Dienstag, 20. März 2012

"...dann sollen sie Gras fressen..." Teil I

Der Aufstand der Santee-Sioux 1862

Die Santee-Sioux (auch Dakota) waren die östlichsten Angehörigen der Sioux-Stämme. Sie waren in 4 Gruppen unterteilt (Mdewkanton, Wahpeton, Wahpekute und Sisseton) und lebten in Minnesota. Im Gegensatz zu ihren westlichen Blutsverwandten waren sie jedoch Waldlandindianer. Von den "Prärie-Sioux"  wurden sie auch "Das Volk vom äußeren Ende" genannt. Um 1850 wurde ihr bisheriges Stammesgebiet von über 150.000 weißen Siedlern förmlich überrannt. 1851 traten sie aufgrund zweier unrechtmäßig zustande gekommener Verträge neun Zehntel ihres Landes gegen Zahlung von Lebensrenten an die Weißen ab und wurden in einem Reservat auf einem schmalen Landstreifen am Minnesota River zusammengepfercht. Die Santee versuchten jedoch das Beste aus ihrer Lage zu machen und begannen Landwirtschaft zu betreiben. 

Kurz nachdem die Santee in die Reservation umgesiedelt worden waren fielen Händler und Agenten wie Heuschrecken über die Indianer her und betrogen sie in der Folgezeit um den größten Teil ihrer Lebensrenten.  Zudem begegneten viele der weißen Siedler den Santee mit großer Arroganz. Wamditanka (Big Eagle): "Viele  schienen, wenn sie einen Indianer sahen, durch ihr Benehmen zu sagen `Ich bin besser als du´ und vielen Indianern gefiel das nicht...Dann missbrauchten die Weißen die Indianerfrauen auf gewisse Weise und entehrten sie...All dies erfüllte viele Indianer mit Hass auf die Weißen."

                                                                 Big Eagle  

Im Sommer 1862 verschlechterte sich die Lage der Santee noch weiter zusehends. Es gab fast kein Wild mehr und wenn Indianer in ihre früheren Jagdgründe außerhalb des Reservats zogen, in denen jetzt die weißen Siedler lebten, kam es häufig zu Streitigkeiten. Bereits 1861 fiel die Ernte der Santee schlecht aus und 1862 gab es eine erneute Missernte. So waren sie gezwungen, Lebensmittel auf Kredit bei den weißen Händlern zu kaufen. Da sie jedoch keinerlei Kontrolle über ihre Konten hatten wurden sie von diesen Händlern übel betrogen. Sobald ihre Renten aus Washington zur Auszahlung anstanden wurde von den Händlern komplett Anspruch auf diese erhoben und das Geld wurde ihnen statt den Indianern von den zuständigen Stellen ausgezahlt. Und falls doch ein Santee ein eigenes Kontobuch führte und die Beträge darin viel niedriger als die in den Büchern der Händler waren wurde das von Regierungsseite nicht anerkannt.

Der zuvor über ein Jahrzehnt hinweg trotz allem immer noch mäßigend auf seine Stammesangehörigen einwirkende mittlerweile 60-jährige Mdewkanton-Häuptling Tshe-ton Wa-Ka-wa Ma-ni (Little Crow) wurde nun ebenfalls von Wut erfüllt. Im Juli 1862 zogen mehrere tausend Santee zur Oberen Regierungsagentur am Yellow Medicine River, um ihre ihnen vertragsgemäß zustehenden Renten einzufordern um damit Lebensmittel zu kaufen. Da aber bereits seit über einem Jahr der Bürgerkrieg tobte hatte die US-Regierung zwecks Finanzierung des Krieges keinerlei Geldmittel für die Indianer zur Verfügung gestellt. Little Crow und ein paar weitere Häuptlinge versuchten nun, den zuständigen Agenten Thomas Galbraith dazu zu bewegen, ihnen trotzdem aus dem prall gefüllten Lagerhaus Lebensmittel auszuhändigen. Dieses Anliegen wurde von Galbraith mit dem Verweis auf die fehlenden Gelder abgelehnt und er ließ daraufhin das Lagerhaus von 100 Soldaten bewachen. Am 4.August 1862 umstellten 500 Santee das Lagerhaus. Einige brachen darin ein und holten sich Mehlsäcke heraus. Der befehlshabende Offizier der Wache, Timothy Sheehan, überredete daraufhin aus Mitleid und um eine Eskalation zu vermeiden Galbraith, an die Indianer Schweinefleisch und Mehl auszuteilen und das Geld dafür dann zu kassieren, wenn es aus Washington angekommen sei. Nachdem die Santee die Lebensmittel empfangen hatten zogen sie friedlich ab. Little Crow nahm Galbraith jedoch zuvor noch das Versprechen ab, auch an die Santee, die nahe bei der Unteren Agentur lebten, Lebensmittel zu verteilen.

Little Crow

Galbraith ließ Little Crow aber erst mal ein paar Tage warten. Am 15.August fand in Redwood ein Treffen statt, an dem neben Galbraith und Little Crow samt einer Abordnung mehrerer Santee noch vier weiße Händler teilnahmen. Schnell wurde bei den Verhandlungen deutlich, dass die fünf Weißen von Anfang an nicht die Absicht gehabt hatten, weitere Lebensmittel an die hungernden Indianer zu verteilen, ehe nicht das Geld aus Washington eingetroffen sei. Little Crow schilderte den Weißen die verzweifelte Lage der Santee in eindringlichen Worten. Er bat Galbraith und die Händler flehentlich, es irgendwie doch noch möglich zu machen, Lebensmittel an die Indianer auszugeben, da diese sonst verhungern müssten. Galbraith antwortete Little Crow daraufhin nicht, drehte sich zu den Händlern um und fragte sie nach ihrer Meinung dazu. Einer der Händler namens Andrew Myrick entgegnete lapidar: "Wenn die Indianer hungrig sind, dann sollen sie Gras oder ihre eigene Scheiße fressen." Hierauf war zunächst nur Schweigen zu vernehmen, doch dann erhoben sich die Indianer geschlossen und verließen mit wütenden Rufen das Treffen.

Ganz besonders persönlich verletzt worden war nun Little Crow. Er hatte sich stets um Einhaltung aller Verträge sowie den Frieden zwischen Indianern und Weißen bemüht. Deshalb war sein Ansehen bei seinen eigenem Volk bereits seit einiger Zeit stark gesunken. Ihm wurde die Schuld an der Notlage der Santee zugewiesen und der Abschluss der Verträge mit den Weißen war ihm von nicht wenigen Stammesangehörigen seinerzeit als Verrat ausgelegt worden. Der einzige Weg, sich wieder Ansehen und Respekt bei seinem Volk zu verschaffen, wäre für ihn der Weg des Krieges gewesen. Doch er fühlte sich auch jetzt noch zur Einhaltung der Verträge verpflichtet und lehnte das Begehren vor allem der jungen Krieger, endlich gegen die Weißen gewaltsam vorzugehen, weiterhin ab. Little Crow war außerdem schon im Osten gewesen und hatte selbst gesehen, wie zahlreich und wie gut bewaffnet die Weißen waren. Ihm war dadurch klar geworden: Trotz des Krieges zwischen den Blau- und den Grauröcken würden die Weißen den Santee immer noch sowohl zahlenmäßig als auch waffentechnisch gesehen haushoch überlegen sein. Es kam jedoch bald darauf zu einem Vorfall, der Little Crow entgegen seiner Überzeugung letztlich doch noch zum Krieg zwang.

Am 17.August 1862 hatten vier hungrige junge Krieger das Reservat verlassen, um auf der anderen Seite des Flusses zu jagen. Dabei gelangten sie in die Nähe des Grundstücks eines weißen Siedlers. Einer der Männer fand hier ein Nest mit Hühnereiern und nahm die Eier heraus. Ein anderer Krieger ermahnte ihn, die Eier nicht zu nehmen, da es sonst Ärger mit dem weißen Mann geben könne. Ersterer warf nun die Eier wütend auf den Boden und unterstellte dem anderen, er sei ein Feigling und habe Angst vor dem Weißen Mann. Der durch diese Worte gekränkte Santee erwiderte, er sei kein Feigling und er werde jetzt zum Haus gehen und den Weißen Mann erschießen. Wenn die anderen tapfer genug seien würden sie mit ihm mitgehen. Als die vier jungen Männer in das Haus eindrangen flüchtete der Siedler in ein benachbartes Haus, in dem sich noch weitere weiße Männer und Frauen befanden. Die Santeekrieger verfolgten den Siedler dorthin und töteten in diesem Haus drei Männer und zwei Frauen. 

In der darauffolgenden Nacht erschien eine Abordnung der Gruppe, zu der die vier jungen Krieger gehörten, in Little Crow´s Haus und erstattete ihm über den Vorfall Bericht. Nach Aussage seines Sohnes soll er dabei blass geworden geworden sein und es seien ihm Schweißperlen auf die Stirn getreten. Da nach Meinung der anderen Santee die Weißen Vergeltung für die Morde üben würden sei es von daher besser, zuerst zuzuschlagen und gegen sie in den Kampf zu ziehen. Und da die Weißen im Osten und Süden gegeneinander kämpften sei die Gelegenheit dazu jetzt am günstigsten. Little Crow teilte zwar die Sorge hinsichtlich der Vergeltung, vor allem da Frauen getötet worden seien, aber dennoch wies er auf die trotz des Bürgerkrieges immer noch vorhandene Übermächtigkeit der Weißen seinem Volk gegenüber hin. Einer aus der Gruppe schrie daraufhin, Little Crow sei ein Feigling. War dieses Wort für einen gewöhnlichen Krieger bereits eine gewaltige Kränkung so war es für einen Häuptling natürlich erst recht etwas, das er nicht einfach so auf sich beruhen lassen konnte. Sein Ansehen und der Respekt vor ihm wären endgültig für immer zerstört. Er hielt nun eine Rede, in der eindringlich darauf hinwies, dass die Weißen trotz des Krieges untereinander immer noch zahlreich wie Heuschrecken seien. Zum Ende seiner Rede sagte er: "Ihr seid Narren. Ihr könnt das Gesicht eures Häuptlings nicht sehen; eure Augen sind voll Rauch. Ihr könnt seine Stimme nicht hören; eure Ohren sind voll rauschendem Wasser. Krieger, ihr seid kleine Kinder - ihr seid Narren. Ihr werdet sterben wie die Kaninchen, wenn die hungrigen Wölfe sie im Januar jagen. 
Little Crow ist kein Feigling; er wird mit euch sterben."

Big Eagle versuchte zwar, die Anwesenden doch noch für die Einhaltung des Friedens zu gewinnen, wurde aber niedergeschrien. Das vergangene Jahrzehnt voller Betrug und gebrochener Verträge, die Überheblichkeit  des weißen Mannes und schließlich noch der Hunger - das war eindeutig zuviel für die Santee.
Und so schickte Little Crow Boten flussaufwärts und rief neben seinen Mdewkantons auch die Wahpetons und Sissetons zum Krieg gegen den Weißen Mann auf. Bereits am nächsten Morgen soll der Angriff erfolgen. Erstes Ziel wird die Agentur sein, in der sich gerade u.a auch ein gewisser Händler namens Andrew Myrick aufhält.

Fortsetzung folgt...

1 Kommentar:

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