Freitag, 23. März 2012

"...dann sollen sie Gras fressen..." Teil IV

Colonel Sibley teilte den Indianern nun mit, die Santees hätten sich als Kriegsgefangene zu betrachten, bis er die Schuldigen unter ihnen ermittelt und gehängt habe. Er ließ nun Geschütze um das Lager herum aufstellen und sandte "halbblütige" Boten aus, die in seinem Namen alle Santees im Minnesota-Tal aufforderten, in das Lager zu kommen. Bei einer Weigerung würden die Betreffenden mit Gewalt gefangen genommen oder getötet werden. In einem extra zuvor errichteten großen Holzbau wurde daraufhin die Mehrzahl der männlichen Indianer - ca. 600 von insgesamt 2.000 - paarweise aneinander gekettet eingesperrt. Sibley berief ein aus 5 Offizieren bestehendes Militärtribunal mit dem Zweck ein, alle Santees, die verdächtigt wurden, sich an dem Aufstand beteiligt zu haben, zu verurteilen. Da Sibley der Auffassung war, dass Indianern generell keine gesetzlichen Rechte zustehen würden, wurde ihnen auch kein Verteidiger gestellt. In Schnellverfahren wurden täglich bis zu 40 Santees verurteilt. Am 5.November 1862 waren die Prozesse beendet und 303 Indianer zum Tode sowie 16 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Die Verantwortung für die Durchführung der Hinrichtungen schob Sibley allerdings auf den Kommandeur des Militär-Departments Nordwest, General Pope, ab. Dieser wiederum gab sie an Präsident Abraham Lincoln weiter. An Gouverneur Ramsey schrieb Pope: "Die gefangenen Sioux werden hingerichtet, es sei denn, der Präsident verbietet es, was er gewiss nicht tun wird." Lincoln jedoch verlangte die vollständigen Prozessprotokolle und beauftragte 2 Richter herauszufinden, wer von den Verurteilten ein Mörder gewesen sei und wer nur an Kampfhandlungen teilgenommen hätte. Hierüber waren General Pope und Gouverneur Ramsey zutiefst verärgert. Pope: "Die verurteilten Indianer sollten unbedingt ohne Ausnahme sofort exekutiert werden...Die Menschlichkeit (!) erfordert eine umgehende Erledigung der Angelegenheit".
Ramsey versuchte jetzt von Lincoln die Vollmacht zu erlangen, die 303 Delinquenten schnellstens exekutieren zu lassen, verbunden mit der Warnung, dass sich "die Weißen von Minnesota auf eigene Faust" rächen würden, falls der Präsident die Urteile nicht schnell genug vollstrecken ließe.

Sibley ließ mittlerweile die verurteilten Santee in ein Gefangenenlager bei South Bend am Minnesota River verlegen. Während des Vorbeimarsches an New Ulm gelang es einer größeren Gruppe von Einwohnern (in der Mehrzahl Frauen), die Indianer trotz militärischer Bewachung mit Steinen, Heugabeln und kochendem Wasser zu malträtieren, wobei 15 Gefangene erheblich verletzt wurden. In der Nacht zum 4.Dezember stürmte ein Lynchmob das Lager, konnte jedoch von den Soldaten aufgehalten werden. Daraufhin wurden die Indianer am folgenden Tag in ein anderes und besser geschütztes Lager nahe der Stadt Mankato überführt.
Obwohl die restlichen 1.700 Santee keinerlei Verbrechen beschuldigt wurden ließ Sibley sie weiterhin gefangen halten und nach Fort Snelling bringen. Auf dem Weg dorthin wurden auch diese Indianer von rachsüchtigen Weißen mit Steinen und Knüppeln attackiert. Dabei wurde sogar ein Kleinkind seiner Mutter aus dem Arm gerissen und erschlagen. Bei Fort Snelling wurden die gefangenen und weiterhin hungern müssenden Santee in einem Lager auf nassem Boden zusammengepfercht und in primitiven Unterkünften untergebracht.

Präsident Lincoln teilte Sibley am 6.Dezember 1862 mit, dass von den 303 Verurteilten 39 hinzurichten seien. "Die anderen verurteilten Gefangenen sind bis zur Erteilung weiterer Anordnungen festzuhalten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass sie nicht entkommen oder irgendwelche ungesetzlichen Gewalttätigkeiten an ihnen verübt werden". Am 26.Dezember 1862 wurden die Hinrichtungen in Mankato durchgeführt. Eine riesige Menschenmenge wollte diesem grausigen Schauspiel voller Rachsucht und Schaulust beiwohnen. Um die Ordnung aufrecht zu erhalten musste ein ganzes Regiment Soldaten eingesetzt werden.
Ein Indianer war noch in letzter Minute begnadigt worden, sodass insgesamt 38 Verurteilte gegen 10 Uhr vom Gefängnis zum Galgen gebracht wurden. Sie sangen dabei das Todeslied der Sioux. Soldaten streiften ihnen nun weiße Kapuzen über und legten ihnen die Schlingen um den Hals. Das Sicherungsseil wurde auf Befehl eines Offiziers durchschnitten und alle 38 Santee fielen gleichzeitig durch die Luke. Einige Stunden danach wurde von Beamten festgestellt, dass zwei der Gehängten gar nicht auf Lincolns Liste gestanden hatten. Einer dieser beiden hatte einer weißen Frau während eines Überfalls sogar das Leben gerettet. Doch diese Tatsachen wurden erst 9 Jahre später öffentlich bekanntgemacht.

Zwei zeitgenössische Darstellungen der Massenhinrichtung am 26.12.1862

Die Santee, die nicht hingerichtet wurden, wurden zu Haftstrafen verurteilt, darunter auch Big Eagle. Wie er (Zitat: "Hätte ich gewusst, das man mich ins Zuchthaus schicken wird, dann hätte ich mich nicht ergeben, doch als ich drei Jahre im Zuchthaus war und sie mich freilassen wollten, sagte ich ihnen, sie sollten mich noch ein Jahr behalten, wenn sie wollten, und ich meinte es ehrlich") bedauerten viele der Inhaftierten nun, dass sie sich nicht Little Crow und den anderen Häuptlingen angeschlossen und Minnesota verlassen hatten.

Little Crow und seine Gefolgschaft lagerte währenddessen bei "Prärie-Siouxstämmen" am Devil´s Lake im heutigen North Dakota. Den gesamten Winter über versuchte er die Häuptlinge dieser Stämme zu bewegen, sich ihm anzuschließen und gemeinsam mit ihm den Kampf gegen die Weißen aufzunehmen. Doch die "Prärie-Sioux" waren der Ansicht, wenn die Weißen in ihr Land eindringen würden, dann würden sie sich schon gegen sie zu wehren wissen. Zudem sei das Land für alle groß genug und sie könnten notfalls dann ja auch weiter nach Westen ziehen. Ein großer Irrtum, wie sich bekanntlich später herausstellen sollte.
Im Frühjahr 1863 zogen Little Crows Leute sowie die Gruppen um die Häuptlinge Shakopee und Medicine Bottle nach Kanada. Hier versuchte Little Crow in Fort Garry/Winnipeg von den Engländern Hilfe zu erbitten. Er wies sie darauf hin, dass sein Großvater in früheren Zeiten im Krieg der Engländer gegen die Amerikaner stets die Engländer unterstützt habe und die Santees 1812 von den Amerikanern eine Kanone erbeuteten, die sie den Engländern damals zum Geschenk gemacht hätten. Die Engländer hätten daraufhin versprochen, den Santees, wenn sie einmal in Schwierigkeiten stecken würden, die Kanone zurückzugeben und Männer, die sie bedienen könnten, zur Verfügung zu stellen. Nun seien die Santees in Schwierigkeiten und würden dieses Versprechen gern von den Engländern einlösen lassen. Doch die Engländer hatten diese Kanone nicht mehr und so konnten sie Little Crow lediglich etwas Proviant mit auf den Weg geben.

Im Juni 1863 erschien Little Crow als einziger Ausweg, dass er und seine Leute nun "Prärie-Sioux" werden müssten. Da er hierzu jedoch Pferde benötigte entschloss er sich, nach Minnesota zurückzukehren und dort von den Weißen Pferde als Entschädigung für das geraubte Land zu stehlen. Im Juli erreichte er mit einer Gruppe Kriegern die Big Woods, in denen die Santee einst gelebt hatten und wo jetzt eine weiße Siedlung neben der anderen entstanden war. In der Nähe von Hutchinson ging Little Crow am Nachmittag des 3.Juli 1863 zusammen mit seinem damals 16-jährigen Sohn Wowinapa in ein Waldstück, um Himbeeren zu pflücken Dort wurden beide bei Sonnenuntergang von zwei weißen Siedlern entdeckt. Da von der Regierung mittlerweile für jeden vorgelegten Sioux-Skalp eine Belohnung in Höhe von 25 Dollar ausgesetzt war schossen die Siedler sofort auf die beiden Indianer. Little Crow wurde kurz oberhalb der Hüfte in die Seite getroffen. Wowinapa: "Sein und mein Gewehr lagen auf dem Boden. Er hob mein Gewehr auf und feuerte zuerst mit ihm, dann mit seinem eigenen. Eine Kugel streifte den Schaft und traf ihn dann nahe der Schulter in die Seite. Dies war der Schuss, der ihn tötete...Er bat mich um Wasser, und ich gab es ihm. Gleich darauf starb er. Als ich den ersten Schuss hörte warf ich mich auf den Boden, und die Männer sahen mich erst, als mein Vater tot war".

Nachdem Wowinapa seinem Vater für die "weite Reise ins Land der Geister" flink neue Mokassins angezogen hatte und den Leichnam mit einer Jacke bedeckt hatte flüchtete er zurück in das versteckte Lager. Hier warnte er die restlichen Krieger, die sich daraufhin zerstreuten. Er selbst kehrte an den Devil´s Lake zurück. Dort wurde er kurz darauf von Sibleys Soldaten gefangen genommen, denn inzwischen waren weiße Truppen auch ins benachbarte Dakota-Territorium vorgedrungen, um Sioux zu jagen und zu töten. Wowinapa wurde zurück nach Minnesota gebracht und vor ein Militärgericht gestellt, von dem er zum Tod durch Erhängen verurteilt wurde. Hier erfuhr er, dass der Skalp und der Schädel seines Vaters konserviert worden waren und in St. Paul öffentlich zur Schau gestellt wurden. Die beiden Siedler, die Little Crow erschossen hatten, erhielten neben ihrer Skalpprämie von 25 Dollar noch eine zusätzliche "Bonuszahlung" in Höhe von 500 Dollar ausbezahlt.  Da die Behörden in Washington jedoch das Verfahren nach Sichtung der Prozessakten bemängelten wurde Wowinapas Todesstrafe in eine Haftstrafe umgewandelt. Nach seiner Entlassung änderte er seinen Namen in Thomas Wakeman und gründete als Diakon unter den Sioux den ersten Christlichen Verein Junger Männer.
Wawinopa/Thomas Wakeman

Da Shakopee und Medicine Bottle sich in Kanada sicher vor der Rachsucht der Weißen aus Minnesota fühlten, waren sie dort verblieben. Im Dezember 1863 zog ein Bataillon Kavallerie unter Major Edwin Hatch nach Pembina an der kanadischen Grenze. Von dort wurde ein Leutnant nach Fort Garry entsandt, der sich dort heimlich mit einem Amerikaner namens John McKenzie traf. Mit dessen und der Hilfe zweier Kanadier konnten Shakopee und Medicine Bottle zu einem freundschaftlichen Treffen überredet werden. Nachdem die beiden Indianer mit Laudanum vermischten Wein getrunken hatten wurden sie chloroformiert und an Händen und Füßen gefesselt auf einen Hundeschlitten gebunden und über die Grenze nach Minnesota geschafft. Dies verstieß auch damals schon gegen jedes internationale Recht. Colonel Sibley inszenierte gegen die zwei widerrechtlich Gefangenen ebenfalls einen Prozess, in dessen Verlauf beide zum Tode durch Erhängen verurteilt wurden. Der "St. Paul Pioneer" kommentierte das Urteil folgendermaßen: "Wir sind nicht der Ansicht, dass die morgigen Hinrichtungen schweres Unrecht darstellen, doch es wäre imponierender gewesen, wenn ein eindeutiger Schuldbeweis erbracht worden wäre...Kein Weißer wäre von einem aus Weißen bestehenden Gerichts aufgrund des vorliegenden Beweismaterials verurteilt worden". Nachdem die Hinrichtungen am nächsten Tag vollstreckt worden waren erhielt John KcKenzie eine Belohnung in Höhe von 1.000 Dollar.
Medicine Bottle während seiner Inhaftierung vor der Hinrichtung

Der Rest des den Santee noch verbliebenen Landes konnte nun von den Weißen in Besitz genommen werden, ohne dass sie dafür noch irgendetwas bezahlen mussten. Die früher geschlossenen Verträge wurden für ungültig erklärt und die verbliebenen Indianer in eine Reservation im Territorium Dakota überführt. Auch diejenigen Häuptlinge, die mit den Weißen kollaboriert hatten, mussten mit dorthin gehen. Am 4.Mai 1863 verließ das erste Dampfboot mit Indianern St. Paul. Die ehemals freien und stolzen Santee wurden von der Menschenmenge am Kai mit Schmährufen und Steinwürfen "verabschiedet". 
Das Reservat namens Crow Creek lag am Missouri River, war unfruchtbar, niederschlags- und auch wildarm. Das alkalihaltige Wasser war zum trinken völlig ungeeignet. So überlebten nur ein paar Hundert von 1.300 Santees den ersten dortigen Winter. Im Jahr 2000 betrug gemäß eines dort durchgeführten Zensus die Zahl der in Crow Creek lebenden Indianer 2.225 Personen, darunter aber auch Angehörige anderer Sioux-Stämme. 

Bei dem Aufstand kamen Schätzungen zufolge zwischen 500 und 800 weiße Siedler und Soldaten ums Leben. Die Zahl der im Kampfverlauf getöteten Santee dürfte jedoch deutlich niedriger liegen. Wenn nicht etliche Santee-Krieger ihnen stets fair und freundlich gegenüber aufgetretene Weiße rechtzeitig gewarnt hätten wäre die Zahl der getöteten Weißen wohl noch erheblich höher ausgefallen.
Die Tragödie der Santee-Sioux ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was Habgier, Korruption, Geschäftemacherei um jeden Preis, Ungerechtigkeit, Anmaßung und Überheblichkeit anrichten sowie aus und mit den Menschen machen können. 
Darüber, welche Parallelen wir aus den damaligen Ereignissen zur heutigen Zeit ziehen können wollen wir uns im nächsten Beitrag noch ein paar Gedanken Gedanken machen. 

Benutzte Literatur: 
Dee Brown: Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses; 
Seiten 50 bis 75
8. Auflage, Hoffmann und Campe, 1979
ISBN 3-455-08873-2

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