ohne Komplikationen verlaufen, außer das der von mir als solcher vermutete Anästhesist sich als Anästhesistin entpuppte. Und weil ich eh gerade komplett "abgeschossen" war, wurde bei der Gelegenheit gleich eine weitere Zyste am gegenüberliegenden Unterkieferknochen mit entfernt sowie zwei zusätzliche Zähne im Backenbereich mit rausgerupft. Sobald ich wieder eine Zahnbürste benutzen darf wird diese somit zukünftig und entgegen der alten Gewohnheit in jenem Bereich folglich ins Leere greifen. Das Wiedererwachen aus dem Tiefschlaf ging dann ratzfatz über die Bühne und erstaunlicherweise fühlte ich mich körperlich überhaupt nicht schlapp oder sonstwie körperkräftemäßig beeinträchtigt; halt nur ein klein wenig duselig im Kopf. Und das ist bis zu diesem Augenblick zum Glück beides auch so geblieben. Tja, echtes Unkraut vergeht wohl wirklich nicht...

Optisch bin ich derzeit allerdings nicht unbedingt der Bringer: 2 Kühlkissen, eins an der linken und eins an der rechten Backe, mit einem Witwe-Bolte-mäßig auf dem Kopf zusammengebunden Tuch fest an die Backen angedrückt. Ohne Witwe-Bolte-Kopfbedeckung sind im Wangen- und Backengebiet sehr schön deutliche Schwellungen zu sehen. Weiter unten ab Oberlippe abwärts ist dagegen aufgrund des gestern während des an mir heurmklempnerns wie eine Wäscheleine nach oben abgestützten und darum derzeit noch "tauben" Unterlippennervs ein stärkerer "Durchhänger" wunderbar zu erkennen. Ohne Witwe-Bolte-Kostümierung sieht mein Gesichtsbereich so ab Nasenrücken abwärts betrachtet nunmehr aus wie eine Kreuzung aus Vera Int-Veen (Wangen) und Angela Merkel (Mundbereich), nur mit Bart. Also ich jetzt, nicht eine der oder beide Damen. Aber ich denke mal, das geht bald wieder vorüber - hoffentlich!

Viel schlimmer als optische und sprachliche Problemchen treffen mich die Verhaltensempfehlungen nach dem Eingriff. Von der Kühlerei und dem Antibiotika und Schmerzmittelchen schlucken mal ganz abgesehen - da gibt es so zwei ganz andere Dinge, die mir übelst aufstoßen: So darf ich die nächsten 6 Wochen lang (!) nur Weichspeisen zu mir nehmen. Und es kommt noch schlimmer: Rauchverbot für heute sowie die 2 Folgetage! Nun schmachte ich in dieser Hinsicht ja seit  bereits nunmehr 26 Stunden bei vollem Bewusstsein - bis auf die mir irgendwie fehlenden 4 Stunden von gestern nachmittag - vor mich hin, aber so langsam aber sicher pressiert´s echt damit.  Ich werde dann gleich mal einen entsprechenden Test durchführen - nur ein kleiner Zug, nur mal so zum probieren und zum ausloten, wie es mir danach so geht. Entweder ist hinterher auch weiterhin alles im grünen Bereich oder aber es wird aufgrund dann wohl doch maßloser Überschätzung der eigenen Körperkräfte nach dem ersten Zigarillozug zappenduster....oder nach dem zweiten...oder dem dritten.

Wie auch immer, herzlichen Dank an alle für die guten Wünsche gestern! Ich bin dann jetzt mal eben vor der Tür; das könnte u.U. auch etwas länger dauern...



Zustandsbericht

Entgegen der gestrigen Ankündigung melde ich mich doch schon heute zu Wort, das aber nicht allzu lang.
Ähem, statt zu Wort melde ich mich jedoch heute besser zu Schrift, denn mit dem zu Wort melden ist das derzeit wortwörtlich so eine Sache für sich. Das sprechen klingt bei mir nämlich momentan irgendwie stark nach Wolfgang Fierek mit 3,8 Promille, nur mit ohne bayerischen Einschlag.

Mein momentanes weiteres Befinden lässt sich im Grunde genommen in zwei Worten zusammenfassen: Meine Fresse...
Der Eingriff selbst ist ohne Komplikationen verlaufen, außer das der von mir als solcher vermutete Anästhesist sich als Anästhesistin entpuppte. Und weil ich eh gerade komplett "abgeschossen" war, wurde bei der Gelegenheit gleich eine weitere Zyste am gegenüberliegenden Unterkieferknochen mit entfernt sowie zwei zusätzliche Zähne im Backenbereich mit rausgerupft. Sobald ich wieder eine Zahnbürste benutzen darf wird diese somit zukünftig und entgegen der alten Gewohnheit in jenem Bereich folglich ins Leere greifen. Das Wiedererwachen aus dem Tiefschlaf ging dann ratzfatz über die Bühne und erstaunlicherweise fühlte ich mich körperlich überhaupt nicht schlapp oder sonstwie körperkräftemäßig beeinträchtigt; halt nur ein klein wenig duselig im Kopf. Und das ist bis zu diesem Augenblick zum Glück beides auch so geblieben. Tja, echtes Unkraut vergeht wohl wirklich nicht...

Optisch bin ich derzeit allerdings nicht unbedingt der Bringer: 2 Kühlkissen, eins an der linken und eins an der rechten Backe, mit einem Witwe-Bolte-mäßig auf dem Kopf zusammengebunden Tuch fest an die Backen angedrückt. Ohne Witwe-Bolte-Kopfbedeckung sind im Wangen- und Backengebiet sehr schön deutliche Schwellungen zu sehen. Weiter unten ab Oberlippe abwärts ist dagegen aufgrund des gestern während des an mir heurmklempnerns wie eine Wäscheleine nach oben abgestützten und darum derzeit noch "tauben" Unterlippennervs ein stärkerer "Durchhänger" wunderbar zu erkennen. Ohne Witwe-Bolte-Kostümierung sieht mein Gesichtsbereich so ab Nasenrücken abwärts betrachtet nunmehr aus wie eine Kreuzung aus Vera Int-Veen (Wangen) und Angela Merkel (Mundbereich), nur mit Bart. Also ich jetzt, nicht eine der oder beide Damen. Aber ich denke mal, das geht bald wieder vorüber - hoffentlich!

Viel schlimmer als optische und sprachliche Problemchen treffen mich die Verhaltensempfehlungen nach dem Eingriff. Von der Kühlerei und dem Antibiotika und Schmerzmittelchen schlucken mal ganz abgesehen - da gibt es so zwei ganz andere Dinge, die mir übelst aufstoßen: So darf ich die nächsten 6 Wochen lang (!) nur Weichspeisen zu mir nehmen. Und es kommt noch schlimmer: Rauchverbot für heute sowie die 2 Folgetage! Nun schmachte ich in dieser Hinsicht ja seit  bereits nunmehr 26 Stunden bei vollem Bewusstsein - bis auf die mir irgendwie fehlenden 4 Stunden von gestern nachmittag - vor mich hin, aber so langsam aber sicher pressiert´s echt damit.  Ich werde dann gleich mal einen entsprechenden Test durchführen - nur ein kleiner Zug, nur mal so zum probieren und zum ausloten, wie es mir danach so geht. Entweder ist hinterher auch weiterhin alles im grünen Bereich oder aber es wird aufgrund dann wohl doch maßloser Überschätzung der eigenen Körperkräfte nach dem ersten Zigarillozug zappenduster....oder nach dem zweiten...oder dem dritten.

Wie auch immer, herzlichen Dank an alle für die guten Wünsche gestern! Ich bin dann jetzt mal eben vor der Tür; das könnte u.U. auch etwas länger dauern...



Donnerstag, 6. September 2012

Ich bin dann mal außer Betrieb

Heute ist mein "großer Tag": Um die Mittagszeit herum werden mir 3 Weisheitszähne sowie eine Zyste im Unterkieferknochen, die diesen genüsslich aushöhlt, operativ entfernt (veranschlagte OP-Dauer dafür ca. 4 Stunden). Das für mich persönlich Schlimmste daran ist allerdings, dass ich ab 6 Stunden vor meiner "Einschläferung" und während der 24 Stunden nach meinem Wiedererwachen nicht rauchen darf - wie ich das überleben soll erscheint mir momentan noch äußerst ungewiss.
Da im Vorgespräch bereits angedeutet wurde, dass ich von dieser Aktion auch nach deren erfolgreicher Beendigung noch einige Tage lang was haben werde, dürfte ich vorläufig sowohl stärkeren Denk- als auch Schreibbeeinträchtigungen unterliegen.

Deshalb werden hier an diesem Ort zumindest in den nächsten 3 oder 4 Tagen keine schriftlichen Ein- und Ausfälle meinerseits zu finden sein. Falls der Anästhesist jedoch einen schlechten Tag erwischt haben sollte würde sich diese Schweigsamkeit entsprechend verlängern, evtl. auch dauerhaft. Aber davon gehen wir einfach mal nicht aus und somit hoffe ich, dass ich am Montag wieder "blogfähig" sein werde.
Ich bitte hierfür um allgemeines Verständnis!

Vielen Dank und allen noch eine gute Restwoche!

Mittwoch, 5. September 2012

Wenn du reden könntest, alter Lindenbaum...Teil 4

Während Herzog Julius´ Regierungszeit erlebte der Oberharzer Erzbergbau seine höchste Blüte. Die mittlerweile entstandenen Nachbarbergstädte wuchsen in der Folge flächen- als auch bevölkerungsmäßig stetig an, nur der Bergstadt Wildemann waren durch das enge Tal der Innerste in dieser Hinsicht natürliche Grenzen gesetzt. Und so blieb sie bis heute die kleinste unter den Oberharzer Bergstädten.
Die Gruben warfen ergiebige Ausbeute ab und es wurden auf Veranlassung des Herzogs bedeutende Neuerungen und Verbesserungen sowohl im bergbaulichen als auch im verhüttungstechnischen Bereich eingeführt. Unsere Linde dürfte wohl das unaufhörliche Hämmern der Pochstempel des damals ca. 200m von ihr entfernt stehenden Pochwerks gut gehört haben. Und vielleicht ist ja auch der beißende Rauch der Schmelzhütte vom dem Pochwerk entgegengesetzt gelegenen Ende der Stadt bis zu ihr vorgedrungen. 

Gleich schräg hinter der Linde am Hang des Badstubenberges erfolgte 1570 die Wiederaufnahme eines der bedeutendsten Stollenbauten des Oberharzer Bergbaus: Der 1551 begonnene, zwischendurch jedoch abgebrochene Vortrieb des "Oberen Wildemanns-Stollen", nun nach der herzoglichen Gemahlin  "Getroster-Hedwigs-Stollen" benamt und heute unter dem Namen "19-Lachter-Stollen" bekannt. In den folgenden 120 Jahren wurde er von den Bergleuten mit Schlägel und Eisen im liegen, knien, hocken, bücken und stehen auf eine Gesamtlänge von 8.800m bis hinter Clausthal vorangetrieben. Wenn man bedenkt, dass sich ein einzelner Bergmann mit dem damaligen Werkzeug in einem ganzen Jahr gerade mal 30cm durch das Gestein voran "klopfen" konnte, kann man die dahinterstehenden Leistungen bei allen Stollenbauten erst so richtig ermessen  http://www.19-lachter-stollen.de/19-Lachter-Stollen-Wildemann.html .

Doch trotz des reichen Bergsegens und aller mühsam erbrachten menschlichen Leistungen - vermögende Einwohner sind nur sehr wenige an unserem Lindenbaum vorbei gegangen. Für ihre Plackerei erhielten die Berg- und Hüttenleute auch nach heutigen Verhältnissen über alle Zeiten hinweg einen vergleichsweise kümmerlichen Lohn und das blieb auch so bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein. Und auch die "Holzhauer" und kleinen Handwerker im Ort konnten wahrlich keine Reichtümer durch ihre emsigen Tätigkeiten anhäufen. Richtig verdient am Bergbau haben neben den jeweiligen Landesherren eben hauptsächlich die sog. Gewerken - heute würde man sie Anteilseigner, stille Teilhaber oder Investoren nennen. Und so mussten auch Kinder ihren Beitrag zum Familieneinkommen der einfachen Leute leisten: Jungs vom 10. bis 14. Lebensjahr mussten als Pochjungen (außerhalb des Oberharzes auch als "Scheidejungen" bekannt) in den Pochwerken in 12-Stunden-Schichten für einen Pfenniglohn an der "Klaubbank" stehen und das Erz aus dem tauben Gestein "herausklauben", bis sie mit 14 Jahren nach ihrer Konfirmation "reif" genug für den eigentlichen Bergmannsberuf waren. Dies war im Oberharz bis ins frühe 20.Jahrhundert hinein so üblich, denn auch mein Großvater mütterlicherseits hat ab 1914 noch selbst als Pochjunge an so einer Klaubbank gestanden. Nebenbei angemerkt: Wenn ein Junge aus irgendwelchen Gründen von seinem Pastor nicht zur Konfirmation zugelassen wurde, so blieb ihm dadurch der Zugang zum Bergmannsberuf versagt.
Da die Bergleute zumeist mit ca. 40 Jahren bereits fast vollständig "verbraucht" und von daher körperlich nicht mehr zu der harten und schweren Grubenarbeit fähig waren, wurden sie bis zu ihrer völligen "Nichtmehrverwendbarkeit" als sog. Gnadenlöhner wieder an die Klaubbank gestellt und so schloss sich ein bergmännischer (Lebens-)Kreis über die Jahrhunderte hinweg fast immer auf diese Weise.

Das raue Oberharzer Klima hat unserer Linde nichts anhaben können. Ob eisige Kälte, Unmengen von Schnee, längere Dürreperioden, Hochwasser der Innerste - sie blieb bis heute fest an ihrem Platz verwurzelt. Die Eiseskälte 1569 - 4 Wochen nach Ostern! -, bei der die Ziegen und Kühe auf den Bergweiden reihenweise erfroren sind, hat sie jedenfalls genauso gut überstanden wie das starke Innerste-Hochwasser im Juli 1572, bei dem bis auf eine sämtliche Brücken über den Fluss weggerissen wurden. Hierbei mag sie aber wohl durchaus "nasse Füße" bekommen haben. Überhaupt die Innerste - immer wieder holte sie sich im Lauf der Jahrhunderte ihre Opfer. So ertrank z.B. am 21.06.1579 eine Elisa Müller in ihren Fluten und nur 6 Tage später wurde ein gewisser Toffel Müller von ihren Wassern mitgerissen.
Vielleicht geschah es ja auch in der näheren Umgebung der Linde, als ein Pochjunge im November 1573 bei erneut starker Kälte vor der Tür des Hauses seines Großvaters erfror, weil dieser das verzweifelte klopfen und rufen seines Enkels nicht gehört hatte.
Und auch Seuchen wie das "große Sterben" (vermutlich eine Pestepidemie) im Jahr 1577 haben weder dem Lindenbaum noch der Bevölkerung den Garaus machen können.

Aus den Erfahrungen mit den Überfällen der Goslarer Bürger sowie der Söldner des Grafen von Mansfeld heraus wurde die männliche Bevölkerung um 1571 herum als "Fahnenknechte" in verschiedene Rotten eingeteilt, die  - als Keimzelle der später so benannten Schützenbrüderschaft - mit je nachdem ein oder zwei "Rohren" pro Mann sowie mit Spießen und Äxten bewaffnet die Verteidigung der kleinen Stadt in unsicheren Zeiten gewährleisten sollten. Möglicherweise wurde das von den Wildemanner "Fahnenknechten" am Ostermontag 1575 in der Umgebung gefangen genommene Mitglied der Bande des Straßenräubers Hackenberg, Hans Gruel, bis zu seiner Überstellung nach Osterode ja in der der Linde direkt gegenüber liegenden "Fronveste" eingesperrt.

Der 1572 nach Wildemann gekommene Pastor Hardanus Hake, der als Verfasser der hier entstandenen "Bergchronik" eine gewisse Insider-Berühmtheit erlangt hat (Beschreibung und Geschichte des Goslarer Bergbaus am Rammelsberg sowie des Oberharzer Bergbaus vom frühen Mittelalter bis in seine Zeit hinein), wird wohl so manches Mal auf seinem Weg vom Pfarrhaus hinauf zur Kirche und wieder zurück an dem Lindenbaum vorbei gegangen sein.
1580 wurde direkt hinter der Linde das erste Rathaus, natürlich mit Schankwirtschaft, errichtet. Aber "ruhiger" ist die Einwohnerschaft trotz mehr "Zivilisation" als in den Gründungsjahrzehnten davor nicht wirklich geworden. Im selben Jahr z.B. wird Caspar Leffler von einem mit ihm im Streit liegenden Einwohner - dessen Name uns jedoch nicht überliefert wurde -, nachdem dieser wutentbrannt von seinem Pferd gesprungen war, erstochen. Über den Täter wird kurz darauf das "peinliche Halsgericht" gehalten.

Die Jahrzehnte nach Herzog Julius´ Tod im Jahr 1589 verliefen relativ ruhig. Julius´ Sohn Heinrich Julius bemächtigte sich zwar in einer Art Handstreich der im direkt angrenzenden grubenhagischen Teil des Oberharzes gelegenen Bergstädte Clausthal und St. Andreasberg sowie des in jenen Tagen lediglich als kleiner Bergflecken bestehende noch relativ junge Altenau, aber um die eigentlichen bergbaulichen Angelegenheiten kümmerte er sich in der Folge persönlich immer weniger. Dies überließ er seinem Kanzler sowie seinen fürstlichen Räten. Im Laufe der Jahre sank die Ausbeute der Gruben nach und nach, die Kosten für immer tiefer anzulegende Schächte und den damit verbundenen verstärkten technischen Aufwand führten vermehrt zu steigenden Kosten und eine extreme Trockenheit sorgte für einen fast vollständigen Stillstand der Grubenbetriebe mangels ausreichend Wasser für den Betrieb der mit Wasserkraft betriebenen Förderanlagen. So standen 1599 gerade mal noch 5 aller seinerzeit im Oberharz bestehenden Gruben in Ausbeute. Doch irgendwie wurschtelten sich die Oberharzer Bewohner auch durch diese schwierigen Zeiten hindurch.

Als 1618 der Dreißigjährige Krieg ausbrach blieb der Oberharz in dessen ersten Jahren von diesem "nationalen Großerereignis" noch relativ verschont. Wegen der Missernten im Harzvorland in den Jahren 1621 bis 1624 setzte jedoch im weiteren Verlauf eine große Teuerung für Lebensmittel und Kleidung in den Oberharzer Bergstädten ein, was aufgrund der kärglichen Einkommen der Mehrheit ihrer Bewohner zu einer regelrechten Hungersnot führte. Das Schlimmste konnte jedoch verhindert werden, als die herzoglichen Domänen Korn zu günstigeren Preisen an die Einwohner verkauften.
Durch Kriegsflüchtlinge und herumziehende Söldnergruppen wurde zu Anfang des Jahres 1626 jedoch erneut die Pest in den Oberharz eingeschleppt, durch welche zahlreiche noch immer hungergeschwächte Bewohner dahin gerafft wurden.
Am 22.März fällt zu allem Überfluss auch noch eine Abteilung von mehreren hundert Mann des kaiserlichen Feldherrn Johann t´Serclaes Graf von Tilly in die Bergstadt Wildemann ein http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_t%E2%80%99Serclaes_von_Tilly .
Ein Musikant, der vom Kirchturm aus in den Ort hinein Alarm blies, wurde von dort oben herunter geschossen. Dieses und auch das nachfolgende Gemetzel mittels "Feuer und Schwert" unter den vielen Mitgliedern der Einwohnerschaft, die nicht mehr rechtzeitig in die Wälder hat fliehen können, sowie die Plünderung sämtlicher Häuser durch die "Kaiserlichen" konnte unsere Linde wohl nur allzu gut von ihrem Standort aus verfolgen. Sie mag dabei wohl nur verständnislos ihre Äste und Zweige geschüttelt haben, als sie an diesem Tag erneut sehen musste, was Menschen anderen Menschen alles antun können. Und nur sie würde uns heute genau sagen können, ob die Kirche von den Tilly´schen Scharen nun tatsächlich vollständig niedergebrannt wurde oder ob sie nur mehr oder minder schwere Beschädigungen davon getragen hat. Die einen Chronisten behaupten halt dies und die anderen hingegen jenes. Und ob an ihrem Stamm in den weiteren Kriegsjahren hin und wieder Mitglieder der berüchtigten "Harzschützen" (eine Art frühe Guerilla) auf ihren Streifzügen vorbeigezogen sind, das würde uns wohl ebenfalls nur sie als einzige noch verbliebene Augenzeugin berichten können http://www.harzlife.de/info/harzschuetzen.html.

Trotz der bei Beendigung des Krieges 1648 allgemein verheerten deutschen Landstriche berappelte sich der Oberharz anscheinend jedoch wieder recht schnell. So wurde in eben diesem Jahr die Gerichtsstube im Wildemanner Rathaus mit wertvollen Stuckarbeiten ausgeschmückt, die das Stadtwappen sowie die 5 Tugenden darstellten. Und auch die Silberproduktion soll um diese Zeit trotz aller noch so widrigen Umstände schon wieder erheblich höher gelegen haben als noch rd. 50 Jahre zuvor. Und im Jahre 1556 wurde eine neue und größere Kirche auf den Fundamenten ihrer - sofern diese nicht doch 30 Jahre zuvor von den "Kaiserlichen" vollständig niedergebrannt worden sein sollte - mittlerweile wohl stark baufällig gewordenen primitiveren Vorgängerin fertiggestellt und geweiht.

Die Bergstadt Wildemann um 1650; Stich nach Merian

Wer aber nun meint, im Oberharz sowie gerade in der kleinen Bergstadt Wildemann seien nach diesen mehr als turbulenten ersten 130 Anfangsjahren die nachfolgenden Jahrhunderte ereignisloser verlaufen, unterliegt damit einem großen Irrtum. So machte z.B. der seinerzeit grassierende Hexenwahn auch nicht vor den Wildemanner Einwohnern halt und veranlasste sie, einen Hexenprozess gegen eine ihrer Mitbürgerinnen zu führen. Und während des Siebenjährigen Krieges fanden erneut fremde Soldaten den Weg in diese abgeschiedene Ecke. Einige Zeit darauf reichte der lange Arm des körperlich ansonsten eher etwas kleiner geratenen Napoleon Bonaparte selbst bis hierher. Die alte Linde hat also auch weiterhin so manches gesehen und erlebt. Und einmal hätte es beinahe sogar sie selbst "erwischt". Genaueres über all das werden wir aber dann im 5.Teil erfahren.

Samstag, 1. September 2012

Agenda 2020 - der 15-Punkte-Plan aus dem Hause Springer

Als Lektüre zum Wochenende hier der sog. 15-Punkte-Masterplan aus der "Welt am Sonntag", um Deutschland - Zitat: - "wieder fit für die Zukunft zu machen":

http://www.welt.de/politik/deutschland/article108798784/Das-ist-der-15-Punkte-Plan-fuer-Deutschland.html

Kurz zusammengefasst beinhaltet dieser "Masterplan" meinem bescheidenen Verständnis nach folgendes:

Machen wir die Armen noch ärmer ("Radikales Reformkonzept" durch absenken des ALG II-Regelsatzes um 30%) und die Reichen noch reicher ("Einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem").

Lassen wir die "Normalbürger" arbeiten bis sie irgendwann umfallen (Rente mit 67 nur als erster Schritt).

Legen wir die Bundesländer derart zusammen, dass diese am Ende nach Möglichkeit ausschließlich von CDU-Ministerpräsidenten regiert werden können und der Bundesrat somit eine reine CDU-Versammlung darstellen würde.

Lassen wir die Energiekonzerne unternehmerisch risikolos bezüglich Nutzung alternativer Energien durch alleinige Kostenumlegung auf die VerbraucherInnen herumexperimentieren.

Gewähren wir eine umfassendere Bildung nur noch denen, die sie sich finanziell auch leisten können. Die Nachkommenschaft aus den weniger vermögenden Bevölkerungsgruppen stecken wir, unabhängig von ihren Fähigkeiten, Begabungen und Talenten, sowieso allein schon aufgrund ihrer Herkunft automatisch in "Drecksjobs" - jedem das Seine halt.

Gewähren wir ebenso eine umfassende medizinische Versorgung nur noch denen, die sie sich leisten können (gilt genauso für den Bereich "Pflege") - Stichwort "noch mehr Eigenverantwortung übernehmen".

Nehmen wir den Gemeinden, von denen viele außer einem Berg von Schulden eh schon nichts mehr haben, mit der Gewerbesteuer auch noch eine der wenigen ihnen noch verbliebenen Einnahmequellen.

Erschweren wir den "Normalbürgern" und "Normalfamilien" die Möglichkeiten zum Erwerb von zwingend notwendigen Dingen des täglichen Bedarfs durch ersatzlose Streichung des Eltern- und Betreuungsgeldes, Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes sowie einer Anhebung der Mehrwertsteuer.

Privatisieren wir noch mehr auf Teufel komm raus, bis auch der hinterste Winkel der Lebensbereiche der Menschen von Konzernen und deren Interessen erfasst ist sowie bestimmt wird.

Machen wir das in der Arbeitswelt bereits inoffiziell existierende System des "Hire and Fire" durch komplette Abschaffung des Kündigungsschutzes endlich offiziell.

Vereinfachen wir die Zuwanderung billiger ausländischer Fachkräfte, um dadurch neben dem Damoklesschwert "Agenda 2010" den Lohndruck auf unsere eigenen Arbeitnehmer noch weiter zu erhöhen.

Der Staat muss auch trotzdem weiterhin und gerade dann erst recht noch viel mehr sparen, sparen, sparen, sparen,... usw.

Tja, und wenn das alles genau so umgesetzt würde, dann würden also ausnahmslos alle Menschen in diesem unserem Land in Frieden, Freiheit, Wohlstand und sozialer Sicherheit leben können dürfen sollen müssen.
Sorry, aber ich kann beim besten Willen in diesem "Masterplan" nirgendwo einen "Fitmacher" erkennen, sondern lediglich eine reine Menschenverachtung und den Wegweiser in die totale Wirtschafts-/Marktdiktatur.
Es möge sich aber jede(r) selbst die 15 Punkte ausführlich durchlesen. Vielleicht kommt er oder sie ja zu einer völlig entgegengesetzten Erkenntnis als wie ich Nichtabiturient. Möglicherweise habe ich das  ja aufgrund meiner Herkunft aus den bildungsfernen Schichten auch nur alles irgendwie falsch verstanden. Oder es wurde einfach nur schlecht kommuniziert...

Hier noch zwei Links zu weiteren Kommentierungen zum gleichen Thema in anderen Blogs:
http://www.henning-uhle.eu/wirtschaftsozial/die-politisch-zu-verantwortende-steigerung-der-todesrate
http://duckhome.de/tb/archives/10277-Sie-wollen-eine-neue-Agenda-um-die-Armen-noch-aermer-zu-machen.html


Freitag, 31. August 2012

Übersetzungsversuche Politsprech - Deutsch

Hier ein kleiner Versuch, einige von Politikern immer wieder gern benutzte Sätze in ein allgemein verständliches Deutsch zu übersetzen:

Politsprech: "Wir haben es uns mit dieser Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht und innerhalb der Fraktion wurde der Sachverhalt bis spät in die Nacht hinein äußerst kontrovers diskutiert. Dennoch haben wir heute aus bestimmten Sachzwängen heraus, auf die ich hier jedoch nicht weiter eingehen kann und auch nicht eingehen möchte, sowie mit Rücksicht auf unseren derzeitigen Koalitionspartner dem Gesetzesentwurf bezüglich ..., wenn auch nur mit äußerst großen Bauchschmerzen verbunden, letztlich dann doch zugestimmt."

Deutsch: "Natürlich machen wir nach der Wahl das genaue Gegenteil von dem, was wir Euch im Wahlkampf versprochen haben! Was habt Ihr denn gedacht?"

Politsprech: "Das war mit unserem Koalitionspartner nun mal leider nicht anders zu machen."

Deutsch: "Schuld sind sowieso immer nur die anderen!"

Politsprech: "Wir müssen beim Bürger/Wähler wieder den Eindruck erwecken, dass..."

Deutsch: "Wir täuschen und blenden Euch weiter!"

Politsprech: "Mit uns jedenfalls ist sowas in keinem Fall zu machen - niemals!"

Deutsch: "Alles eine reine Frage der Höhe einer entsprechenden Parteispende!"

Politsprech: "Das ist nun mal leider alternativlos!"

Deutsch: a) "Durch meine/unsere persönlichen Verbindungen, Abhängigkeiten und Verflechtungen mit  der Finanz-/Versicherungswirtschaft/Wirtschaft allgemein/Industrie sind mir/uns nun mal die Hände gebunden und genau das lässt somit keine Berücksichtigung vernünftigerer Lösungsvorschläge zur Bewältigung der Krise zu. Ich/Wir säge/sägen mir/uns doch nicht selbst den Ast ab, auf dem ich/wir gerade wegen dieser Verbindungen so gut gepolstert sitze/sitzen und auch zukünftig zu sitzen gedenke/gedenken!"

b) "Ich bin/Wir sind nun mal ideologisch dermaßen verstockt und verbohrt, da dringen halt keine alternativen Meinungen und Gegenvorschläge mehr bis in mein Gehirn/unsere Gehirne durch, auch wenn diese noch so überzeugend und sogar richtig sein sollten."

Politsprech: "Ich werde da ganz genau hinschauen!" Alternativ: "Ich werde mir das ganz genau ansehen!"

Deutsch: "Lasst mich bloß mit diesem Scheiß in Ruhe!"

Politsprech: "Pragmatische Politik lebt nun mal in der Hauptsache von Kompromissen."

Deutsch: "Eine Hand wäscht die andere."

Politsprech: "Es besteht für die Bürgerinnen und Bürger kein Anlass zur Sorge oder Beunruhigung!"

Deutsch: "Leute, jetzt wird´s ungemütlich - aber nur für Euch!"

Politsprech: "Die Ausübung von Nebentätigkeiten ist für Abgeordnete vor allem deswegen unerlässlich, weil sie dadurch den Bezug zur Lebenswirklichkeit nicht verlieren."

Deutsch: a)"Ich mach´ mir dann mal eben nebenbei die eigenen Taschen ordentlich voll!/Ich bereite schon mal die eine oder andere lukrative Anschlußverwendung für die Zeit nach Beendigung meiner politischen Tätigkeit vor."
b) "Ätsch, ich darf völlig legal schwarz arbeiten und Ihr nicht!"

Politsprech: "In diesen schwierigen Zeiten werden wir um weitere tiefgreifende Reformen nicht umhinkommen. Dieses wird bedauerlicherweise für viele Menschen in unserem Land erhebliche und schmerzhafte Einschnitte in ihren bisher gewohnten Lebensumständen mit sich bringen."

Deutsch: "Die Finanzcasinos brauchen noch mehr von Eurem Geld! Aber auch nur von Eurem, hähähä!"
Zusatzübersetzung für "bedauerlicherweise": "Das geht mir doch am Ar......äh... Allerwertesten vorbei!"

Politsprech: "Es gibt kein höheres Gut, als ein Leben in Freiheit genießen zu können/zu dürfen!"

Deutsch: "Die Freiheit, die ich meine, könnt Ihr Euch sowieso nicht leisten - aber ich, hihihi..."

Politsprech: "Wir als Opposition werden alles uns nur irgend mögliche daran setzen, die Umsetzung dieser unsäglichen Regierungsentscheidung zu verhindern!"

Deutsch: "Keine Angst, liebe Regierung. Man kennt sich ja und darum tut man sich auch nicht weh. Außerdem möchten wir nach der nächsten Wahl doch soooo gern mit Euch mitregieren dürfen. Wir werden Euch darum in Wirklichkeit keine ernsthaften Schwierigkeiten machen. Wir werden lediglich  ein bisschen heiße Luft zur Beruhigung der Gemüter unserer potentiellen Wählerschaft ablassen, mehr aber auch nicht - versprochen!"

Politsprech: "Man muss einfach auch mal das große Ganze sehen und das sieht der Bürger/Wähler im Gegensatz zu uns eben nicht."

Deutsch: "Ihr seid alle doof!"

Politsprech: "Die von uns getroffenen Entscheidungen waren ausnahmslos alle richtig, wir haben sie dem Bürger/Wähler gegenüber wohl nur etwas schlecht kommuniziert."

Deutsch: "Ihr seid alle doof!"

Politsprech: "Dem Bürger/Wähler fehlt nun mal die Übersicht über als auch das erforderliche Verständnis für die Gesamtzusammenhänge."

Deutsch: "Ihr seid alle doof!"

Politsprech: Den Bürgern/Wählern fehlt einfach das nötige Hintergrund- und Fachwissen, um sie direkter am Prozess der politischen Entscheidungsfindung hinsichtlich ... beteiligen zu können."

Deutsch: "Ihr seid alle blöd!"

Politsprech: "Wir danken unseren Wählern für das durch die Stimmabgabe für unsere Partei ausgesprochene Vertrauen!"

Deutsch: "Schön, dass Ihr alle so doof/blöd seid! Bleibt bitte auch weiterhin so wie Ihr seid. Herzlichen Dank dafür schon mal im Voraus!"

Donnerstag, 30. August 2012

Revolution jetzt? Leider zu spät...

In den Leser-Kommentarbereichen vieler Blogs und den Onlineausgaben diverser Zeitungen kann man häufig lesen, dass das Volk endlich aufwachen und sich gegen die momentanen neoliberalen Machtverhältnisse zur Wehr setzen müsse. Dabei werden nicht selten auch Begriffe wie "Volksaufstand" und "Revolution" verwendet.
Bis vor einiger Zeit stand auch ich solch revolutionären Gedanken im traditionellen Sinne noch durchaus aufgeschlossen gegenüber. Inzwischen jedoch fürchte ich, dass so eine Massenerhebung auf den Straßen nur eines gehen kann, nämlich schief.

Es haben sich in den vergangenen Jahren nun mal zu starke persönliche und wirtschaftliche Verflechtungen zwischen unseren "Eliten" und ihren dienstbaren Geistern in der großen Politik entwickelt und verfestigt. Da steht für unsere ReGIERigen mittlerweile viel zu viel auf dem Spiel, als das sie sich widerstandslos dem Druck der Strasse beugen würden. Die von Elitenforscher Michael Hartmann festgestellte zunehmende "Radikalisierung der Eliten" sowie die dort "oben" überwiegend vorherrschende Sichtweise des Neoliberalismus als alternativlose Ideologie als auch neue Religion sowie der (Finanz)Märkte als unantastbare neue Gottheit dürften ebenfalls dazu beitragen, dass die Hemmschwelle für eine gewaltsame Unterdrückung einer solchen Volkserhebung an den entscheidenden Stellen wohl recht niedrig liegen würde. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass sich unsere "Eliten" von Millionen von Menschen in den größeren Städten, die für in deren Augen so unnützen Firlefanz wie die Rückkehr zu mehr sozialer Gerechtigkeit auf die Straßen gehen, sonderlich beeindrucken lassen würden. Da könnte man z.B. schnell ein paar Provokateure unters friedlich demonstrierende Volk mischen, die mal eben mit einer Schreckschusspistole in die Luft ballern und schon wäre eine "katastrophische Ausnahmesituation" gegeben, die den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr rechtfertigen würde. Ein Anlass, um das Aufbegehren der Bevölkerung gegen die herrschenden Verhältnisse sowie der davon allein profitierenden  Klasse gewaltsam niederzuschlagen bzw. niederschlagen zu lassen, lässt sich nun mal ohne große Umstände inszenieren. Wer über das meiste Geld verfügt hat nun mal die größte Macht  bzw. die besten Möglichkeiten der Einflussnahme auf die verantwortlichen Stellen und wird auch immer Mittel und Wege finden, diese gewonnene Macht gegenüber dem aufmuckenden "Pöbel" abzusichern. Über eventuelle verfassungsrechtliche Mängel hinsichtlich eines gegen die eigene Bevölkerung gerichteten militärischen Einsatzes wird ggf. später in einer aktuellen Stunde im Bundestag kurz diskutiert, die Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel aufgrund der besonderen "katastrophischen Ausnahmesituation" von einer Dreiviertelmehrheit als gegeben erachtet und damit als verfassumgskonform abgehakt. Das war´s dann auch schon damit.

Nun könnte man darauf vertrauen, dass unsere Soldaten im Falle eines Falles schon nicht auf die eigene Bevölkerung schießen würden. Bei einer Wehrpflichtigenarmee würde ich dieses Vertrauen sogar teilen, aber bei einer Berufsarmee? Vielleicht würde man die Soldaten vor ihrem Einsatz mit der Auslobung von Sonderurlaub und der Zahlung von Sonderzulagen nach einer erfolgreichen Bekämpfung der "Aufständischen" so richtig "heiß" machen. Und auch verbal könnten sie entsprechend "scharf" gemacht werden. Ich erinnere mich z.B. noch recht gut an unseren evangelischen Militärseelsorger bei der Bundeswehr, der uns in seinen "Religionsstunden" immer und immer wieder das Bild von den schrecklich bösen und gottlosen Kommunisten im Osten einzuhämmern versuchte. Wenn die erstmal in die Bundesrepublik einfallen würden, dann würden sie mordend, plündernd, brandschatzend und vergewaltigend unser gesamtes ach so schönes und freies Land verheeren. Auf kritische Nachfragen wie "Und wie sieht das bei uns dann mit dem Gebot `Du sollst nicht töten´ aus?" oder "Ich soll dann auf meinen Cousin aus der DDR schießen?" kam dann stets: "Ihr kämpft schließlich für eine gute Sache! Ihr kämpft für das Christentum, für Eure und die Freiheit Eurer Familien sowie für deren Schutz! Gott ist dann auf Eurer Seite und wird Euch das Töten aus diesen Gründen vergeben!". Mit ähnlichen Verbalattacken könnten wohl auch unsere heutigen Soldaten entsprechend "motiviert" und im Namen der Freiheit auf die "bitterbösen Feinde im eigenen Volk" losgelassen werden. Am Ende stünden auf beiden Seiten wohl zahlreiche Todesopfer, lebenslang Verstümmelte und Traumatisierte. Der Satz des französischen Moralisten Joseph Joubert dürfte also auch heute noch seine Berechtigung finden: "Revolutionen sind Zeiten, in denen der Arme seiner Rechtschaffenheit, der Reiche seines Reichtums und der Unschuldige seines Lebens nicht sicher ist.".

Gesetzt den Fall, es gelänge tatsächlich jemandem, die Menschen aus ihrer Trägheit, ihrem Desinteresse, ihrer Bequemlichkeit und ihrem (angeborenen oder anerzogenen?) Untertanengeist zu wecken (wer das sein könnte und wodurch er dies erreicht haben würde sei hier einfach mal außen vor gelassen), größere Menschenmassen auf die Straßen und Plätzen unserer Städte zu bewegen, die dort geschlossen für die Berücksichtigung und Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen und Interessen eintreten würden. Und gesetzt den Fall, das Ganze würde zu einem für die sich Erhebenden und Empörenden erfolgreichen Ende gebracht werden - ob nun teuer durch Menschenleben, Blut und Leid erkämpft oder aber wider Erwarten auf friedlichem Wege soll hier ebenfalls dahingestellt bleiben - , so würde sich die Frage stellen: Und was nun? Würde man ohne Probleme eine Regierung installieren können, die tatsächlich das ausschließliche Wohlergehen ausnahmslos aller Bevölkerungsgruppen im  Auge hat? Oder würden sich "am Tag danach" neue Gruppierungen aus z.B. "gemäßigten" und "radikalen" Revoluzzern bilden, von denen jede für sich die alleinige Deutungshoheit über den weiteren Weg des Landes und seiner Menschen beansprucht und die sich in der Folge gegenseitig "an die Gurgel gehen" würden? Vielleicht sind ja auch "Rechte" und "Linke" während der Massendemonstrationen einträchtig nebeneinander gestanden, haben gemeinsam "Wir sind das Volk" gerufen und beginnen jetzt, wo alles vorbei ist, sich gegenseitig ggf. sogar bis aufs Blut zu bekämpfen. Worauf ich übrigens auch keine große Lust habe sind Personen, die vor dem "Volksaufstand" lautstark die Trommel zum Streite gerührt haben, während der "Straßenkämpfe" aber vorsichtshalber erst mal lieber die weitere Entwicklung abwartend in sicherer Deckung verblieben sind und danach, wenn "das Volk" gesiegt hat, wieder aus ihren Löchern vorgekrochen kommen, um sich nun der Allgemeinheit als die einzig wahren Revolutionsführer und zukünftigen Heilsbringer zu präsentieren. Oder gar diejenigen, die vorher keinen einzigen öffentlich vernehmbaren Mucks von sich gegeben haben und sich hinterher als "führende Köpfe der Revolution" darzustellen und dieses dem verzückten Volk erfolgreich unterzujubeln verstehen im Sinne von "So, hier sind wir und jetzt zeigen wir Euch mal die allein selig machende Wahrheit und wie und wo es ab jetzt langgeht!". Nein danke, auf so eine "Gauckerei" habe ich nun wirklich keinen Bock. Außerdem spukt mir beim lesen der Forderungen nach einer "richtigen" Revolution immer ein Ausspruch des Schriftstellers Johannes Scherr im Hinterkopf herum: "Die Rebellen von heute sind die Despoten von morgen.".

Wie auch immer, vor 10 Jahren vielleicht wäre so eine "Straßenrevolution" eventuell noch unblutig und sogar erfolgreich verlaufen. Heute hingegen sehe ich diesbezüglich aus den weiter oben angeführten Gründen jedoch leider tiefschwarz. Wir hätten außerdem in den vergangenen Jahren durchaus auch noch genügend Möglichkeiten für eine "Revolution an den Wahlurnen" gehabt. Dummerweise haben wir diese Chancen aufgrund des altbekannten Wahlverhaltens der breiten Masse nicht genutzt: Stammwähler immer der ein und derselben Partei aus einer alter Familientradition heraus, Wahl der persönlich als vermeintlich geringeres Übel erscheinenden Partei und alles, was nicht dem Spektrum der sog. "etablierten" Parteien zuzurechnen ist, ist sowieso alles nur Pfui, Bäh und Igitt und von daher unwählbar. An den Wahlurnen hätten wir deutliche Zeichen nach oben setzen können im Sinne von "Es reicht! Wir machen Euer Spiel nicht mehr länger mit!". Leider stand uns dabei aber nun mal unser uns so lieb, traut und bequem gewordenes Wahlverhalten im Wege. Nächstes Jahr haben wir noch einmal die Gelegenheit, von der Wahlurne aus so etwas wie eine "Revolution" in Gang zu setzen. Vielleicht ist dies sogar unsere letzte Gelegenheit dazu. Allerdings bedarf es hierfür einer vorherigen Revolution an, mit und in uns selbst, um diese möglicherweise letzte friedliche Chance entsprechend zu nutzen. Aber da unser hartnäckigster und schwerster Gegner stets das eigene Ich nebst innerem Schweinehund ist habe ich wenig Hoffnung auf eine solche "Wählerrevolution"...