Montag, 6. Februar 2012

Die Sache mit dem Reset

In einer neuen Kategorie "Merkwürdigkeiten des Alltags" sollen hier zukünftig auch aus meinem eigenem erleben und beobachten heraus "wunderliche" Verhaltensweisen der BundesbürgerInnen sowie sonstige Seltsamkeiten im ganz normalen Alltagsleben unter die Lupe genommen werden. Aus aktuellem persönlichem Anlass soll nun mit dem Thema "Reset" der Anfang gemacht werden.

Wir alle sind mittlerweile mehr oder weniger freiwillig mit allerlei technischen Gerätschaften ausgestattet, die uns das Leben erleichtern und am technischen Fortschritt teilhaben lassen sollen. Insbesondere wenn man Telefon, Internet und Fernsehen zeitgemäß nutzen will, soll oder muss ist man zur unweigerlichen Verwendung von Gerätschaften wie eines DSL-Modems oder eines Digitalreceivers gezwungen. Solange die Dinger funktionieren ist das alles wunderbar. Aber wehe es funktioniert mal was nicht - dann  kann es mitunter ganz schön nervenaufreibend werden.

Wir wollen z.B. ins Internet, bekommen jedoch auf unserem Monitor die Meldung "Es kann keine Verbindung zum Server hergestellt werden" serviert. Wir schauen nunmehr zum DSL-Modem und stellen fest, dass an dem Display dauerhaft ein rotes Lichtlein leuchtet. Oder in einem anderen Fall von den grünen Lichtern auch mal gar keins. In einem anderen Beispiel schalten wir unsere Flimmerkiste ein und sehen statt bunter Bilder im wahrsten Sinne des Wortes nur noch schwarz. Die Nachricht "Signal kann nicht entschlüsselt werden" erscheint kurz darauf und wir gucken erst mal etwas verwirrt in die Röhre. In beiden Fällen suchen wir nun verzweifelt die zugehörige Geräteanleitung (die liegt ja bekanntlich nie da, wo sie unserer felsenfesten Überzeugung nach eigentlich liegen müsste). Nachdem wir selbige - allerdings eher zufällig - dann doch irgendwo zwischen alten Familienfotoalben entdeckt haben weist uns das Inhaltsverzeichnis den Weg zur Seite "Hilfe bei technischen Störungen". Wir finden dort tatsächlich unser Problem beschrieben, dazu erhalten wir die Empfehlung "Führen Sie zunächst einen Reset durch". Wir resetten jetzt natürlich wunschgemäß und getreu der Anleitung munter drauflos. Um ganz sicher zu gehen lassen wird das betreffende Gerät natürlich noch ein wenig länger als wie in der Beschreibung empfohlen vom Stromnetz getrennt gelassen. Aber Pustekuchen - auch jetzt ist am Modem auch weiterhin nur das rote Lämpchen oder gar keines zu sehen bzw. bleibt die Mattscheibe stur und somit verdunkelt.

Da wir hinsichtlich der Geheimnisse sämtlicher technischer Apparaturen leider recht unbeschlagen sind finden wir nach erneuter aufwändiger Suche die Nummer einer Hotline des technischen Kundendienstes des entsprechenden Anbieters unseres Vertrauens (oder des einzigen, der uns in unserer abgelegenen Region zur Verfügung steht) und wählen hoffnungsfroh besagte Nummer. Ab jetzt wird´s dann richtig spannend! Zunächst einmal erklärt uns nach mehrmaligem tuten eine zumeist weibliche Stimme vom laufenden Band "Alle unsere Mitarbeiter befinden sich derzeit in einem Kundengespräch. Sowie der nächste Mitarbeiter frei ist werden Sie umgehend dorthin weitergeleitet.". Es ertönt hiernach Musik, die für mich häufig irgendwie so klingt, als ob ein drei- oder vierjähriges Kind seine ersten Geh- bzw. Spielversuche auf einem speziell für diese Altersklasse konzipierten Keyboard unternimmt. Unterbrochen wird die endlose Dudelei zwischendurch immer wieder durch eine gelegentliche Wiederholung des uns von der Tonbandstimme bereits zuvor ins Ohr gesäuselten Textes. Das "umgehend" ein dehnbarer Begriff ist ist uns natürlich bewusst. Meine persönliche Rekordzeit für "umgehend" betrug einmal satte 93 Minuten. Nun gut, ich hätte nach 5 Minuten durchaus auflegen und nachfolgend immer wieder mal neue Anrufversuche tätigen können, aber an diesem einen Tag wollte ich es halt einfach mal ganz genau wissen. Das Dudeln ist allerdings noch heute nicht völlig aus meinen Gehörgängen verschwunden.

Wie auch immer, irgendwann macht es dann doch noch plötzlich "Krrrk" im Hörer und es geht in etwa weiter wie folgt:
"Guten Tag, mein Name ist Sandy Lohmann," - weibliche, noch recht jung klingende Stimme -  oder "Hallo, Sie sprechen mit Kai Brinkmeyer", - männliche, ebenfalls noch genauso recht jung klingende Stimme - "was kann ich für Sie tun?". Wir beschreiben nach erfolgter Angabe unserer Kundendaten jetzt so detailliert wie es uns unser mangelhaftes technisches Verständnis gestattet in ruhigem freundlichem Tonfall unser Problem, wobei uns unser Gegenüber am anderen Ende der Leitung (hoffentlich) aufmerksam zuhört. Nach Beendigung unserer Ausführungen meldet sich die junge Stimme mit den Worten zurück "Führen Sie am besten erst mal ein Reset am Gerät durch. Sie wissen, wie das geht?". Wir antworten wahrheitsgemäß: "Ja, das weiß ich. Außerdem habe ich das bereits soeben gemacht, hat aber nichts gebracht." "Hm, tja, äh...Ich bin noch nicht solange hier und von daher noch nicht so ganz vertraut mit solchen Dingen. Ich verbinde Sie am besten mal eben weiter. Einen schönen Tag noch für Sie." Krrrk, dudeldudel, krrrk. Junge männliche Stimme: "Guten Tag, Sie sprechen mit Sven Petersen, was kann ich für Sie tun?". Es folgt erneut eine ausgiebige Problemschilderung. Doch kurz bevor wir "Einen Reset habe ich aber bereits durchgeführt" anfügen können fällt uns der freundliche junge Mann ins Wort: "Da führen Sie am besten zunächst einen Reset am Gerät durch. Sie wissen, wie das geht?". Wir weisen ihn nun ebenso freundlich auf das von uns schon getätigte Reset hin. "Ach so, ja, äh, hm...Ich verbinde Sie dann mal eben direkt mit der Technik. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen dann noch!". Krrrk, dudeldudel.

Während der jetzt etwas länger andauernden Beschallung bis zum nächsten Krrrk stellt sich uns die Frage: Wieso verbindet der Typ da uns jetzt direkt mit der Technik, wenn wir doch die Hotline-Nummer für technische Störungen angerufen haben? Bevor uns nach angestrengtem Überlegen eine realistische Erklärung für dieses Phänomen einfallen könnte macht es jedoch wieder Krrrk: "Guten Tag, mein Name ist Stefan Grünberger, was kann ich für Sie tun?" (wieder junge Stimme). Wir beginnen nun zum dritten Mal mit unserer Problemschilderung. An deren Ende versuchen wir - aus vorhergehender Erfahrung klug geworden - diesmal ganz ganz schnell noch ein "Aber ein Re..." hinterherzuschicken, aber weiter kommen wir einfach nicht. Stattdessen klingt uns ein wohlvertrautes "Führen Sie am besten erst mal ein Reset am Gerät durch. Sie wissen, wie das geht?" entgegen. Irgendwie haben wir jetzt das Gefühl, dass wir so langsam unserem Gehirn vielleicht auch mal sicherheitshalber ein Reset zukommen lassen sollten. Unserem mittlerweile recht bemüht freundlich klingenden Hinweis auf die bereits erfolgte Resettung des Geräts folgt aus dem Hörer: "Tja, ich kann von hier aus ja nicht richtig beurteilen, woran das noch so liegen könnte. Ich leite Ihre Mitteilung dann mal eben an einen unserer Techniker weiter. Der wird sich dann umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen und einen Termin ausmachen. Einen schönen Tag noch wünsche ich Ihnen.". Krrrk, tut tut tut. Äh, wie jetzt? War das eben kein Techniker? Der Kollege davor wollte uns doch direkt mit der Technik verbinden oder haben wir das falsch verstanden? Und wie war das doch gleich? Hat dieser vermutlich nichttechnische Hotline-Techniker gerade was von "umgehend" erwähnt? Uns schwant dabei nichts Gutes und so kommt es dann auch.

Da es hier aber ausschließlich um das Thema "Reset" geht wollen wir lediglich kurz anmerken, dass der Techniker sich dann doch irgendwann nach umgehend ca. einer Woche gemeldet hat, um noch mal 14 Tage später persönlich zu erscheinen und das Problem zu beheben. Wir wollen aber nicht meckern, denn im Grunde genommen haben wir dabei sogar noch richtiges Glück gehabt. Bei einer Bekannten mit einem entsprechendem gerätetechnischen Problem hat sich trotz mehrmaliger Nachfrage ihrerseits auch nach über einem Jahr bis heute noch kein Techniker "umgehend" mit ihr in Verbindung gesetzt. Im Vergleich dazu haben wir mit unserem Techniker regelrecht einen Sechser mit Superzahl gelandet.

Kleiner Tipp zum Schluss: Sollten bei Ihnen während des Lesens dieses Beitrags irgendwelche wie auch immer gearteten Störungen aufgetreten sein - führen Sie zunächst erst mal ein Reset durch! Sie wissen, wie das geht?

2 Kommentare:

  1. Hallo Peter, ich habe lauthals lachen müssen... Jaja, sowas kenne ich auch. Es liegt wahrscheinlich daran, dass die Leute, die früher den Kundendienst gemacht haben, outgesourct oder arbeitslos werden und die Hotline dann ans nächste Callcenter angeschlossen wird. (Darf ja alles nix kosten heutzutage). Und da sitzen dann arme ausgebeutete Jungs und Mädels frisch von der Schulbank, die keine Ahnung haben - aber davon reichlich - und sollen uns beraten...

    Liebe Grüße, Saby

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  2. Hallo Saby,
    natürlich soll der Beitrag keine Kritik an den "armen Schweinen" in den Callcentern darstellen! Mir ist vollkommen klar, dass den meisten davon derartige Tätigkeiten aufgezwungen werden und sie sich dagegen nicht wehren können. Kritisiert werden soll damit ausschließlich eben genau diese Praxis, die Du am Schluss Deines Kommentars angesprochen hast. Sorry an alle MitarbeiterInnen von Callcentern, falls das missverständlich rübergekommen sein sollte!

    Gruß zurück von Peter

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