Donnerstag, 22. März 2012

"...dann sollen sie Gras fressen..." Teil III

Während der Belagerung von Fort Ridgely waren einige Banden undisziplinierter junger Santeekrieger auf der Nordseite des Minnesota River umhergezogen, hatten mehrere hundert weiße Siedler in ihren Hütten überfallen und eine nicht unerhebliche Anzahl davon auf brutale Weise ermordet. Da Little Crow sich jedoch auch für die Taten dieser eigenmächtig handelnden Indianer verantwortlich fühlte und befürchtete, dass die Rache der Weißen dafür noch viel blutiger ausfallen würde, entschied er sich dafür, den Krieg fortzuführen.

Am 1.September teilte er seine "Armee" in zwei Gruppen, um den aus St. Paul angerückten 1.400 Soldaten unter Colonel Henry H. Sibley auf beiden Flussseiten entgegen zu ziehen. Sibley war den Santee wohlbekannt. Nach Abschluss des ersten Vertrages hatte er von den 475.000 Dollar, die die Regierung den Indianern für den Abschluss dieses Vertrages versprochen hatte, 145.000 für sich beansprucht. Begründet hatte er dies damit, dass die damals von ihm geführte American Fur Company zu hohe Preise für gelieferte Felle an die Indianer gezahlt hätte. Da daraufhin auch andere Händler ähnliche Ansprüche stellten und diese von dem zuständigen Agenten Alexander Ramsey anstandslos als berechtigt anerkannt wurden war den Santee von dem ihnen vertraglich zugesicherten Geld fast nichts übrig geblieben.
Colonel Henry Hastings Sibley

Am 3.September stieß Little Crows Gruppe überraschend auf eine Kompanie Soldaten in Stärke von 75 Mann. Es entbrannte ein erbitterter Nahkampf und als 6 Soldaten getötet und 15 verwundet waren zogen sich die "Blauröcke" im Eilmarsch in die Stadt Hutchinson zurück.
Weiter südlich bei Birch Coulee war die Gruppe um Big Eagle und Mankato am 5.September ebenfalls auf eine Abteilung Soldaten gestoßen. Nachts hatten die Indianer die "Blauröcke" umzingelt und am nächsten Morgen den Angriff begonnen. Der Kampf dauerte bis zum nächsten Morgen und wurde daraufhin abgebrochen. Gerade als die Indianer einen neuerlichen Angriff auf das Soldatenlager beginnen wollten erfuhren sie, dass Colonel Sibley mit dem Hauptteil seiner Streitmacht im Anmarsch sei und sie zogen sich flussaufwärts bis zur Mündung des Chippewa zurück, wo sie schließlich auf Little Crow trafen. Einige Krieger, die bei Birch Coulee als Nachhut zurückgeblieben waren um die Soldaten noch eine Weile zu beobachten, überbrachten Little Crow eine auf dem Schlachtfeld von Sibley in einem gespaltenen Stock zurückgelassene Nachricht. Hierin wurde Little Crow aufgefordert, wenn er einen Vorschlag zu machen hätte solle er ein Halbblut in das Soldatenlager schicken.

Little Crows Antwort, die am 7.September an Sibley überbracht wurde, lautete:
"Ich möchte Dir sagen, aus welchem Grund wir diesen Krieg begonnen haben. Major Galbraith ist daran schuld. Wir haben einen Vertrag mit der Regierung geschlossen, bekommen aber nicht, was uns zusteht, sodass unsere Kinder verhungern. Die Händler haben den Krieg begonnen. Mr. A.J. Myricks sagte den Indianern, sie sollen Gras oder Dreck fressen. Und Mr. Forbes sagte zu den Lower Sioux, sie seien keine Männer. Und Roberts und seine Freunde haben uns um unser Geld betrogen (Myricks, Forbes und Roberts = Händler der Unteren Agentur). Wenn die jungen Krieger weiße Männer behelligt haben, so habe ich das selbst getan. Ich möchte, dass Du Gouverneur Ramsey das mitteilst. Ich habe sehr viele Gefangene, Frauen und Kinder...Gib dem Überbringer eine Antwort mit."

Sibleys Antwort: "Du hast viele unserer Leute ohne wirklichen Grund ermordet. Schicke mir die Gefangenen mit einer weißen Fahne zurück, dann werde ich mit Dir wie mit einem Mann reden."

Da Gouverneur Ramsey im Vorfeld jedoch geäußert hatte, die Indianer müssten ausgerottet oder für immer aus Minnesota vertrieben werden, traute Little Crow Sibley natürlich erst recht nicht über den Weg. Er beabsichtigte somit, die weißen Gefangenen als Faustpfand zu behalten. Bei den nachfolgenden Beratungen der Gruppen gab es jedoch nun Unstimmigkeiten untereinander, was das weitere Vorgehen anbelangte. Einige Häuptlinge, darunter auch Wabasha, traten für die Beendigung des Kampfes ein. Little Crow jedoch glaubte nicht mehr daran, dass sich die Weißen an die Einhaltung jeglicher Absprachen und Verträge halten würden und rief in einer eindrucksvollen Rede zur Fortsetzung des Krieges auf. Ihm schloss sich daraufhin die Mehrheit der Krieger an.
Wabasha

Dennoch unternahm Little Crow am 12.September noch einmal einen Versuch, den Kampf zu beenden. Er teilte Sibley in einer Nachricht mit, dass die Gefangenen gut behandelt würden und bat ihn, dieser möge ihm als Freund (!) sagen, "auf welche Weise ich Frieden für mein Volk machen kann." Am gleichen Tag jedoch schickte Wabasha heimlich eine Botschaft zu Sibley, in der er betonte, einzig Little Crow habe den Krieg begonnen, er selbst sei zur Teilnahme daran gezwungen worden und das er ein Freund der "guten Weißen" sei. Er bat darin Sibley, ihm einen Ort zu benennen, an den er mit seinen Freunden und den Familien sowie so vielen Gefangenen wie möglich kommen könne, um Sibley dort zu treffen. 

In seiner kurz gehaltenen Antwort an Little Crow machte Sibley diesem Vorwürfe, dass er die Gefangenen nicht freilassen wolle und schloss deswegen einen Frieden kategorisch aus. An Wabasha schickte er hingegen einen langen Brief, der genaue Instruktionen enthielt, wo und wie ihm die Gefangenen zu übergeben seien. Fernerhin schrieb er: "Ich werde mit Freuden alle wahren Freunde der Weißen und alle Gefangenen, die sie bringen, empfangen und ich bin mächtig genug, alle, die sich mir in den Weg zu stellen versuchen, zu zerschmettern, und jene, die ihre Hände mit dem Blut Unschuldiger befleckt haben, zu bestrafen".

Aufgrund Sibleys Antwort war Little Crow nun klar, dass der einzige Weg zum Frieden die Kapitulation war. Diese würde für ihn und seine Krieger allerdings eine große Schmach darstellen. Für ihn gab es also nur einen Weg: Tod oder Vertreibung. Als Späher ihm am 23.September berichteten, Sibleys Soldaten hätten am Wood Lake ein Lager aufgeschlagen, wollte Little Crow hier nun die alles entscheidende Schlacht schlagen. Sein Plan sah vor, die Soldaten nachts leise zu umzingeln, abzuwarten bis sie das Lager in den Frühstunden abbrechen würden und dann loszuschlagen. Unvorhergesehenerweise verzögerte sich der Abbruch des Soldatenlagers jedoch und so mussten die Indianer weiterhin geduldig in ihren Verstecken lauern. Bis dahin waren sie von den Soldaten noch nicht bemerkt worden.
Am späten Vormittag verließ eine aus vier oder fünf Wagen bestehende Kolonne mit einer Eskorte das Lager und rollte in die offene Prärie hinaus. Die Wagen bewegten sich direkt auf eine Gruppe im Gras versteckt liegender Krieger zu und als sie nur noch ganz knapp vor ihnen waren mussten diese, um nicht überrollt zu werden, aufspringen. Zwischen den Indianern und den Soldaten entstand nun ein Feuergefecht und der Hinterhalt war aufgeflogen. Die anderen Krieger konnten von ihren Verstecken aus jedoch nicht in das Geschehen bei den Wagen eingreifen, da sie viel zu weit davon entfernt waren. Stattdessen übernahmen nun die Soldaten im Lager die Initiative und gingen zum Angriff über. Den Kanonen der Weißen hatten die Santee jedoch nicht viel entgegenzusetzen und so wurden sie zurückgetrieben. Häuptling Mankato wurde von einer Kanonenkugel auf dem Boden liegend im Rücken getroffen und getötet. Die Indianer zogen sich nun in einem heillosen Durcheinander durch die Prärie zurück. Sibley verzichtete jedoch auf eine Verfolgung. Seine Männer skalpierten stattdessen sämtliche auf dem Schlachtfeld zurück gebliebenen toten Santee-Krieger. Daraufhin erließ Sibley folgenden Befehl: "Die Körper von Toten, und seien es Barbaren, dürfen von zivilisierten Christenmenschen nicht auf so schmähliche Weise behandelt werden".
Zeichnerische Darstellung der Schlacht von Wood Lake

Am Abend wurde von den Häuptlingen in einem 20km oberhalb des Yellow Medicine River gelegenen Lager eine letzte Beratung abgehalten. Das Ergebnis war, dass die Santees sich aufgrund der Übermacht der Soldaten entweder ergeben, fliehen oder sich ihren westlichen Brüdern der "Prärie-Sioux" im benachbarten Territorium Dakota anschließen müssten. Die jeweilige Entscheidung solle jeder Häuptling für sich und seine Gruppe treffen. 
Der verbitterte Little Crow hielt am folgenden Morgen eine letzte Rede: "Ich schäme mich, ein Sioux zu sein. Gestern wurden 700 unserer besten Krieger von den Weißen besiegt. Es wäre besser, wir würden alle fortlaufen und uns wie Büffel und Wölfe über die Prärie verstreuen. Gewiss, die Weißen hatten fahrbare Kanonen und bessere Waffen als wir, und ihre Zahl war größer als die unsere. Doch das ist kein Grund, warum nicht wir sie besiegt haben, denn wir sind tapfere Sioux und die Weißen sind Feiglinge. Ich kann mir unsere schmähliche Niederlage nicht erklären. Unter uns müssen Verräter sein, die daran schuld sind".
Little Crow, Shakopee und Medicine Bottle ließen ihre Gruppen die Zelte abbauen, verluden ihre Familien und Lebensmittel auf zuvor erbeutete Wagen und zogen nach Westen in die Prärie hinein. 

Das Lager mit den dort zurück gebliebenen kapitulationsbereiten Santee, unter ihnen auch Big Eagle,  erreichte Sibley unter Wabashas Mithilfe am 26.September. Hier wurden ihm 107 weiße und 162 "halbblütige" Gefangene übergeben. Die Gefangenen waren von den Santees ausnahmslos gut behandelt worden. Aber dennoch war die Tragödie Little Crows und der Santee-Sioux damit immer noch nicht beendet.

Fortsetzung folgt...







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